Vielversprechende AktienfondsChina war gestern – die Zukunft gehört Indien und Afrika
Das Wachstum wird sich in den kommenden Jahrzehnten auf neuen Schauplätzen abspielen. Anlegerinnen und Anlegern eröffnet das neue Chancen: Die Fonds im Überblick.
China ist aus dem Lockdown erwacht. Noch hält die akute Corona-Welle das Land im Griff, aber die Strassen, Shoppingzentren, Plätze und Parks füllen sich allmählich wieder. Die boomenden Grossstädte werden wohl bald wieder vibrieren wie eh und je. Dennoch ist die ökonomische Spitzenstellung Chinas bedroht.
Denn das Land steht vor einem dramatischen Bevölkerungsschwund. Die Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner wird noch schneller schrumpfen als die in vielen westlichen Staaten. Dies dürfte in den kommenden Jahrzehnten das wirtschaftliche Potenzial begrenzen. Damit schwindet auch der Glaube am Finanzmarkt an ein chinesisches Jahrhundert. Viel wahrscheinlicher ist, dass sich die künftige Wachstumsstory in Indien und Afrika abspielen wird. In diesen Regionen nimmt die Bevölkerung weiter zu, und dort finden gerade umwälzende Reformen statt. Für Sparer und Anleger eröffnen sich damit neue Chancen.
Bereits in diesem Jahr dürfte Indien nach Angaben der Vereinten Nationen (UNO) seinen Nachbarstaat China bei der Einwohnerzahl überholen. Möglicherweise ist das auch schon geschehen, so genau können die jeweiligen Daten nicht bestimmt werden. Sicher ist jedoch, dass die Bevölkerung des südasiatischen Landes in den kommenden Jahrzehnten weiter wachsen wird von derzeit rund 1,4 auf 1,7 Milliarden im Jahr 2065. Danach dürften die Zahlen auch dort allmählich wieder zurückgehen.
In China geschieht dies dagegen jetzt schon. Das ist einerseits die Folge der jahrzehntelangen strengen Einkindpolitik, andererseits wollen die Chinesen inzwischen auch immer weniger Nachwuchs. Neuerdings sind bis zu drei Kinder erlaubt, doch die wenigsten möchten so viele, oder sie können sie sich schlicht nicht leisten. Auf eine Frau kommen nur noch 1,3 Geburten – selbst in der Schweiz sind es mit 1,5 etwas mehr. Bis 2065 dürfte die Einwohnerzahl des Landes daher um fast 300 Millionen schrumpfen. Bis 2100 soll sie den UNO-Prognosen zufolge im Vergleich zu heute um fast 40 Prozent auf 766 Millionen zurückgehen.
Auf dem Kontinent Afrika leben derzeit rund 1,4 Milliarden Menschen, so viele wie jeweils in China und Indien. Bis 2065 wird sich diese Zahl jedoch verdoppeln, und sie dürfte auch danach weiter steigen, auf rund vier Milliarden bis 2100.
Während China, Indien und Afrika bei der Bevölkerung derzeit also drei gleich grosse Blöcke bilden, werden 2065 den nur noch 1,1 Milliarden Chinesen rund 1,7 Milliarden Inder und drei Milliarden Afrikaner gegenüberstehen. Noch drastischer ist die Veränderung bei einem Blick auf die Menschen im erwerbsfähigen Alter: In China wird diese Zahl bis 2065 von knapp einer Milliarde auf 600 Millionen schrumpfen, in Indien dagegen von 960 Millionen auf 1,06 Milliarden steigen, in Afrika sogar von 800 Millionen auf zwei Milliarden.
Natürlich sagen demografische Trends allein noch nichts über die wirtschaftliche Entwicklung in der Zukunft aus. Allerdings ist Wachstum bei steigender Einwohnerzahl in jedem Fall leichter: Ökonomen erwarten, dass rund die Hälfte des globalen Wachstums der vergangenen Jahrzehnte allein auf die Zunahme der Erwerbsbevölkerung zurückzuführen war. In Indien und Afrika kommt hinzu, dass es dort ermutigende Anzeichen für Veränderungen gibt, die künftig den wirtschaftlichen Aufschwung erleichtern dürften.
Premierminister Narendra Modi schuf in Indien mit seinen Reformen in den vergangenen Jahren die Voraussetzungen dafür. Rob Brewis, Fondsmanager bei Aubrey Capital Management im schottischen Edinburgh, hält Modis Regierung sogar für die wahrscheinlich kompetenteste weltweit. Dies zeige sich schon bei einigen Zahlen. «2015 verfügten nur 13 Prozent der indischen Haushalte über Leitungswasser, während es heute 52 Prozent sind», sagt Brewis. «Bei der Elektrizität waren es 2015 noch 56 Prozent, heute sind es 96 Prozent.»
