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Freigelassene Huawei-Managerin
Chinas Geiseldiplomatie hat gewirkt

Meng Wanzhou, CFO von Huawei, wird im chinesischen Shenzhen empfangen.  
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Sie könnten sich beim Überflug über den Pazifik fast gekreuzt haben: Am Freitag liess Kanada die im Dezember 2018 in Vancouver festgenommene Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou ausreisen, nachdem sich diese auf eine Abmachung mit den amerikanischen Justizbehörden eingelassen hatte. Nur wenige Stunden später wurden die zwei Kanadier freigelassen, die Peking nach der Festnahme der chinesischen Topmanagerin 2018 in China verschleppen liess.

Kaum ein Fall hat die Beziehungen zwischen den USA und China in den vergangenen Jahren stärker belastet als der Streit um die Tochter des Huawei-Gründers Ren Zhengfei. Meng war auf Bitten Washingtons am Flughafen in Vancouver festgenommen worden. Die USA warfen ihr Bankbetrug vor. Sie soll Informationen zu Geschäften einer Huawei-Tochterfirma im Iran unterschlagen haben. US-Präsident Donald Trump hatte das Land mit Wirtschaftssanktionen belegt, deren Einhaltung die USA auch von ausländischen Unternehmen einfordern. Meng bestritt die Vorwürfe.

Das Telefonat zwischen Biden und Xi

Das Verfahren gegen die Managerin stellte Ende 2018 einen neuen Tiefpunkt in den erodierenden Beziehungen der beiden Länder dar. Peking sah die Untersuchung als Teil des Handelskrieges. Der frühere US-Präsident Donald Trump deutete wiederholt an, Mengs Fall als Faustpfand in den Verhandlungen einzusetzen. Chinas Aussenminister Wang Yi sprach 2019 von einem «absichtlichen politischen Schritt», um China kleinzumachen. Die Lösung dürfte nun als Zeichen leichter Entspannung gedeutet werden. Vor zwei Wochen hatten US-Präsident Joe Biden und Staats- und Parteichef Xi Jinping nach Monaten zum ersten Mal wieder miteinander telefoniert.

Als Teil ihrer Vereinbarung mit dem US-Justizministerium räumte Meng nun indirekt ein, eine Bank falsch über ihre Geschäfte im Iran informiert zu haben. Ausserdem verpflichtet sie sich dazu, der Darstellung einzelner Sachverhalte durch die US-Seite nicht zu widersprechen. Hält sich die Managerin an diese Konditionen, soll das Verfahren bis Dezember 2022 ruhen und danach eingestellt werden. Das Interesse auf amerikanischer Seite an einem Deal soll laut US-Medienberichten darin begründet gewesen sein, dass eine Auslieferung Mengs keinesfalls gewiss gewesen sei.

Besonders in Kanada sorgte die Einigung für Erleichterung. Chinas Behörden hatten kurz nach der Festnahme Mengs die kanadischen Staatsbürger Michael Spavor und Michael Kovrig festgenommen. Während Meng in einem Luxusanwesen in Vancouver auf ein Urteil in ihrem Verfahren wartete und dieses sogar für Einkaufstouren verlassen konnte, wurden den beiden Kanadiern in Isolationshaft weitestgehend diplomatischer Beistand und Besuche verwehrt.

Konnten nach Kanada zurückkehren: Michael Spavor (links) und Michael Kovrig. 

Spavor hatte zuvor in China ein Unternehmen zum Kulturaustausch mit Nordkorea geleitet. Er war erst Mitte August in einem nicht öffentlichen Verfahren der Spionage und der Beschaffung von Staatsgeheimnissen schuldig gesprochen und zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Der ehemalige Diplomat Michael Kovrig wartete noch auf sein Urteil. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme arbeitete er als Experte für die Denkfabrik International Crisis Group in China.

Die Festnahmen belasteten auch die Beziehungen zwischen Ottawa und Peking schwer. Kanada forderte immer wieder die Freilassung der beiden Männer und sprach von willkürlichen Verhaftungen. China erliess Einfuhrbeschränkungen gegen zahlreiche Exportgüter aus Kanada, um das Land für seine Kooperation mit den US-Behörden zu bestrafen.

Gerichte machen Politik

Auch andere Staaten kritisierten die «Vergeltungsaktion» und warfen China «Geiseldiplomatie» vor. Sie äusserten zudem ihre Sorge über die Verurteilung zum Tode von drei mutmasslichen kanadischen Drogenschmugglern. Mindestens in einem Fall war das Urteil nach der Meng-Festnahme verschärft worden.

China hatte einen Zusammenhang zwischen den Verfahren und der Festnahme Mengs wiederholt abgestritten, obwohl die zeitlichen Abläufe der vergangenen Tage kaum mehr Zweifel daran lassen. Die beiden Kanadier konnten direkt nach Bekanntmachung der Einigung im Fall Mengs in eine Maschine in Richtung Kanada steigen. Die Managerin befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits in einem von der chinesischen Regierung gecharterten Flugzeug in Richtung China.

China nutzt den Fall für seine Propaganda

Dort feierten die Staatsmedien Meng als Heldin. Während ihre Eingeständnisse kaum eine Rolle spielten, inszenierten sie die Managerin als ein Vorbild, das den USA die Stirn geboten habe. Washington, so die offizielle Lesart, habe seine Macht missbraucht, um den Huawei-Konzern mit seiner überlegenen Technologie am internationalen Siegeszug zu hindern – und damit den Aufstieg Chinas. Auch die Freilassung der Kanadier war kaum Thema. Diese hätte bedeutet, dass auch China einen Preis für die Rückkehr Mengs bezahlen musste. Die Managerin meldete sich noch aus dem Flugzeug und dankte der Regierung: «Unter der Führung der KP wird mein Heimatland von Tag zu Tag stärker und wohlhabender. Ohne ein starkes Mutterland hätte ich heute meine Freiheit nicht.»

Ob der Deal zwischen Washington und Peking nachhaltig eine entspannende Wirkung auf die Beziehungen haben wird, ist mehr als fraglich. Beide Staaten sind in vielen Bereichen zu unerbittlichen Rivalen geworden. Dazu kommen geopolitische Streitigkeiten im Südchinesischen Meer, der Taiwan-Konflikt, die Lage der Menschenrechte im Land und die Unterdrückung in Xinjiang und Hongkong. Die Festnahme Mengs erinnerte 2018 viele Beobachter an die Zeiten des Kalten Krieges. Das Gleiche gilt nun aber auch für den Austausch der Gefangenen.