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Bundesratswahl im Ticker
Kein klarer Favorit am Vorabend – Es könnte knapp werden

Artikel zum Thema

Der Wahlkampf: Wie Martin Pfister gegen Markus Ritter aufgeholt hat

Markus Ritter: Der Bauernpräsident will Bundesrat werden

Martin Pfister: Wie tickt der Zuger Bundesratskandidat?

Umfrage von Tamedia und «20 Minuten»: Mitte-Kandidaten fallen bei der Bevölkerung durch

­­Die Bilanz des Abends: Die Würfel sind noch nicht gefallen

Kein Geheimplan, keine Sprengkandidatin – aber auch kein klarer Favorit: Markus Ritter und Martin Pfister haben beide intakte Chancen, am Mittwoch in den Bundesrat gewählt zu werden. Das sagen zumindest viele an der Vorwahlparty im Bellevue. Ob sie es auch denken? Ritter war zunächst der Favorit. Dann überholte ihn Pfister. Zuletzt – sagen manche – habe Ritter wieder aufgeholt. Und nun? Fortsetzung folgt morgen Mittwoch, ab 7 Uhr.

Wie viele Stimmen erhält Gerhard Pfister, der Parteipräsident?

«Alles offen»: Das ist die Botschaft von Mitte-Präsident Gerhard Pfister am Vorabend der Wahl. Könnte es nicht sein, dass am Ende doch er gewählt würde? Auf diese Frage sagt Pfister, wenn er alle Stimmen zusammenzähle, die er in früheren Bundesratswahlen erhalten habe, fehlten im etwa noch 20 Stimmen zur Wahl. Er sei aber froh, wenn er diese Stimmen morgen nicht erhalte, fügt er lachend an – und verschwindet in der Menge.

Esther Friedli bleibt Team St. Gallen

SVP-Ständerätin Esther Friedli schaut nur kurz im Bellevue vorbei. Den Abend hat sie mit fraktionsübergreifendem Jassen verbracht – gemeinsam mit Mathias Zopfi, Isabelle Chassot und Jakob Stark. Sie sei optimistisch für den St. Galler Markus Ritter, sagt Friedli.

«Da bröckelten meine letzten Ambitionen»

Ein Ständerat – der nicht namentlich genannt werden möchte – hat seine eigenen Bundesratsambitionen während der Hearings begraben. Er stellte sich vor, wie er dasitzen würde und Fragen auf Französisch beantworten müsste. «Und da bröckelten die letzten Ambitionen.» In der Runde ist man sich einig: In Sachen suboptimaler Fremdsprachenkenntnisse unterscheiden sich Ritter und Pfister kaum. Der grösste Unterschied, heisst es, sei die Anzahl Worte pro Minute.

Person telefoniert bei der Nacht der langen Messer im Hotel Bellevue Bern vor der Bundesratswahl.

«Die Chancen auf einen Zuger Bundesrat sind so gut wie noch nie»

Der Zuger Mitte-Ständerat Peter Hegglin hat Hoffnung: «Die Chancen auf einen Zuger Bundesrat sind so gut wie noch nie», sagt er. Um sogleich anzufügen, in dieser Aussage liege wohl eine gute Portion Zweckoptimismus. Gestern habe er das Gefühl gehabt, die Waagschale neige sich in Richtung Pfister. Heute sei er nicht mehr so sicher.

«Aber was spricht für ihn?»

Das Bellevue hat sich gefüllt, die Politprominenz wird gesprächiger. Eine Gruppe diskutiert, was eigentlich für Martin Pfister spreche, abgesehen davon, dass er nicht Markus Ritter sei. Damit zitieren lassen will sich dann aber niemand. Man möchte es sich schliesslich nicht mit jemandem verderben, der morgen vielleicht Bundesrat ist.

­Hannes Germann geht von nur einem Wahlgang aus

«Gewählt ist….» Wie viele Wahlgänge wird es brauchen, bis die Nationalratspräsidentin den berühmten Satz sagt? SVP-Ständerat Hannes Germann kann sich vorstellen, dass die Wahl schon im ersten Wahlgang entschieden wird. Er gehe nicht davon aus, dass Spielchen stattfänden. Ausser – scherzt er – es finde sich im Bellevue noch eine weibliche Sprengkandidatin.

