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Citroën Traction Avant
Der Gralshüter gallischer Genialität

Avantgarde aus Frankreich: Der vor gut 90 Jahren vorgestellte Citroën Traction Avant wies in Design und Technik den Weg in die Zukunft.
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Es war eine pompöse Premierenfeier, so wie sie die Franzosen bis heute lieben: Der Citroën Traction Avant («Frontantrieb») 7 CV debütierte vor gut 90 Jahren unter dem illuminierten Eiffelturm, dem nationalen Symbol technischen Fortschritts und der Erinnerung an die Französische Revolution. Damit nicht genug: Als kreativer Marketingpionier liess der Automobilkonstrukteur André Citroën das Pariser Wahrzeichen mit 250’000 Lampen erstrahlen, die eine «7» in den Nachthimmel schrieben, und prompt avancierte die futuristische Limousine 7 CV – später flankiert von den grösseren Versionen 11 CV und 15-Six – weltweit zum Inbegriff einer schönen neuen Autowelt.

Mit einer für Massenmodelle einzigartigen Fülle an Innovationen fuhr der Traction Avant seiner Zeit so weit voraus, dass er in den 1950ern noch parallel zur Nachfolgerin, der DS, gebaut wurde. Wie später die DS, der Überschalljet Concorde oder der Hochgeschwindigkeitszug TGV erreichte schon der revolutionäre Traction Avant den Status eines technischen Wahrzeichens. Taxichauffeure, Bauern, Familien, Polizei und Gangster, aber auch Präsidenten und Widerstandskämpfer liebten diesen Citroën, der niemanden unberührt liess.

Star in fast 2000 Filmen

Der von André Lefebvre konstruierte neue Citroën liess alle Rivalen alt aussehen mit seiner selbsttragenden Ganzstahlkarosserie, Frontantrieb, langem Radstand, grosser Spurweite, unabhängiger Federung an allen vier Rädern, tiefem Schwerpunkt, hydraulischen Bremsen und einer Karosserie, die der Bildhauer Flaminio Bertoni in futuristische Formen brachte. Tatsächlich trug die unverwechselbare Silhouette dazu bei, dass der Traction Avant in fast 2000 Kino- und TV-Filmen auftrat, etwa mit Jean Gabin im Fond als Kommissar Maigret oder im James-Bond-Abenteuer «Liebesgrüsse aus Moskau».

Mit insgesamt rund 760’000 gebauten Exemplaren prägte das Modell bis Ende der 1950er das Strassenbild der Grande Nation und mancher europäischen Metropole. Ob mit vier (Typ 7 CV und 11 CV), sechs (Typ 15 CV) oder als Showcar 22 CV sogar acht Zylindern, der Traction Avant toppte alles, was andere europäische Mittelklasseautos in den Vorkriegs- oder den Nachkriegsjahren konnten.

Bis ihm dies gelang, hatte der Fronttriebler einige Probleme zu bewältigen: André Citroën liess den Traction rekordverdächtig rasch in 18 Monaten entwickeln, so schnell, dass das Modell zunächst an zahllosen Kinderkrankheiten litt. Ausserdem baute Citroën das Werk Javel aufwendig um – ohne ausreichendes Eigenkapital und Bankenunterstützung. Diese Belastungen brachen schliesslich das finanzielle Rückgrat des Traction-Avant-Kreateurs. Die französische Staatsführung schlug Louis Renault die Übernahme des Konkurrenten vor, allerdings ohne Erfolg. Stattdessen sprang Reifengigant Michelin ein. Wenige Monate später verstarb André Citroën an einer Krebserkrankung.

Variantenreich und technisch überlegen

Der Traction Avant aber bewies am Ende, dass sich der Mut zu technologischen Meilensteinen gelohnt hatte, reüssierte er doch als überaus gewinnbringendes Modell. Es gab das Modell nicht nur als Limousine, Coupé, Cabrio oder Roadster, sondern auch als familienfreundlichen Familiale mit sieben Sitzen. Die Variante Commerciale eignete sich sogar zum Viehtransport, sechs Schafe oder zwei Kühe konnten den feudalen Fahrkomfort des riesigen Citroën geniessen. Als einzige Vorkriegskonstruktion galt der Citroën bis 1957, bis zum Jahr des Produktionsstopps, als vielen jüngeren Konkurrenten überlegen.

Schwarzer Citroen Traction Avant 15-Six H von 1954, parkiert vor einem Haus mit Fachwerkfassade.

Die heutige Bedeutung dieses Citroëns für die Oldtimer-Community erklärt Frank Meissner von der Bewertungsorganisation Classic Analytics: «Ob der Gangster-Citroën wegen seiner guten Strassenlage wirklich häufiger als Fluchtauto von Kriminellen genutzt wurde als andere Modelle, lässt sich zumindest nicht eindeutig belegen. Fest steht, dass er aufgrund seiner fortschrittlichen Konstruktion bis weit in die 50er-Jahre hinein ein konkurrenzfähiges Mittelklasseauto blieb und danach schnell zum Liebhaberauto avancierte. Ein gutes Exemplar der häufigen Variante 11 B Koffer kostet heute im guten Zustand mindestens 20’000 Franken.»