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Cannabis-Legalisierung
9.80 Franken pro Gramm: Ein angemessener Preis für legales Gras?

Junger Mann dreht einen Marihuana-Joint auf einem Holztisch.
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In Kürze:
  • Cannabis ist auf dem Schwarzmarkt heute sehr leicht erhältlich.
  • Falls Cannabis in der Schweiz legal verkauft werden dürfte, müsste der legale Markt den Schwarzmarkt konkurrieren.
  • Neben dem Preis sind für die Konsumierenden auch die Qualität der Ware und der sichere Zugang wichtig.

Eine Whatsapp-Nachricht an den Dealer, 15 Minuten später steht er mit dem Gras vor der Tür. Oder: via Telegram bestellen, mit Bitcoin bezahlen und die Lieferung bequem per Post erhalten. Besonders in den Städten ist Cannabis heute sehr leicht erhältlich.

Falls Cannabis in der Schweiz legalisiert wird, muss der legale Markt mit dem Schwarzmarkt konkurrieren. Nicht um den Konsum zu fördern, sondern um Konsumenten vom illegalen Handel abzuziehen. «Rund 300’000 Menschen konsumieren in der Schweiz regelmässig Cannabis und können es auf dem Schwarzmarkt in kürzester Zeit beschaffen», sagt Barbara Gysi: «Dieser Tatsache müssen wir uns stellen.»

Gysi ist Präsidentin der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats, die den Vorentwurf für ein Cannabis-Gesetz ausgearbeitet hat. Um den Schwarzmarkt einzudämmen, sei die Preispolitik ein wichtiges Instrument, so Gysi: «Der Preis soll hoch genug sein, um abzuschrecken, aber tief genug, um die Leute vom illegalen Konsum wegzubringen.»

Die wichtigsten Eckpunkte des Gesetzes:

  • Erwachsene sollen legal Cannabis anbauen, kaufen, besitzen und konsumieren dürfen.

  • Die Produktion soll gewinnorientiert sein, der Vertrieb nicht.

  • Der Verkauf wäre durch ein staatliches Monopol geregelt.

  • Wer weiterhin auf dem Schwarzmarkt Gras kauft, müsste mit härteren Strafen rechnen.

Fixe Preise im Zürcher Pilotprojekt

Wie die Regulation der Cannabis-Preise aussehen kann, zeigt das Stadtzürcher Pilotprojekt «Züri Can»: Alle Verkaufsstellen führen dasselbe Angebot, drei Sorten Haschisch und zehn Sorten Cannabis-Blüten, zu fixen Preisen.

Verantwortlich für die Preisgestaltung im Rahmen von «Züri Can» ist eine Forschungsgruppe an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (PUK) unter der Leitung von Marcus Herdener und Carlos Nordt. Mittels einer Umfrage stellten die Forscher fest, dass die Preise auf dem Schwarzmarkt konstant sind: «Ein Gramm Cannabis kostet 10 Franken, und das seit 30 Jahren», so Nordt. Für «Züri Can» legten die Studienleiter tiefere Preise zwischen 7 und 9.80 Franken fest.

Eine Person hält eine Lupe und untersucht eine Cannabispflanze in einer Nahaufnahme, aufgenommen in der Löwen Apotheke in Zürich.

Die Preise seien auch ein Mittel, um den Konsum zu lenken, erklärt Marcus Herdener: «Risikoreichere Produkte mit höherem TCH-Gehalt sind teurer.» Für Verkaufsstellen hingegen sind die Margen gleich: «Die Verkäufer sollen keinen Vorteil daraus ziehen können, die teureren und schädlicheren Produkte zu verkaufen», so Herdener.

Auch die zuständige Nationalratskommission setzt auf Preisregulierung und sieht im Vorentwurf eine Lenkungsabgabe vor. «Ähnlich wie die CO2-Abgabe soll auch die Cannabis-Lenkungsabgabe an die Bevölkerung rückverteilt werden», erklärt Kommissionspräsidentin Gysi, und zwar mittels Abzug von den Krankenkassenprämien. Schliesslich trage die Bevölkerung die Kosten, wenn ein Cannabis-Konsument ärztliche Behandlung benötige.

Andere Kommissionsmitglieder forderten statt einer Lenkungsabgabe eine Steuer, die zum Beispiel der AHV zugutekommen könnte. Barbara Gysi hält das für falsch: «Die Cannabis-Legalisierung ist keine Finanzbeschaffungsmethode.» Auch wenn das legale Cannabis nicht zu günstig sein dürfe, solle nicht der Eindruck entstehen, dass der Bund mit dem Verkauf von Cannabis hohe Einnahmen erzielen wolle.

