Grosser Auftritt in BaselStricker siegt dank eisernen Nerven und Wundersalbe
Wie am US Open spielt der Berner gross auf: Er schlägt die Weltnummer 8 Casper Ruud in drei Sätzen und zieht in den Viertelfinal ein. Dabei muss er früh einen Schock wegstecken.
Die Schweizer Tennisfans lernen Dominic Stricker immer besser kennen. Sie dürften nicht nur an seinem variantenreichen Spiel Gefallen finden, sondern auch an seiner lockeren Art. Das Video, wie er am US Open beim letzten Seitenwechsel vor seinem Sieg über die damalige Weltnummer 7 Stefanos Tsitsipas bei «I Wanna Dance with Somebody» mitsang, ging viral und verschaffte ihm viele Sympathien.
An den Swiss Indoors liess er nun gegen Casper Ruud (ATP 8) seinen zweiten Sieg über einen Top-10-Spieler folgen. Und wie er den Norweger im finalen Tiebreak vom Platz fegte, zeugt von seiner mentalen Stärke. Stricker übernahm sofort die Initiative und siegte in der Kurzentscheidung 7:1. Den ersten Matchball verwertete er mit einem präzisen Vorhandball die Linie entlang, danach legte er sich auf den Rücken. Wie schon in New York gegen Tsitsipas.
Mit 52 Winnern zum Sieg
Auf dem Weg zum 6:4, 3:6, 7:6 schlug er insgesamt 52 Winner, Ruud 23. Der Berner war der aktivere Spieler und streute auch immer wieder überraschende Bälle ein. Mal spielte er einen Stoppball, mal Aufschlag-Volley, sodass sich sein weitaus erfahrenerer Gegner nie so richtig wohlzufühlen schien auf dem Court.
Es macht Spass, Stricker zuzuschauen, weil er Tennis spielt, nicht arbeitet. Und sein Aufschlag ist an guten Tagen wie diesem exzellent (13 Asse). War Ruud in Roland Garros noch im Final gegen Novak Djokovic, spielt er seit einigen Monaten nicht mehr sein bestes Tennis. Doch er tritt immer noch sehr solide auf. Er ist keiner, der sich selber schlägt. Das musste schon Stricker tun.
In der WC-Pause gesammelt
Angetrieben vom Publikum, spielte der 21-Jährige phasenweise gross auf. Er erlaubte sich nur eine kurze Schwächephase, gab bei 3:3 im zweiten Satz drei Games ab, fing sich aber nach einer längeren WC-Pause im dritten Satz wieder.
Weil Coaching ja inzwischen erlaubt ist, sagte ihm sein Trainer Dieter Kindlmann vor dem entscheidenden Tiebreak, er solle das Zepter in die Hand nehmen. «Das ging ganz okay auf», sagte Stricker schmunzelnd. Und er bedankte sich beim Publikum, das ihn während seiner Baisse in der Mitte der Partie wieder aufgebaut hatte.
Nach sechs Niederlagen in Serie hat Stricker zum richtigen Zeitpunkt seine Bestform wiedergefunden. «Heute waren die ersten eineinhalb Sätze etwas vom Besten, was ich je gespielt habe», sagte er. «Noch besser als in New York. Danach hatte ich ein kleines Loch. Zum Glück konnte ich zu Beginn des dritten Satzes drei Breakbälle abwehren. Im Tiebreak habe ich dann extrem gut gespielt.»
Nun gegen Ugo Humbert
Dank dem Viertelfinal-Einzug in Basel verbessert er sich im Ranking, stösst wieder in die Top 90 vor. Damit dürfte seine Qualifikation fürs Hauptfeld des Australian Open gesichert sein. Am Freitag fordert er im Viertelfinal den Franzosen Ugo Humbert, die Weltnummer 28. Einen Linkshänder, der sich einer exzellenten Form erfreut und kürzlich die Top-10-Spieler Andrej Rublew und Stefanos Tsitsipas schlug.
Abzuwarten bleibt noch, wie Strickers rechtes Knie reagiert. Dieses hatte er sich nach einer unkontrollierten Bewegung nach dem dritten Game behandeln und tapen lassen. «Ich muss den Physio fragen, was er mir da eingestrichen hat», sagte er schmunzelnd. «Es ging danach ganz okay. So schlimm kann es nicht sein. Sonst hätte ich nicht so lange weiterspielen können.»
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