Menschenmenge in der Lobby des Hotels Bellevue in Bern während der Nacht der langen Messer vor der Bundesratswahl. © Adrian Moser / Tamedia AG

Die lustigste Szene im Hearing

In den Hearings gab es – so erfährt man nun – auch lustige Momente. Markus Ritter wurde bei den Grünen auf die Pflegeinitiative angesprochen – und referierte über Ernährungssouveränität. Also Landwirtschaft. Die Grünen waren leicht irritiert. Bis sie merkten: Er hatte Vegi-Initiative verstanden. Nationalrätin Marionna Schlatter zeigt Verständnis für das Missverständnis. Ritter habe das Hearing bei den Grünen wohl ein wenig gestresst. Er habe von den Grünen halt so grüne Sachen erwartet.

Marionna Schlatter von den Grünen im Gespräch mit einem Mann im Hotel Bellevue in Bern während der Nacht der langen Messer vor der Bundesratswahl. © Adrian Moser / Tamedia AG

Politologe Adrian Vatter: «Insider versus Outsider»

Politologe Adrian Vatter wagt keine Prognose. Das spezielle an dieser Wahl sei, dass zwei unterschiedliche Kriterien im Spiel seien. Zum einen das Kriterium Insider/Outsider, zum anderen die Persönlichkeiten. Beide Kriterien seien normalerweise wichtig. In diesem Fall stünden sie aber im Kontrast zueinander. Ritter, der Insider, sei schon vielen auf die Füsse getreten und nicht der Umgänglichste. Der Outsider, Martin Pfister, sei im Umgang verträglich und habe schon in einer Regierung bewiesen, dass er sich kollegial verhalte. Er sei aber nicht gut vernetzt.

Personen stehen in einer Runde, nur die Beine sind sichtbar, bei einem Treffen im Hotel Bellevue Bern vor der Bundesratswahl.

Martin Bäumle: «Es gibt viele Unentschlossene»

Die Sache sei nicht so klar, wie sie zuweilen dargestellt werde, findet einige Parlamentsmitglieder. Zu ihnen gehört GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Er geht davon aus, dass viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier am Vorabend der Wahl noch unentschlossen sind. Man wisse halt auch nie, wie sich die Menschen entwickelten. «Manche wachsen im Amt, andere nicht.»

Gäste mit Bier im Hotel Bellevue Bern vor der Bundesratswahl. © Adrian Moser / Tamedia AG

Martin Candinas bereut seine Entscheidung nicht

Mitte-Nationalrat Martin Candinas geht von einem knappen Ausgang der Wahl aus – von fünf bis zehn Stimmen Unterschied. Die Entscheidung werde aber bereits im zweiten Wahlgang fallen. Bereut er nun, nicht kandidiert zu haben? «Nein, ganz sicher nicht», sagt Candinas. «Ich musste eine Nacht darüber schlafen, dann war für mich klar, dass ich nicht kandidiere.»

Martin Candinas bei der Nacht der langen Messer im Hotel Bellevue Bern vor der Bundesratswahl.

­Mark Balsiger: «Ritter ist nicht der beliebteste Kaffee-Buddy»

Politanalyst Mark Balsiger hat früher jeweils Modelle für die Wahl erstellt. Diesmal nicht. Anders als bei anderen Wahlen habe er auch keine Wette abgeschlossen, sagt Balsiger. «Die Ausgangslage ist für mich nicht lesbar.» Er geht aber davon aus, dass die Wahl im zweiten, spätestens im dritten Wahlgang entschieden sein wird, da es keine Sprengkandidaten gebe. Oft sei das entscheidende Kriterium die persönliche Nähe. Das Problem von Markus Ritter: «Alle haben zwar schon mit Ritter Kaffee getrunken, aber nicht alle erinnern sich gerne daran.»

Mark Balsiger, Kommunikationsberater, unterhält sich in einem eleganten Raum. © Adrian Moser / Tamedia AG

­Hasen in Gold und Plüsch

Noch ist der Dichtestress im Bellevue gering, die Wartezeit an der Bar kurz. Man sinniert über Ritter, Pfister – und die Osterdeko: Hasen in Gold und Plüsch, versteckt zwischen Kirschblüten. Gäbe es einen Geheimplan, wären sie die Zeugen.