Die Regierung digitalisierte und reformierte in den vergangenen Jahren die Verwaltung, entschlackte den Staat und stärkte die Wachstumsvoraussetzungen. Nicht zuletzt deshalb sei Modi so populär, so Brewis. Dass er demokratisch gewählt sei, sei ein wesentlicher Vorteil gegenüber China. Hinzu komme, dass 375 Millionen Menschen in Indien derzeit zur jugendlichen Generation Z gehörten, also zur Gruppe der seit Mitte der 90erJahre Geborenen, fast 50 Prozent mehr als in China. Dies eröffne ein riesiges Potenzial für einen Markt, der in fast allen wirtschaftlichen Bereichen – vom Einzelhandel bis zu Autos – noch in den Kinderschuhen stecke. «Ausserdem steht die Urbanisierung erst am Anfang des Weges und ist in etwa so weit fortgeschritten wie in China vor 30 Jahren», sagt Brewis. All das spreche für eine lange Ära des rasanten Wachstums in Indien.
Afrikanische Freihandelszone verspricht Wachstumsschub
In Afrika wurde eine Freihandelszone gegründet, der 54 der 55 Länder des Kontinents angehören. Das könnte die Wirtschaft nach vorn bringen. Die Weltbank geht davon aus, dass durch sie der innerafrikanische Handel um 81 Prozent und die Exporte insgesamt um 19 Prozent zulegen könnten. Noch ist sie nicht umgesetzt, doch wenn dies gelingt, entstünde ein Markt mit 1,4 Milliarden Menschen und einer Wirtschaftsleistung von etwa 3,4 Billionen Dollar – das wäre vergleichbar mit Indien. Beiden Regionen kommt zudem zugute, dass die Industrieländer für Produktion und Handel nach Alternativen zu China suchen. Gepaart mit wirtschaftsfreundlichen Reformen in den Regionen, könnte sich daraus in den kommenden Jahrzehnten ein neuer Boom in diesen Weltgegenden ergeben.
Sparer können darauf mit Fonds und Exchange-Traded Funds (ETFs) setzen. Für Afrika ist das Angebot noch sehr begrenzt. Nur zwei ETFs gibt es bislang: Lyxor Pan Africa (Wertpapierkennnummer: LYX0V7) und Xtrackers MSCI EFM Africa (DBX0HX). Beide konzentrieren sich stark auf Südafrika, daneben enthalten sie noch einige Unternehmen aus Ägypten, Marokko und Kenia. Bei den Branchen besteht eine starke Konzentration auf Rohstoffe, Telekommunikation und Banken. Die Schwerpunkte gehen darauf zurück, dass die grössten Konzerne in diesen Ländern und Wirtschaftszweigen tätig sind, und allein an der Grösse orientieren sich die Indizes, die den ETFs zugrunde liegen.
Gemanagte Fonds sind theoretisch freier in ihrer Auswahl, gerade in Afrika greifen sie aber auf die gleichen Aktien zurück wie die ETFs, gewichten diese nur anders. Im vergangenen Jahr war das kein Vorteil: Die fünf gemanagten Afrika-Fonds, die es gibt – beispielsweise JPM Africa (A0NH6B), Bellevue African Opportunities (A0RP3D) oder DWS Invest Africa (DWS0QN) –, blieben alle deutlich hinter den ETFs zurück.
Indische Fonds schlossen 2022 relativ gut ab
Indien bietet mit sechs ETFs und rund 40 gemanagten Fonds deutlich mehr Möglichkeiten. Auch das Aktienuniversum, aus dem die Fondsmanager auswählen können, ist grösser. Einige von ihnen nutzten das im vergangenen Jahr erfolgreich und übertrafen die Wertentwicklung der ETFs, beispielsweise der Jupiter India Select (A0NBGX), der BNP Paribas India (A1T8ZF) oder der Amundi India (A1C8Q1).
Doch selbst die ETFs, etwa der Xtrackers Nifty 50 (DBX1NN), der Franklin FTSE India (A2PB5W) oder der Amundi MSCI India (A2H57H), schlossen 2022 weitgehend ohne Verluste ab. Sie schlugen damit die Indizes der Industrieländer um Längen, diese büssten meist zweistellig ein. Aber auch chinesische Aktien: Der CSI-300-Index, der die Börsen Shanghai und Shenzhen abbildet, verlor 2022 rund 22 Prozent. Es könnte ein Vorgeschmack auf die Zukunft sein.
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