Neue Champions LeagueUnberechenbar, torreich – und der Schweizer Fussball blamiert sich
Das Modell mit 36 Teams und einer einzigen Rangliste bietet jede Menge Spektakel. Sowie ein YB, das den hiesigen Fussball lächerlich macht.
- Die Aufstockung zeigt zahlreiche unvorhersehbare und hohe Resultate.
- Real Madrids Präsident kritisiert das neue Champions-League-System massiv.
- Die kleineren Clubs strampeln sich ohne viel Hoffnung ab.
Manchmal steht in diesem Herbst Champions League nicht nur auf der Verpackung. Manchmal kommt es vor, dass wirklich auch Champions League drin ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn der FC Liverpool auf Real Madrid trifft und den Rekordmeister teilweise in Grund und Boden rennt.
Die Atmosphäre im Anfield Stadium ist am Mittwoch so, wie sie hier in Europacup-Nächten gern ist. Gerade dann, wenn es gegen den Rekordsieger des Wettbewerbs die Schmach eines 2:5 im Februar vergangenen Jahres zu tilgen gilt. Die Liverpooler strahlen eine Dominanz aus, die ein weiteres Mal beweist, wie sie sich unter Arne Slot weiterentwickelt und dem Vollgasfussball von Jürgen Klopp eine neue Dimension beigemischt haben: sich auch einmal zurückfallen lassen, um Energie für die nächste Angriffswelle aufzunehmen.
Sie gewinnen 2:0 und führen nach fünf Runden die Monstertabelle mit 36 Mannschaften an. Real findet sich gerade mal auf Platz 24 wieder. In diesem neuen Modus ist das deshalb von Bedeutung, weil nach insgesamt acht Spieltagen nur die ersten 24 die Achtelfinals erreichen können – die ersten acht direkt, die anderen über ein Playoff. «Ein unfaires System, das keiner versteht», mosert dieser Tage Reals Präsident Florentino Pérez.
Boykott und Ausfälligkeiten
Dass er das System nicht versteht, ist sein Problem. Und dass er darüber mosert, ist wenig überraschend. Zum einen, weil er dieser Präsident ist, der das Gefühl vermittelt, die Welt müsse nicht nur froh sein, dass es Real gibt, sondern sie müsse auch nach seiner Pfeife tanzen. Darum kommt es schon mal vor, dass sein Verein die Ballon-d’Or-Gala boykottiert, nachdem nicht Vinicius jr. zum Sieger bestimmt worden ist. Und es kommt auch vor, dass er sich kolonialistische Ausfälligkeiten leistet, indem er sich darüber beschwert, auch Journalisten aus «Namibia, Uganda, Albanien und Finnland» hätten abgestimmt.
Zum anderen überrascht seine Kritik am neuen Modus nicht, weil er nach wie vor von einem eigenen Modell einer europäischen Super League träumt, obschon das bei den Spitzenvereinen auf grösste Ablehnung stösst. Und was Pérez grosszügig unterschlägt: Mit seinem Vorstoss hat er die Uefa erst richtig dazu gezwungen, das Modell mit acht Vierergruppen aufzugeben und den Wettbewerb zu modernisieren.
Ob modernisieren als Begriff zu dem passt, was dieser Herbst bisher zu bieten hat, ist nun allerdings die Frage. Mit der Veränderung ist auch die Aufstockung gekommen, von 32 auf 36 Teilnehmer. Und das hat Konsequenzen, die nicht alle durchschaubar sind. Bayern München gewinnt 9:2 und verliert 1:4, Atlético Madrid verliert 0:4 daheim und gewinnt auswärts 6:0, Leverkusen spielt 4:0, 0:4 und 5:0, Sporting Lissabon zerzaust Manchester City 4:1 und geht gegen Arsenal 1:5 unter. Dinamo Zagreb startet mit einem 2:9 und liegt trotzdem vor Real. Ein Viertel aller Spiele, 23 von bisher 90, endet mit hohen bis sehr hohen Resultaten.
Einiges an Unberechenbarkeit ist mit auf dem Rasen. Immer von ein paar Ausnahmen abgesehen, die es ganz oben und ganz unten gibt. Ganz oben von Liverpool natürlich, das makellos über allen thront, von Inter Mailand, das am liebsten 1:0 gewinnt, oder Barcelona, das nach einem Rumpler zu Beginn die Gegner wegfegt, nicht nur die Young Boys, sondern auch die Bayern.
Viel zu viel Fussvolk
Ganz unten wiederum strampelt sich das Fussvolk ab, von dem es viel zu viel gibt, Slovan Bratislava, RB Salzburg, Sparta Prag, Bologna, Leipzig oder Roter Stern Belgrad, auch wenn es nach diversen hohen Niederlagen ein Zucken von sich gibt und den VfB Stuttgart 5:1 deklassiert. Schliesslich sind da noch die Young Boys, die nur eines schaffen: den Schweizer Fussball lächerlich zu machen.
Und was lernen wir aus all dem? Es hat durchaus seinen Reiz, wenn Grössen wie Real und Paris St-Germain darum zittern müssen, die K.-o.-Phase zu erreichen.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.