Schwere Vorwürfe an die MutterCorona-Tod von 17-Jähriger in den USA sorgt für Aufsehen
Nach dem Tod von Carsyn D. bringt ein gerichtsmedizinischer Untersuchungsbericht pikante Details ans Tageslicht. Eine Wissenschaftlerin gibt nun der Mutter der Verstorbenen die Schuld an ihrem Ableben.
Als Carsyn D. am 19. Juni in ein Spital im US-Bundesstaat Florida eingeliefert wird, leidet sie bereits an einem gravierenden Sauerstoffmangel, hat Kopfschmerzen und einen leichten Husten. Der Mutter der 17-Jährigen ist deren gräuliche Hautverfärbung aufgefallen, ein typisches Anzeichen eines tiefen Sauerstoffgehalts im Blut. Im Spital wird der Teenager positiv auf das Coronavirus getestet. D.’s Zustand verschlechtert sich, die Mediziner kämpfen bis zum Schluss und mit harten Bandagen um das Überleben der 17-Jährigen – vergebens. D. stirbt am Nachmittag des 23. Juni an einem Lungenversagen.
Der Tod der jungen Frau sorgte in Florida für Aufsehen. Medienberichten zufolge sind bisher insgesamt drei Minderjährige im Bundesstaat an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Die beiden anderen Todesfälle betrafen einen 17- sowie einen 11-jährigen Jungen. Mindestens zwei der drei Jugendlichen hatten Vorerkrankungen.
Nun sorgt der Fall Carsyn D. erneut für Aufmerksamkeit, nachdem auch die «Washington Post» sowie die «New York Times» darüber berichtet haben. Aus dem Untersuchungsbericht der örtlichen Abteilung für Gerichtsmedizin geht nämlich hervor, dass die Mutter von D. ihre Tochter zuvor an eine kirchliche Feier mit rund hundert weiteren Kindern mitgenommen hatte. Dem Bericht zufolge trug das Mädchen weder Maske noch wurden Distanzregeln eingehalten, obwohl die 17-Jährige mehrere Vorerkrankungen aufwies und somit als Risikopatientin bei einer Ansteckung mit dem Virus galt.
D. musste bereits früh in der Kindheit erfahren, dass das Leben auch seine Kehrseiten haben kann. Neben einer seltenen Autoimmunerkrankung wurden mit zwei Jahren bei ihr zudem Krebs und eine Störung des Nervensystems diagnostiziert. Letzteres Leiden verbesserte sich jedoch wieder. Die «New York Times» schreibt zudem, dass das Mädchen an Asthma gelitten habe.
Eltern wollten mit umstrittenem Corona-Medikament helfen
Gemäss dem Untersuchungsbericht hatten die Eltern von D. ihrer Tochter prophylaktisch das Antibiotikum Azithromycin verabreicht. Das Mädchen erkrankte wenige Tage nach der Kirchenfeier, bekam Probleme mit den Nasennebenhöhlen, Husten und Kopfschmerzen. Die Eltern vermuteten eine Nasennebenhöhlenentzündung. Neun Tage nach der Kirchenfeier fiel der Mutter auf, dass ihre Tochter «grau» aussehe. Eine Messung des Sauerstoffgehalts zeigte einen starken Mangel. Die Mutter gab ihrer Tochter das Sauerstoffgerät des Grossvaters, was zu einer Verbesserung des Sauerstoffmangels führte.
Die Eltern verabreichten der Tochter darüber hinaus eine Dosis des umstrittenen Malariamedikaments Hydroxycholoquin, welches eine Zeit lang als vielversprechendes Corona-Medikament gehandelt wurde. Auch US-Präsident Donald Trump lobte dessen Wirkung in höchsten Tönen, meinte sogar, er nehme es selbst regelmässig. Zahlreiche wissenschaftliche Studien bescheinigten dem Mittel jedoch nur eine beschränkte bis gar keine Wirkung. Die US-amerikanische Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA warnt inzwischen vor dem Gebrauch von Hydroxychloroquin ausserhalb von Krankenhäusern.
