Konflikt in BurmaChina fürchtet um seine Pipelines
Der Militärputsch in Burma beunruhigt Peking derart, dass es auf Absicherung seiner Milliardeninvestitionen dringt. Haben auch die chinesischen Soldaten an der Grenze mit diesem Ziel zu tun?
Dass China entlang seiner Grenze zu Burma Soldaten postiert, ist nicht ungewöhnlich, denn seit vielen Jahren wird auf der anderen Seite gekämpft, Rebellen der ethnischen Minderheiten in den Regionen Shan und Kachin sind immer wieder in Gefechte mit der Armee Burmas verwickelt. Dabei geht es auch darum, wer jeweils an den reichen Bodenschätzen verdient – oder auch an der Drogenproduktion, die in manchen der Gegenden die Geschäfte dominiert.
Seit dem Putsch der burmesischen Armee am 1. Februar haben die Konflikte im Vielvölkerstaat allerdings vielerorts zugenommen, und das Militär kann sich nur an der Macht halten, indem es die Demokratiebewegung brutal unterdrückt. In einem Beitrag für das East Asia Forum hat nun der Analyst John Walsh Berichte aus der Region aufgegriffen, wonach China seine Truppen an der Grenze bei Jiegao verstärkt habe. Eine offizielle Bestätigung solcher Bewegungen, über die zuerst im April berichtet wurde, gibt es aus Peking nicht.
«Höchst besorgt»
In den chinesischen Medien sind diese auch kein Thema. Anfang Juni erklärte Chinas Aussenminister Wang Yi allerdings bei einer Konferenz des Landes mit Vertretern des Verbands Südostasiatischer Nationen (Asean), dass Burma ein enger Nachbar sei und die Lage dort unmittelbar Chinas Interessen betreffe. Man sei «höchst besorgt» und bereit, auf seine eigene Weise eine konstruktive Rolle zu spielen.
Walsh interpretiert die Truppenbewegungen so, dass das chinesische Militär dort als eine schnelle Eingreiftruppe bereitstehe, um im Ernstfall zentrale chinesische Milliardeninvestitionen in Burma zu sichern: zwei Pipelines, die Öl und Gas vom Indischen Ozean quer durch Burma nach China leiten.
Käme es tatsächlich so weit, wäre so ein militärischer Vorstoss ein Präzedenzfall mit enormer Tragweite. Er würde der bisherigen Linie Pekings widersprechen, sich mit bewaffneten Interventionen im Ausland zurückzuhalten. In Pakistan, wo China ebenfalls Milliarden für die neue Seidenstrasse investiert, sind pakistanische Spezialtruppen abgestellt, um Chinas Arbeiter und Geschäftsleute zu beschützen.
Offenkundig ist, dass Peking grosses Interesse daran hat, die Ausbreitung von Covid-19 aus Burma nach China einzudämmen, vor allem der grenzübergreifende Handel mit Drogen und Edelsteinen gilt als Risiko. Während im Rest des Landes das Coronavirus seit über einem Jahr grösstenteils unter Kontrolle gebracht und das öffentliche Leben kaum noch eingeschränkt ist, verhängte die chinesische Grenzstadt Ruili am Montag erneut einen Lockdown, wie die staatliche «Global Times» berichtete.
770 Kilometer lange Leitungen
Zum dritten Mal reagiert die Stadt an der Grenze zu Burma damit auf neue Corona-Fälle. Die dauerhaft niedrigen Infektionszahlen sind ein wichtiger politischer Erfolg für die KP, den sie auch durch eine weitestgehende Schliessung der Grenzen seit März 2020 erreicht hat. Unklar ist, ob die Truppenpräsenz eher mit Sorgen zu tun hat, Covid-19 einzudämmen, oder ob doch strategische Erwägungen und der Schutz der Pipelines eine Rolle spielen. Die 770 Kilometer langen Leitungen quer durch Burma machen deutlich, welches strategische Gewicht das Land für Peking hat. Die Röhren öffnen eine alternative Rohstoffroute aus dem Indischen Ozean über Land nach Fernost, angeliefert werden Öl und Gas über Schiffe, die den von China ausgebauten Tiefseehafen Kyaukpyu anlaufen. Der Nachbar Indien beobachtet dies mit grosser Aufmerksamkeit, weil er fürchtet, dass Kyaukpyu künftig auch militärisch von Peking genutzt werden könnte.
Erste Berichte über die angebliche chinesische Truppenverstärkung gab es im April, zuvor sollen sich, berichtete das Onlinemagazin «Irrawaddy», chinesische Beamte mit den neuen Machthabern in Burma getroffen haben, um sie zu drängen, den Schutz für die Pipelines zu erhöhen. In der Demokratiebewegung, die in den Untergrund gedrängt wurde, geht man von einer engen Allianz der Junta und der chinesischen Führung aus, was die Pipelines zum Ziel möglicher Sabotageakte macht.
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