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Strafaktion an Litauen
China will Litauen «wie eine Fliege zerquetschen»

Derzeit finden sich unter den Containern im Hafen von Shanghai keine aus Litauen. China hat den Handel mit dem baltischen Land eingefroren. 
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Ein Land einfach so auslöschen? Der chinesische Zoll kann das. Der Staat Litauen existiert für Chinas Zollbeamte offenbar nicht mehr.

Ein litauischer Holzexporteur war der Erste, der vergangene Woche in heimischen Medien davon berichtete. 300 Container voller Holz steckten nach zweimonatiger Reise über die Weltmeere fest vor Häfen wie Shanghai, erzählte er einem litauischen Nachrichtenportal. Sein chinesischer Partner habe ihm dann berichtet, dass der Zoll die Einfuhr nicht erlaube. Schnell kam heraus, dass anderen litauischen Firmen das Gleiche geschehen war. «Es scheint, als gebe es unser Land im chinesischen Zollsystem nicht mehr», erklärte Vidmantas Janulevičius, Präsident des litauischen Industriellenverbandes.

Die Konsequenz: Es können keine Ladungen aus Litauen mehr in China an Land gehen – und umgekehrt Exporte aus China nach Litauen gelangen. Im Moment ist keinerlei Handel mehr möglich. So etwas gab es noch nie.

Der Schritt sei eine «fundamentale Eskalation».

Reinhard Büttikofer, Europaabgeordneter

Es ist das vorerst letzte Kapitel in einem Streit, der sich seit dem Frühjahr dieses Jahres ausgewachsen hat zu einem Schaukampf zwischen zwei sehr ungleichen Gegnern: hier die 3-Millionen-Einwohner-Nation Litauen, dort die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt, ein Staat von 1,4 Milliarden. Litauen wusste, dass es mit Strafaktionen seitens Pekings zu rechnen hatte, China hatte dergleichen mehrfach angedroht, seine Propagandablätter hatte Litauen einen «Witz von Nation» geschmäht, den man «wie eine Fliege zerquetschen» könne.

Aber ein Land komplett aus den Zolllisten löschen? So etwas habe er «zuvor noch nie gesehen», sagt der grüne Europaabgeordnete und China-Kenner Reinhard Bütikofer. Er halte den Schritt «für eine fundamentale Eskalation», der eine Antwort der Europäischen Union erfordere.

Begonnen hatte der Zwist in diesem Jahr damit, dass Litauen sich aus dem von China angeführten Handelsblock der ost- und zentraleuropäischen «17-plus-1-Länder» verabschiedet hatte – ein erster Affront gegen Peking. Wenig später dann kam der Eklat: die Annäherung zwischen Litauen und Taiwan, das verkündete, in Litauen eine Vertretung eröffnen zu wollen. Und zwar eine, die tatsächlich «Vertretung Taiwans» heissen soll statt sich wie sonst weltweit üblich mit dem Wort «Taipeh» zufriedenzugeben, dem Namen von Taiwans Hauptstadt.

China rief Botschafter zurück

Peking sieht Taiwan als Teil Chinas. Aus «Taipeh» also «Taiwan» zu machen, ist eigentlich ein winziger Schritt, darauf wiesen viele Beobachter hin. Mit einer offiziellen diplomatischen Anerkennung Taiwans als Nation hat das noch lange nichts zu tun. – China aber sieht das anders und bezichtigt Litauen seither der Verletzung der von ihm postulierten Ein-China-Politik. Als Erstes stellte Peking den Frachtzugverkehr durch Litauen ein, dann zog es seinen Botschafter aus Vilnius ab.

Politik mit Handelssanktionen hat die Führung in Peking schon häufiger gemacht. Nachdem der Schriftsteller und Menschenrechtler Liu Xiaobo 2010 in Oslo den Friedensnobelpreis zugesprochen bekam, verhängte China ein Importverbot für norwegischen Lachs. Nach Spannungen mit Australien schlug der Apparat jüngst auf australischen Wein Strafzölle auf und verweigerte Schiffen, die Steinkohle aus Australien geladen hatten, das Löschen der Ladung. Aber einen Staat aus dem Zollanmeldungssystem zu tilgen, als sei er von der Erde verschwunden, ist ein neuartiges Vorgehen.