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Ein Trainerabschied mit vielen Tränen
«Ich möchte die Jahre nicht verpassen, bis meine Tochter mich plötzlich nicht mehr braucht»

Headcoach Dan Tangnes (EV Zug) im Meisterschaftsspiel der National League zwischen den ZSC Lions und dem EV Zug, am Samstag, den 19. Oktober 2024 in der Swiss Life Arena in Zuerich. (Keystone/Manuel Geisser)
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2018 wechselte Dan Tangnes vom schwedischen Club Linköping zum EV Zug. Seine Bilanz in sechs Saisons lässt sich sehen: zwei Meistertitel, eine weitere Finalteilnahme sowie ein Cupsieg. Die Erfolgsgeschichte des 45-jährigen Norwegers nimmt nun ein abruptes Ende. Er wird den EVZ bereits nächsten Sommer auf eigenen Wunsch Richtung seiner schwedischen Heimat in Ängelholm verlassen – trotz Vertrag bis 2026. «Die Jahre, in der dein Kind erwachsen wird, bekommst du nie wieder zurück», sagt er im emotionalen Interview zu den Gründen.

Dan Tangnes, Sie haben gerade die ganze Eishockeyschweiz überrascht.

Es war eine schwere Entscheidung. Eine, die ich eigentlich so nicht treffen wollte. Und dennoch bin ich mir hundertprozentig sicher, dass es die richtige Entscheidung war. Doch je länger eine Beziehung dauert, desto härter ist die Trennung.

Haben Sie auch in Zug alle überrascht?

Ich denke schon. Das machte alles noch schwieriger. Ich habe hier in sieben Jahren so viele gute Freundschaften und Beziehungen aufgebaut. So etwas willst du nicht einfach hinter dir lassen. Es war ein wirklich harter Morgen. Ich glaube, das sah man …

Der EVZ hat für die Fans eine Videobotschaft von Ihnen veröffentlicht, Sie kämpfen mit den Tränen …

Es flossen Tränen! Meine Arbeitskollegin, die filmte, begann zu weinen, ich sagte ihr noch mittendrin: «So kann ich mich nicht zusammenreissen.» (lacht)

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Wann dachten Sie erstmals an den frühzeitigen Abgang?

Es ist für mich unmöglich, zu sagen, wann der erste Gedanke da war. Ich erlebte aber letzte Woche einen intensiven Moment, der mich nachdenklich machte. Ich habe eine 14-jährige Tochter, die so schnell erwachsen wird. Ich möchte die nächsten Jahre nicht verpassen, bis sie mich plötzlich nicht mehr braucht. Mein Bauch sagte mir da: Du musst etwas tun. Und ich höre oft auf mein Bauchgefühl.

Nach vier gemeinsamen Jahren in Zug zogen Ihre Ehefrau und Ihre Tochter 2022 zurück in die Heimat nach Ängelholm in Schweden. Seither wohnen Sie allein in der Schweiz.

Jedes Familienleben hat seine Höhen und Tiefen. Das Hin- und Herpendeln kannte ich ja schon aus meiner Zeit vor Zug, als ich in Schweden vier Jahre Trainer in Linköping war. Und weil der Trainerjob der beste der Welt ist, will ich mich gar nicht darüber beschweren. Dieses Business hat aber eine Kehrseite, und du musst Opfer bringen, was du bis zu einer gewissen Grenze auch tust.

Gab es diesbezüglich ein Schlüsselereignis? Etwas, das Sie verpassten, wo Sie aber gern dabei gewesen wären?

Ich habe versucht, ein paar Jahre nach vorne zu schauen, und habe mich gefragt: Was will ich? Was ist wichtig? Die Jahre, in der dein Kind erwachsen wird, bekommst du nie wieder zurück. Meine Tochter ist unser Leben zwar gewohnt, und vielleicht braucht sie mich ja auch nicht wirklich. Ich möchte aber in der Zukunft in den Spiegel schauen und sagen können, dass ich alles getan habe, um ihr eine starke Basis zu geben. So gesehen, habe ich also auch einen egoistischen Entscheid gefällt.