Personenversammlung im Hotel Bellevue in Bern, dekoriert mit Osterdekorationen, darunter Blumen und goldene Hasenfiguren. © Adrian Moser / Tamedia AG

Orakel Steinemann: «Wenn ich wetten müsste, dann auf Ritter»

Sie lag bei den letzten beiden Bundesratswahlen richtig: SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann hatte damals am Vorabend im Bellevue auf Elisabeth Baume-Schneider (statt Eva Herzog) und auf Beat Jans (statt Jon Pult) getippt. Heute ist sie unschlüssig. Es sei schwierig. Aber: «Wenn ich wetten müsste, würde ich auf Ritter wetten.» Das entspricht der Präferenz ihrer Fraktion: Die SVP hat bekannt gegeben, dass sie mehrheitlich Ritter wählen werde. Steinemann sagt aber, das sei nicht der Grund für ihre Einschätzung. Sie habe den Eindruck, dass sich das Blatt zugunsten von Ritter gewendet habe im Bundeshaus. Er sei besser vernetzt und berechenbarer.

Eine Frau mittleren Alters lächelt in die Kamera, umgeben von grünen Pflanzen und rotem Hintergrund.

­­­­­­Wermuth und Cottier: «Alles möglich, alles offen»

Im Bellevue treffen die ersten Polittouristen ein. Die Profis sind noch beim Abendessen. Ausser SP-Co-Präsident Cédric Wermuth und FDP-Fraktionschef Damien Cottier. Sie sitzen beim Bier und warten auf einen TV-Auftritt. Gesprächsthema: Die Resultate kantonaler Wahlen. Zur Bundesratswahl halten sie sich bedeckt: Alles sei möglich, alles offen.

Elegantes Hotel-Interieur mit Glasdecke und prunkvollen Kronleuchtern, beleuchtet in warmem Licht.

Jetzt folgt die «Nacht der langen Messer» – aber weshalb wird die eigentlich so genannt?

Am Vorabend der Bundesratswahlen treffen sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier gern in Berner Beizen, um letzte Absprachen zu treffen oder einfach die (je nach Ausgangslage etwas künstliche) Aufregung vor der Wahl zu geniessen. Seit dem Jahr 1983 ist jeweils von der «Nacht der langen Messer» die Rede. Was ist damals passiert?

Bis am Morgen des Wahltags gingen damals die meisten Beobachter davon aus, dass Lilian Uchtenhagen – wie von ihrer Partei, der SP, vorgeschlagen – die Nachfolgerin von Willi Ritschard werden würde. Doch tags darauf wurde schon im ersten Wahlgang überraschend Otto Stich gewählt. Es war ein Manöver in letzter Minute gewesen, ein Geheimplan, der in der Nacht vor der Wahl finalisiert wurde. Bis heute im Gedächtnis dürfte vielen die Abwahl von Ruth Metzler und später diejenige von Christoph Blocher sein, die ebenfalls das Produkt von Absprachen bis zur letzten Minute gewesen waren.

Historisch ist der Begriff aber vorbelastet - in Deutschland verwendet man «Nacht der langen Messer» bis heute für einen von Adolf Hitler orchestrierten Massenmord an Mitgliedern der SA und politischen Gegnern vor dem Zweiten Weltkrieg. 

Es darf gerechnet werden!­

Reicht es? Reicht es nicht? Für die Teams der beiden Bundesratskandidaten heisst es in den letzten Stunden vor der Wahl: Rechnen! Haben sie eine Fraktion mehrheitlich hinter sich? Wie viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier aller politischen Couleur haben ihnen in persönlichen Gesprächen ihre Unterstützung zugesichert? Wem können sie trauen, und bei wem ist das Risiko hoch, dass er oder sie im Geheimen doch anders stimmt?

246 Sitze hat die Vereinigte Bundesversammlung - also Nationalrat und Ständerat zusammen. Hier die Fraktionsstärken im Überblick. Alle Fraktionen haben erklärt, dass die Mitte Anspruch auf den Bundesratssitz hat. Die meisten geben ihren Mitgliedern keine Empfehlung ab. Eine Vorgabe - der sogenannte Fraktionszwang - wäre ohnehin verboten. Es handelt sich um eine geheime Wahl und jeder Parlamentarier und jede Parlamentarierin entscheidet selbst. 