Qualität als Mittel gegen den Schwarzmarkt

Gregory Nöthiger ist zuversichtlich, dass sich der illegale Handel eindämmen lässt: «Die Leute sind froh, wenn sie nicht auf den Schwarzmarkt müssen.» Nöthiger führt als Teil eines Vereinsvorstands den Social Club «Zum Hirschen». Es ist einer von zehn solchen Clubs, die im Rahmen von «Züri Can» berechtigt sind, Cannabis zu verkaufen. Auch Apotheken und das Drogeninformationszentrum (DIZ) verkaufen Cannabis, bieten den Studienteilnehmern jedoch im Gegensatz zu den Social Clubs keinen Rahmen für den Konsum.

Aus der Erfahrung der letzten eineinhalb Jahre weiss Nöthiger: «Für die Konsumenten ist nicht nur der Preis ausschlaggebend, sondern auch andere Faktoren.» Dazu zählen die Qualität des Cannabis und der sichere Zugang. «Auf der Strasse bekommen Konsumenten oft verunreinigte Ware und wissen nie genau, wie hoch der THC-Gehalt ist», erklärt Nöthiger: «Im Social Club hingegen haben sie Zugang zu Schweizer Bio-Cannabis aus dem kontrollierten Anbau.»

Dass gute Qualität und Auswahlmöglichkeit für die Konsumenten wichtig sind, bestätigen die PUK-Forscher Herdener und Nordt. Herdener betont aber: «Die hohe Qualität des Cannabis darf man nicht bewerben.» Denn: «Es soll nicht darum gehen, jemanden zum Konsum zu bringen.» Damit die öffentliche Gesundheit bei einer Legalisierung im Fokus steht, fordern Herdener und Nordt auch auf nationaler Ebene wissenschaftliche Begleitung.

Dank Innovation zu risikoärmerem Konsum?

Mehr Leute zum Cannabis-Konsum animieren, das will niemand – auch nicht Gregory Nöthiger. Trotzdem sei das Betreiben des Social Clubs für ihn ein Hobby geworden. «Ein aufwendiges Hobby», sagt Nöthiger jedoch: Der Verein «Zum Hirschen» öffnet deshalb seine Türen nur einen Tag pro Woche. Sie haben das Glück, Räumlichkeiten in einem Nachtclub untermieten zu können: «Andere Social Clubs hatten Schwierigkeiten, die Mieten zu decken und in die Installation von Lüftungsanlagen zu investieren», so Nöthiger. 

Nöthiger glaubt deshalb, es werde längerfristig nicht möglich sein, das Modell der Social Clubs auf ehrenamtlicher Basis zu erhalten. Er übt ausserdem Kritik am Vorentwurf der Nationalratskommission, der vorsieht, dass die Cannabis-Verkaufsstellen nicht gewinnorientiert sein dürfen: «Das bremst Innovation.»

Nahaufnahme einer Person, die einen Joint mit einem Feuerzeug anzündet.

Innovation im Bereich von Cannabis? Das stehe nicht im Widerspruch mit dem Ziel, den Konsum zu reduzieren und risikoärmer zu machen: «Innovation bedeutet auch, die Leute dazu zu bringen, Cannabis auf weniger schädliche Art zu konsumieren.» Gemäss Nöthiger könnten geschäftsorientierte Cannabis-Verkäufer etwa Lösungen vorantreiben, die den Konsum von THC-Esswaren oder das Verdampfen von Cannabis im Vape als Alternative zum klassischen Rauchen fördern.

Die Suchtforscher Marcus Herdener und Carlos Nordt sind anderer Meinung: «Es hat sich gezeigt, dass der Cannabis-Konsum in marktwirtschaftlichen Modellen, wie sie die USA kennen, steigt», sagt Nordt. Die Prävention komme dort zu kurz. Die Forscher begrüssen, dass gemäss nationalem Gesetzesvorentwurf alle Überschüsse der Verkaufsstellen in die Prävention und die Regulierung fliessen.

Welche Verkaufsstellen das sind, bleibt offen. Das Parlament wird diese Fragen weiter diskutieren: «Die Regulierung muss umfassend sein», betont SP-Nationalrätin Barbara Gysi: «Denn Cannabis wird weiterhin als Betäubungsmittel eingestuft.» Eine Volksabstimmung über das Cannabis-Gesetz ist frühestens 2027 möglich.