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Gastbeitrag
Seien wir selbstbewusster gegenüber China

People are demonstrating to support the Uyghurs against the High Commissioner for Human Rights' failure to listen to the communities concerned (Uyghur, Tibetan, Hong Kong, and others), in front the European headquarters of the United Nations in Geneva, Switzerland, Friday, May 13, 2022. (KEYSTONE/Martial Trezzini)
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Der chinesische Botschafter Wang Shihting freute sich am 30. Januar in einem Beitrag über den Besuch des chinesischen Premierministers Li Qiang in der Schweiz. Auch der Bundesrat gab stolz das «erste derart hochrangige Treffen seit der Pandemie» bekannt und verwies auf die «tiefen und vielfältigen bilateralen Beziehungen».

Nur wenige Tage nach diesem Besuch wurde an der UNO in Genf die Menschenrechtslage in China debattiert: Verschiedene Staaten wiesen die chinesische Vertretung dabei in deutlichen Worten auf die massiven Menschenrechtsverletzungen in Tibet und an Uigurinnen und Uiguren hin. Auch der Bundesrat ist sich der besorgniserregenden Entwicklungen eigentlich bewusst.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat sie ihm gemeinsam mit der tibetischen und der uigurischen Gemeinschaft am 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, in einem offenen Brief geschildert. In seiner Antwort gesteht Bundesrat Ignazio Cassis ein: «Die Menschenrechtssituation in China hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert.»

Doch nach Li Qiangs Besuch verkündeten beide Seiten, dass sie demnächst konkrete Verhandlungen über ein «Upgrade» des bilateralen Freihandelsabkommens lancieren wollen. In dem bestehenden Abkommen werden die Menschenrechte mit keinem Wort erwähnt. Diese schwierigen Themen wollte man lieber separat besprechen, etwa im bilateralen Menschenrechtsdialog.

Doch in der Realität sind Wirtschaft und Menschenrechtsverletzungen eng verbunden. In China werden in staatlich organisierten Programmen Menschen zur Arbeit gezwungen. Schätzungen gehen davon aus, dass über 1 Million Angehörige der uigurischen und anderer ethnischer Minderheiten betroffen sein könnten. Chinesische Firmen, die bei solchen Programmen mitwirken, können ihre Produkte günstiger auf dem Weltmarkt anbieten.

Der heutige Ansatz ist realitätsfremd

Dass die Schweiz nun mit einer Lancierung zu Verhandlungen rund um ein «Upgrade» des Freihandelsabkommens vorprescht, löst auch in Berlin, Brüssel oder Washington Stirnrunzeln aus. Da in der Schweiz im Gegensatz zu den USA und der EU verbindliche Grundlagen für staatliche Kontrollen und unternehmerische Sorgfaltsprüfungen fehlen, muss niemand überprüfen, ob Produkte aus Zwangsarbeit importiert werden.

Menschenrechte nur im Rahmen von Menschenrechtsdialogen thematisieren zu wollen, ist realitätsfremd. Es ist daher höchste Zeit, die Menschenrechtslage in China zusammen mit den Handelsbeziehungen zu verhandeln. 

Es braucht nun eine kritische Debatte darüber, welche Beziehungen mit China wir wollen. Zu kritisieren ist auch das ängstliche Agieren des Bundesrats bei Themen, die China stören könnten. So hat der Bundesrat entschieden, die Sanktionen nicht zu übernehmen, die die EU wegen der Unterdrückung der uigurischen Minderheit verhängt hat. Da er dies nicht offen kommunizierte, unterband er gleichzeitig die notwendige öffentliche Debatte zu China. Nun ist es höchste Zeit, diese wichtigen Diskussionen kritisch zu führen. Darin liegt eine grosse Chance, um als Land zu einer eigenständigen und glaubwürdigen Haltung gegenüber China zu finden.

Selina Morell ist Programmverantwortliche für China bei der Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz.