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Die Kirche als Seuchenherd für das Coronavirus

Südkorea in Angst: Eine Wache vor dem kaiserlichen Palast in Seoul.
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Gestern war es ruhig in Seoul, der Hauptstadt Südkoreas. Wenige Menschen auf der Strasse, wenig Verkehr. Aber das war kein Zeichen der Entspannung, im Gegenteil: Die Coronavirus-Krise nimmt in dem ostasiatischen Land verstörende Ausmasse an. In den letzten vier Tagen hat sich die Zahl der Covid-19-Infizierten auf 433 verachtfacht. Präsident Moon Jae-in sagte: «Es ist eine sehr ernste Situation.» Seouls Bürgermeister Park Won-soon verkündete «dringende und starke Massnahmen, um zu verhindern, dass das Virus auf lokale Gemeinden übergreift». Die Stadt Daegu und der Landkreis Cheongdo wurden zur «Spezialüberwachungszone» erklärt.

Das Beispiel der chinesischen Millionenstadt Wuhan hat gezeigt, wie stark sich das Virus verbreiten kann, wenn man es nicht früh und sorgfältig genug bekämpft. Dort infizierte sich zum ersten Mal ein Mensch mit dem neuartigen Coronavirus, der Beginn eines Ausbruchs, der in China bisher über 75000 Fälle hervorgebracht hat. Auf der benachbarten koreanischen Halbinsel ist man deshalb alarmiert.

Demonstrationen verboten

Das kommunistische Regime in Nordkorea mit seinem lückenhaften Gesundheitssystem hat sich einer 30-tägigen Quarantäne verschrieben. Und in Südkorea verschärfen die Behörden ihre Vorgaben, um das Virus einzudämmen. Bürgermeister Park schränkte wegen des Notfalls sogar das Demonstrationsrecht in der Hauptstadt ein: Seoul Plaza, Cheonggye Plaza und Gwanghwamun Plaza, sonst tägliche Schauplätze von Kundgebungen, werden für grössere Menschenansammlungen gesperrt. Wer gegen das Verbot verstösst, riskiert eine Geldbusse von umgerechnet bis zu 2400 Franken.

Das Zentrum der südkoreanischen Coronavirus-Krise liegt allerdings 300 Kilometer südlich von Seoul: 153 der gemeldeten Fälle stammen allein aus der 2,5-Millionen-Stadt Daegu und aus Daegus Nachbarprovinz Nord-Gyeongsang, 16 aus einem Spital in Cheongdo, nahe Daegu. Jeong Eun-kyeong, Direktorin des nationalen Zentrums für Seuchenkontrolle und Vorbeugung, bestätigte, dass die meisten der neuen Fälle, nämlich 128, mit der Shincheonji-Jesuskirche in Daegu in Zusammenhang stünden. Koreas Covid-19-Fall Nummer 31, eine 61-jährige Anhängerin der Kirche, sei der mögliche Ausgangspunkt der Massenansteckung. Sie hatte an den beiden vorangegangenen Sonntagen Gottesdienste besucht und war diese Woche positiv getestet worden.

Schwelender Volkszorn

Aus dem Rathaus von Daegu kam die Empfehlung, möglichst zu Hause zu bleiben. Nach Berichten aus der Stadt hielten sich auch sehr viele Einwohner daran. Gesundheitsminister Park Neung-hoo sagte: «Alle Patienten mit Lungenentzündung in Krankenhäusern in Daegu werden auf das Virus getestet.»

Der schwelende Volkszorn richtet sich wohl gegen die Shincheonji-Jesuskirche, vor allem gegen ihr erstes infiziertes Mitglied. Und auch die Behörden reagieren: In Seoul sprach Bürgermeister Park davon, dass auch Fälle ausserhalb Daegus mit der Shincheonji-Jesuskirche verbunden seien.

Gotteshäuser der Religionsgemeinschaft müssen in der Hauptstadt deshalb schliessen. Shincheonji-Kirchgänger sollen sich unter einer Notfallnummer melden. Park nannte die Vorgabe eine «unvermeidliche Massnahme, Gesundheit, Sicherheit und Leben der Bürgerinnen und Bürger zu schützen».