SVP: 74 Sitze - Unterstützt mehrheitlich Markus Ritter

SP: 50 Sitze - Keine Empfehlung

Mitte 46 Sitze - Keine Empfehlung

FDP: 38 Sitze - Keine Empfehlung

Grüne: 26 Sitze - Keine Empfehlung

GLP: 12 Sitze - Sympathien für Martin Pfister ausgedrückt, aber keine ausdrückliche Empfehlung

Grüne geben vorerst keine Empfehlung ab

Die Grünen wollen erst am Mittwochmorgen entscheiden, ob sie eine Empfehlung für einen Kandidaten abgeben. Fraktionschefin Aline Trede konstatiert vor den Medien, ein Viertel der Wählenden sei im Bundesrat weiterhin nicht vertreten. Auch müsse sie feststellen, dass alle künftigen Mitglieder des Bundesrats innerhalb von nur acht Jahren auf die Welt gekommen seien. Frauen und jüngere Generationen seien künftig noch stärker untervertreten. Nationalrat Fabien Fivaz ergänzt: „Der Bundesrat wird noch rechter und noch männlicher“.

Laut Trede haben den Grünen beide Kandidaten zugesichert, dass sie ihre «spezielle Rolle als grösste Oppositionspartei» anerkennen und eng mit ihnen zusammenarbeiten wollen. Auf die Frage, weshalb die Grünen keinen wilden Kandidaten oder eine Kandidatin wählen, sagt Trede: „Wir haben entschieden diesen Sitz nicht zu attackieren, weil die Mitte Anspruch hat auf einen Sitz im Bundesrat.“ Und wenn die Grünen alleine jemanden abseits des Tickets wählen würden, sei das Risiko zu gross, dass die Wahl am Ende nicht in ihrem Sinne Ende. „Einen Alleingang machen wir sicher nicht“. So wie es aktuell aussehe, würden die Grünen vom Ticket wählen, auch wenn sie von den beiden Kandidaten nicht begeistert seien. Es sei schwierig zu sagen, welcher der Kandidaten den Grünen näher stehe. Dass Markus Ritter in Umweltfragen sehr weit weg sei von den Positionen der Partei, sei ja bekannt, so Trede. Aber Pfister komme gleichzeitig aus dem Kanton Zug. Dort habe er sich nicht für stärkere Sanktionen gegen den russischen Rohstoffhandel eingesetzt.

Zwei Personen bei einer Pressekonferenz, umgeben von Mikrofonen verschiedener Medien, stehen vor einem grünen Hintergrund mit Logos.

­Die SP lässt sich nicht in die Karten blicken

Die SP spricht erwartungsgemäss keine Wahlempfehlung aus. Die Fraktion habe eine erste Diskussion geführt, sagt Fraktionschefin Samira Marti nach den Hearings. Sie werde am frühen Mittwochmorgen weiterdiskutieren. Die SP-Stimmen dürften mehrheitlich an Martin Pfister gehen. Es wird aber damit gerechnet, dass Ritter zumindest einzelne Stimmen erhält.

Der Anspruch der Mitte auf den Bundesratssitz sei unbestritten, sagt Marti. Dass nach der Wahl vom Mittwoch nur noch zwei Frauen im Bundesrat sässen, sei für die SP als Gleichstellungspartei aber ein «staatspolitisches Drama».

Samira Marti und Samuel Bendahan, Co-Fraktionschefs der SP, beantworten Fragen der Journalisten im Bundeshaus in Bern, März 2025.

Pfister: «Ich war die letzten Jahre in einer Regierung, die eine wirtschaftsliberale Politik gemacht hat, eine gesellschaftsliberale auch.»

Pfister ist zufrieden mit dem Verlauf der Hearings. Eine Einschätzung, wie stark er bei den Linken punkten konnte, will er jedoch nicht abgeben. Zur Frage, bei welchen Themen sich seine Position am stärksten von derjenigen Ritters unterscheidet sagt er: «Ich war die letzten Jahre in einer Regierung, die eine wirtschaftsliberale Politik gemacht hat, eine gesellschaftsliberale auch.» Damit bringe er andere Erfahrungen mit als Markus Ritter. Werten wolle er diese nicht.

Personen in formeller Kleidung steigen eine Treppe in einem eleganten Gebäude hoch.