Dokumente zum RahmenabkommenBundesrat reicht Strafanzeige wegen Indiskretionen ein
In der Schlussphase der Verhandlungen mit der EU waren mehrfach interne Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt. Die Bundesanwaltschaft hat ein Strafverfahren wegen Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses gegen Unbekannt eröffnet.
Der Bundesrat hat wegen Indiskretionen im Vorfeld seines Entscheides gegen das Rahmenabkommen Strafanzeige eingereicht. In der Schlussphase der Verhandlungen mit der EU waren mehrfach interne Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt.
«Ich kann bestätigen, dass der Bundesrat Strafklage eingereicht hat wegen Indiskretionen im Zusammenhang mit dem Dossier des Rahmenabkommens mit der EU», sagte Bundesratssprecher André Simonazzi am Samstag der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zuvor hatte die «Schweiz am Wochenende» darüber berichtet.
Die Bundesanwaltschaft (BA) teilte auf Anfrage mit, dass sie deswegen ein Strafverfahren wegen Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses gegen Unbekannt eröffnet habe. Um welche Dokumente es geht, sagten wegen des laufenden Verfahrens weder die BA noch Simonazzi.
In den vergangenen Wochen waren Schweizer Medien mehrmals geheime Unterlagen zugespielt worden: So lag dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF ein internes Papier über die Folgen eines Verhandlungsbruchs vor, der «Sonntagsblick» hatte einen Auszug aus dem Verhandlungsmandat veröffentlicht und ein Mitbericht von Verteidigungsministerin Viola Amherd war über den «Tages-Anzeiger» an die Öffentlichkeit gelangt.
Cassis: Volksnein wäre viel gravierender gewesen als Abbruch
Ein Volksnein zum Rahmenabkommen mit der EU hätte gravierendere Folgen gehabt als der Entscheid des Bundesrates. Ausserdem wären die Konsequenzen des Abkommens für die Schweiz schlimmer gewesen, als der Abbruch der Verhandlungen, sagte Aussenminister Ignazio Cassis.
Aufgrund der «substantiellen Differenzen» mit der EU sei es dem Bundesrat am Ende klar geworden, dass die Vorlage «nie durch das Volk» gekommen wäre», sagte Cassis in der «Samstagsrundschau» von SRF. Unter anderem deshalb habe die Regierung ihre Verantwortung wahrgenommen und den Entscheid zum Abbruch getroffen.
Nach Ansicht von Cassis wäre es innenpolitisch nicht angebracht gewesen, das Volk zu einer Vorlage zu befragen, die der Bundesrat selber nicht unterstützte. Die Regierung habe noch nie eine europapolitische Abstimmung verloren. Ein Nein bei einer Abstimmung hätte deshalb gravierendere Folgen gehabt für Beziehung der Schweiz zur EU als dieser Entscheid des Bundesrates.
Zudem komme eine Vorlage nur vors Parlament, wenn der Bundesrat ihr selber zustimme. Am Ende sei die Regierung aber zur Überzeugung gelangt, dass die staatspolitischen Konsequenzen des Rahmenabkommens – selbst im Fall eines Worst-Case-Szenarios – für die Schweiz schwerer gewesen wären, als ein Abbruch der Verhandlungen.
Dieser Entscheid sei gemäss den Grundregeln der Schweizer Verfassung und den Gesetzen gefällt worden. Das Parlament könnte zwar die Verfahrensregeln ändern. Aber so schnell werde das nicht möglich sein.
Er habe das Rahmenabkommen mit der EU an dutzenden Veranstaltungen erklärt. Trotzdem sei er jetzt erleichtert, dass der Bundesrat nach so vielen Jahren des Hin und Hers, «nach so vielen Phasen mit kontinuierlichen Präzisierungen» einen Entscheid gefällt habe, sagte Cassis.
SDA
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