Das Malariamedikament führte auch bei Carsyn D. nicht zu einer Besserung. Die Eltern brachten ihre Tochter am 19. Juni in ein Krankenhaus. Wie im Bericht der gerichtsmedizinischen Untersuchung geschrieben steht, hätten die Eltern eine von den Ärzten empfohlene Intubation zuerst abgelehnt. Da eine Plasmatherapie mit Blutplasma von genesenen Patienten nicht anschlug, wurde D. schliesslich doch an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Ihr Zustand verschlechterte sich kontinuierlich – trotz «aggressiver Therapie und Manöver», wie es im Bericht heisst. D. verstarb am Nachmittag des 23. Juni, zwei Tage nach ihrem 17. Geburtstag.
«Ihr Tod hätte verhindert werden können»
Dass es der Tod von Carsyn D. wieder in die Schlagzeilen schafft, ist auch Rebekah Jones zu verdanken. Die Datenwissenschaftlerin aus Florida betreibt eine eigene Website, welche unabhängig Informationen zum Coronavirus im Bundesstaat verbreitet. Zudem führt sie eine Datenbank mit allen bisher Verstorbenen, teilweise mit Hintergrundgeschichten zu den Opfern.
Auf dieser Website und auf ihrem Twitter-Account macht Jones der Mutter nun schwerwiegende Vorwürfe. Sie wirft ihr vor, ihre immungeschwächte Tochter an eine «Covid-Party», wie sie die eingangs erwähnte kirchliche Feier bezeichnet, eingeladen zu haben, wo sich Personen freiwillig mit dem Virus infizierten – wohl, um eine Abwehr gegen das Virus aufzubauen. Die Mutter solle zudem Corona-Verschwörungstheorien verbreitet und bekennende Impfgegnerin gewesen sein. Gemäss US-Medienberichten arbeitet die Mutter als Krankenschwester, der Vater als Arztassistent.
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Sie sei beim Recherchieren von Corona-Todesfällen im Bundesstaat Florida auf den eingangs erwähnten Untersuchungsbericht gestossen, da es sich um einen Pädiatriefall gehandelt habe. «Ich begann, mich mit ihrer Mutter und ihr selber zu befassen, mit der Kirche, in welcher die Covid-Party stattfand, mit der gesundheitlichen Vorgeschichte der Tochter, und ich fühlte mich so wütend und traurig, dass dies geschah», sagte Jones gegenüber dem US-Nachrichtenmagazin «Newsweek». Sie ist überzeugt davon, dass D.’s Tod hätte verhindert werden können, hätte die Mutter anders gehandelt.
Kirche sieht Jugendliche in der Verantwortung
Die betroffene Kirche äusserte sich am Dienstag in einem Statement zu den Vorwürfen. Man halte sich an die von der staatlichen und lokalen Regierung beschlossenen Sicherheitsmassnahmen bezüglich der Durchführung kirchlicher Aktivitäten, schreiben die Verantwortlichen. «Medienberichte und Beiträge, in denen die Kirche beschuldigt wird, Protokolle zu ignorieren oder sich aktiv an Verhaltensweisen zu beteiligen, die darauf abzielen, unsere Gemeinde dem Virus auszusetzen, sind absolut falsch und verleumderisch.»
Ein Pfarrer der Gemeinde sah gegenüber einem lokalen Nachrichtensender die Jugendlichen in der Verantwortung: «Wenn sich die Teenager nicht an das Social Distancing halten, dann ist das ihre Entscheidung.» Die Kirche hätte den Event nicht überwacht. Wie die Kirche auf Facebook mitteilte, seien inzwischen alle Jugendaktivitäten abgesagt worden, weil sich mehrere Familien mit dem Coronavirus infiziert hätten.
sho
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