Zugs Cheftrainer Dan Tangnes stemmt den Meisterpokal und feiert als Eishockey Schweizermeister nach dem dritten Eishockey Playoff-Finalspiel der National League zwischen dem EV Zug und Geneve-Servette HC am Freitag, 7. Mai 2021, in der Bossard Arena in Zug. (KEYSTONE/Ennio Leanza).

Wie hat Ihre Tochter reagiert?

Das war speziell. Sie ist mit meiner Ehefrau gerade bei mir in Zug, da sie im Rahmen ihrer Zukunftswoche zwei Tage im Trainingszentrum OYM in der Küche arbeiten darf. Ich holte sie gestern am Flughafen in Zürich ab, und sie war da noch nicht eingeweiht, nur meine Frau. Es war am Abend, und wie Teenager so sind, klagte sie über die lange Reise, dass es schon spät sei und warum ich nicht öfter zu Hause sei und, und, und … Da habe ich ihr gesagt: Okay! Ich werde nach der Saison wieder nach Hause ziehen.

Und dann?

Sie glaubte mir zunächst nicht. Als sie merkte, dass es mein Ernst ist, begann sie zu weinen und sagte: Nein, ich dürfe den EVZ nicht verlassen! Zug wurde ja auch ein Teil ihrer Identität. Ich war wohl etwas naiv, aber ich hatte bereits die Zukunft hier in Zug geplant. Ich dachte, dass alles geschmeidiger laufen werde, als es im realen Leben meist der Fall ist. Wir werden aber sicher auch nach dieser Saison wieder hierherkommen zu Besuch. Wir haben auch ausserhalb des Eishockeys Freundschaften geschlossen.

Wie war es vor der Mannschaft?

Es war ebenfalls emotional. Die Spieler hatten ein Memo erhalten: Besprechung um 8.30 Uhr, alle werden da sein, auch Sportchef und Geschäftsführer. Sie dachten wohl: Was ist jetzt los? Ihnen dann die Botschaft mitzuteilen, war nicht einfach. Ich glaube, dass es auch für ein paar Spieler ein emotionaler Moment war. Einige der jungen Spieler hatten noch gar keinen anderen Trainer bei den Profis ausser mich.

Jetzt werden die Gerüchte losgehen: Wo coacht Dan Tangnes nächste Saison?

Ich weiss. So funktioniert das Geschäft. Ich habe nirgendwo unterschrieben. Und ich habe noch keinen Entscheid bezüglich meiner Zukunft gefällt. Ich kann kein anderes Schweizer Team übernehmen, das ist Bedingung bei der Vertragsauflösung.

Erst recht wird es Gerüchte geben bei Rögle, «Ihrem» Club in Ängelholm. Dort ist Roger Hansson Cheftrainer, er war bis 2022 noch im EVZ als Ausbildungschef tätig …

Ich fühle mich auch ein wenig schlecht deswegen. Ich sagte ja vor Jahren, dass ich irgendwann in der Zukunft wieder einmal für Rögle tätig sein möchte. Natürlich wird jetzt diese Frage aufkommen, ich habe bereits diverse verpasste Anrufe schwedischer Journalisten auf meinem Telefon. Ich hatte mit meinen Agenten darüber gesprochen, wann wir meinen Entscheid in Zug bekannt geben sollen. Sie fanden, ich solle noch zuwarten. Ich wollte aber so schnell wie möglich reinen Tisch machen, damit der EVZ die Suche nach meinem Nachfolger beginnen kann. Was mich angeht: Ich weiss es wirklich nicht. Vielleicht nehme ich auch einfach ein Jahr lang frei und bin dann wirklich zu Hause bei meiner Familie.