Kritik der FinanzkontrolleCorona-Daten-Fiasko: Neue Regeln nötig
Zwei Pandemiejahre lang gab es immer wieder Probleme mit Spitaldaten. Nun fordert die Finanzkontrolle mehr Kompetenzen für den Bund.

Wo sind wie viele Spital- und Intensivbetten frei? Zu Beginn der Corona-Pandemie fehlte eine nationale Übersicht. Manche Daten standen auch nach zwei Jahren noch nicht zur Verfügung, etwa Daten zum Impfstatus der Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen. Zuständig für das Sammeln der Daten und die Koordination ist der Koordinierte Sanitätsdienst (KSD): eine im Verteidigungsdepartement angesiedelte Geschäftsstelle mit fünf Mitarbeitenden.
Dieser Dienst soll nun neu ausgerichtet werden. Das schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu Empfehlungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). Die Pläne sollen bald vorliegen. Geplant war die Neuausrichtung eigentlich schon vor der Pandemie. Die Arbeiten verzögerten sich jedoch – auch wegen der Pandemie.
In der Krise wurden die Mängel dann offenkundig. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht kommt die EFK zum Schluss, die Krisenvorbereitung sei «suboptimal» gewesen, was zu grossem Aufwand bei der Erfassung der Daten und zu Verzögerungen geführt habe.
Für das Pandemiemanagement benötigte der Bund die Daten dringend. Das führte dazu, dass neben dem KSD mehrere andere Bundesakteure Informationen von den Kantonen erfragten – über verschiedene IT-Systeme. Probleme gab es aber auch aufseiten der Kantone. Manche hätten selbst in der Krise nicht verstanden, dass eine Koordination durch den Bund nötig sei, schreibt die EFK.
Keine rechtliche Pflicht
Spitäler und Kantone waren rechtlich nicht verpflichtet, die geforderten Informationen zu liefern. Sie mussten erst davon überzeugt werden, dies zu tun und dafür bestimmte IT-Systeme zu verwenden. Der Nutzen war für Kantone und Spitäler aber nicht immer klar. Teilweise befürchteten sie, dass Material umverteilt würde, wenn sie einen grossen Bestand deklarierten. Das habe Anreize gesetzt, geringere Bestände anzugeben, als effektiv vorhanden gewesen seien, schreibt die EFK.
Überdies fehlten klare Vorgaben zu den verlangten Informationen, beispielsweise zur Zählweise der Intensivpflegeplätze. Im Laufe der Krise hat sich der Informationsfluss verbessert. Allerdings nahm die Meldedisziplin laut der EFK nach der ersten Welle wieder ab. Die Behörden reagierten: Mittels Notverordnung führten sie eine Meldepflicht für medizinische Ressourcen ein. Auch wurde die Datenerhebung angepasst.
All das sollte aber nicht erst während einer Krise geschehen. Die Kompetenzen und Aufgaben von Bundes- und Kantonsakteuren sollten schon vorher klar definiert und akzeptiert sein, hält die EFK fest. «Es ist zwingend zu verhindern, dass in Krisensituationen zunächst Verständnis für das Handeln der koordinierenden Stellen geschaffen werden muss, wie dies bei der Datenerhebung durch den KSD der Fall war.» Der Bundesrat sollte die nötigen Voraussetzungen schaffen – unter anderem mit einer Informationspflicht. Die Science-Taskforce hat ebenfalls Vorschläge zu einer Verbesserung der Datenlage präsentiert.
Umgang mit Kantonen regeln?
Aus Sicht der Finanzkontrolle ist der Fall KSD exemplarisch. Der Umgang mit den Kantonen sei in der Bundesverwaltung eine Aufgabe mit sehr wenigen explizit geregelten Kompetenzen, kritisiert sie. Die Empfehlung dazu: In der Bundesverwaltung soll künftig eine hoch angesiedelte Stelle für die Koordination mit den Kantonen zuständig sein.
Das lehnt der Bundesrat jedoch ab. Die Zusammenarbeit mit den Kantonen erfolge permanent und auf vielfältige Weise, in unterschiedlichen Kontexten und Fachgebieten und auf verschiedenen Ebenen, schreibt er. Sich einen permanenten Überblick über all diese Interaktionen zu verschaffen und eine Koordination sicherzustellen, wäre sehr aufwendig und würde kaum einen Mehrwert generieren. Bestehe im Einzelfall Koordinationsbedarf, sollten bestehende Instrumente und Gefässe genutzt werden.
Einverstanden ist der Bundesrat mit der Empfehlung, Transparenz zur Gleichbehandlung der Kantone zu schaffen, um ungerechtfertigte dauerhafte Bevorteilungen oder Benachteiligungen einzelner Kantone zu verhindern. Die Finanzkontrolle stellte fest, die Bundesverwaltung behandle die Kantone teilweise bewusst ungleich, um Lösungen zu finden – zum Beispiel bei der Suche nach Standorten für Asylzentren. Daher brauche es mehr Transparenz.
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