Schwerer Canyoning-Unfall in Vättis SGSpanische Touristen sterben bei Unglück im Sarganserland
Heftige Gewitterregen haben in der Parlitobelschlucht in Vättis wahrscheinlich vier Todesopfer gefordert. Drei Spanier wurden tot geborgen, ein Mann wird noch vermisst.
Bei einem Canyoning-Unfall in der Parlitobelschlucht bei Vättis kamen am Mittwochabend mindestens drei Personen ums Leben. Gesteins- und Wassermassen rissen vier Männer mit sich. Drei Opfer wurden im Stausee Gigerwald gefunden. Es handelt sich um spanische Touristen aus der Region Nevarra. Ein Mann wird noch vermisst.
Die beiden Frauen, die Alarm geschlagen hatten, werden betreut. Eine der beiden ist die Ehefrau eines der Opfer. Die vier Verunglückten sind 30, 33, 38 und 48 Jahre alt.
In einer Stellungnahme im Kurznachrichtendienst Twitter drückte der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez am Donnerstag gegenüber Familien und Freunden der Verstorbenen sein Mitgefühl aus. Zudem dankte der 48-Jährige allen Personen, die an der grossangelegten Suche am Unglücksort im Kanton St. Gallen beteiligt waren.
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Nach dem vierten Mitglied der Gruppe wurde am Donnerstag noch gesucht. Am Nachmittag musste diese unterbrochen werden, weil der Wasserstand der Bäche wieder angestiegen war. Wegen des schlechten Wetters konnte die Suche gleichentags nicht wieder aufgenommen werden, wie es am Abend bei der Kantonspolizei St. Gallen auf Anfrage hiess. Diese könne frühestens am Freitag weitergehen, sagte ein Polizeisprecher.
Erfahrene Cayoning-Sportler
Eine grössere Gruppe, vier Männer und zwei Frauen, war um 16 Uhr beim Einstiegsort in der Parlitobelschlucht. «Alle sechs gehen zusammen ihrer Leidenschaft des Canyoning-Sports nach», sagte Polizeisprecher Hanspeter Krüsi am Donnerstag an einer Medienkonferenz in Vättis. Die beiden Frauen wanderten zu Fuss wieder ins Tal. Um 18.10 Uhr ereigneten sich ein heftiges Gewitter. Um 19 Uhr schlugen die Frauen Alarm.
«Beim ersten Überflug zeigten sich deutliche Gewittereinwirkungen und Murgänge in der Parlitobelschlucht», sagte Armin Grob, Fachspezialist für Canyoning bei der Alpinen Rettung Ostschweiz.
Ohne Guide unterwegs
Zwei Canyoning-Rettungspezalisten hätten die Suche nach den Vermissten aufgenommen. Ein Opfer wurde in der Einmündung des Stausees gefunden. Zwei weitere im Gigerwaldsee. Ein Mann wird immer noch vermisst. Es stand ein Grossaufgebot von Rettungskräften im Einsatz.
Die Spanier waren ohne Guide in der Schlucht unterwegs, wie Florian Schneider, Sprecher der Kantonspolizei St. Gallen, auf Anfrage der Redaktion Tamedia bestätigt.
Der Canyon im Parlitobel ist offenbar bekannt dafür, dass Niederschläge sich stark auswirken. Das bestätigt der Präsident des Verkehrsvereins von Vättis. Auf einer Canyoningsite heisst es: «Schon nach einer Stunde Regen muss man mit Wasserschwällen bis hin zu Murenabgang rechnen.»
Eine Mitarbeiterin des Berghotels in St. Martin sagt heute auf Anfrage: «Ja, gestern Abend hat es ziemlich heftig geregnet hier hinten.» Mehr wollte sie zum Unglück nicht sagen.
Gewitter in der Region war laut SRF Meteo vorhersehbar
Laut SRF Meteo waren gestern Abend heftige Gewitter mit grossen Regenmengen erwartet worden. Es sei ganz klar gewesen, dass Gewitter mit teils grossen Regenmengen aufziehen würden, sagte Felix Blumer von SRF Meteo auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Gewitter sei von der Zentralschweiz nach Glarus und weiter bis Vättis gezogen, wo um 18.30 Uhr am Unglücksort südlich von Vättis eine Regenmenge von rund 40 Millimetern verzeichnet wurde.
Man habe es über zwei Stunden vorher sehen kommen, dass das Gewitter aufziehen werde. Das Gewitter erreichte laut Blumer die Gefahrenstufe 2 von 3 gemäss europäischen Standards, zudem hatten Wetterdienste davor gewarnt.
Unter normalen Bedingungen gut machbar
Touren in der Parlitobelschlucht werden selten von kommerziellen Anbietern angeboten, sagt Katrin Blumberg, die Präsidentin der Swiss Outdoor Association. Über die Gründe für das Unglück kann sie nur mutmassen.
Die Begehung der Parlitobelschlucht lasse bei normalen Verhältnissen keine besonderen Schwierigkeiten für erfahrene Canyoning-Sportler erkennen, sagte Armin Grob, Fachspezialist Canyoning bei der Alpinen Rettung Ostschweiz, am Nachmittag in Vättis vor den Medien.
Die Schluchten im Carfeisental seien für jedermann zugänglich. «Sie werden auf verschiedenen Internetforen und in Schluchtenführern beschrieben», so Grob. Videobilder von einer Canyoning-Tour im Jahr 2015 in der Parlitobelschlucht zeigen die Verhältnisse vor Ort.
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Die Parlitobelschlucht befindet sich am Anfang des Gigerwaldstausees. Der Ort ist dafür bekannt, dass bei Unwettern immer mal wieder grosse Wassermengen runterkommen. Das zeigt ein Video vom August 2018, das vom Berghotel in St. Martin auf Facebook gepostet wurde.
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Die Schluchten des Sarganserlandes sind bei Freizeitsportlern beliebt. Beim Canyoning werden enge Gebirgsschluchten mit Flüssen durchwandert und durchklettert.
Immer wieder Unfälle, Sicherheitsmassnahmen verschärft
In der Schweiz ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Canyoning-Unfällen gekommen. Das schwerste Unglück ereignete sich 1999, als im Saxetbach im Berner Oberland 18 Touristen und drei Guides ums Leben kamen.
Zwei Jahre später wurden sechs Manager der heute aufgelösten Abenteueragentur, die die Touristengruppe führte, wegen fahrlässiger Tötung für schuldig erklärt, da sie die Risiken nicht angemessen beurteilten.
Als Folge dieses Unglückes wurden Sicherheitsmassnahmen beim Canyoning in der Schweiz verschärft. 2014 trat das Risikoaktivitätengesetz in Kraft.
Dennoch kam es auch danach immer wieder zu Canyoning-Unglücken, namentlich im Tessin.
step/cpm/red
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