Asylminister geht in die OffensiveJans präsentiert Asyl-Pläne: «Es ist keine linke Politik, bei Problemen wegzuschauen»
Bundesrat Beat Jans gibt sich anpackend: Bei einem Besuch in Chiasso hat er eine Reihe von Massnahmen angekündigt.
Neue Bundesratsmitglieder geniessen eine Schonfrist von 100 Tagen, um sich einzuarbeiten. Erst danach treten sie vor die Medien und kündigen ihre Pläne an. So will es die Tradition, und die meisten richten sich danach. Anders Justizminister Beat Jans. An seinem 51. Arbeitstag hat er das Asylzentrum in Chiasso besucht, sich mit den lokalen Behörden ausgetauscht – und anschliessend vor den Medien eine Reihe von Massnahmen angekündigt.
Auch seine Vorgängerin im Departement, SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, war in Chiasso – allerdings nicht nach so kurzer Zeit im Amt und ohne konkrete Ankündigungen. An ihrer Medienkonferenz nach 100 Tagen im Amt stellte Baume-Schneider zudem nicht das Asylthema in den Vordergrund, sondern Themen, die im politischen Alltag weniger Aufmerksamkeit erhalten.
Offensive Strategie
Jans wählt nun eine andere Strategie. Er geht das Asylthema offensiv an und versucht zu signalisieren, dass er Probleme anpackt. Probleme wie die Sicherheit rund um Asylzentren. Oder den Pendenzenberg von Asylgesuchen – momentan stapeln sich 15’000. Oder die Tatsache, dass rund ein Viertel der Asylgesuche von Personen gestellt wird, die geringe Aussicht auf Asyl haben – und dass manche Personen aus nordafrikanischen Ländern Asylzentren als Wochenendunterkunft nutzen.
Gegen all das will der neue Asylminister vorgehen. Das Ziel: Asylsuchende ohne Chance auf Asyl davon abhalten, in der Schweiz ein Asylgesuch zu stellen. Das Asylsystem sei dazu da, jenen Schutz zu bieten, die Schutz benötigten, sagte Jans. «Asylzentren sind keine Notschlafstellen.»
Es möge erstaunen, solches aus dem Mund eines SP-Bundesrates zu hören, stellte Jans fest. Doch: «Es ist keine linke Politik, bei Problemen wegzuschauen.» Denn es gehe hier nicht um Ideologien, sondern um berechtigte Anliegen der Bevölkerung. Als Kritik an seiner Partei wollte er das nicht verstanden wissen, wie er auf eine Nachfrage versicherte. Dass er ein anderes Image anstrebt, als es seine Vorgängerin hatte, scheint aber offensichtlich.
Kein Zugang an Wochenenden
Konkret kündigte der neue Justizminister an, für Personen aus nordafrikanischen Staaten bis Ende April in allen Asylzentren 24-Stunden-Verfahren einzuführen. Diese Massnahme soll vor allem abschreckend wirken. Asylsuchende mit geringer Aussicht auf Anerkennung sollen zudem ihr Asylgesuch vorab schriftlich begründen müssen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) prüft derzeit, welche rechtlichen Anpassungen dafür nötig sind.
Weiter sollen Asylgesuche nur noch unter der Woche eingereicht werden können. Damit will Jans verhindern, dass Asylsuchende das Wochenende in einem Bundesasylzentrum verbringen und am Montagmorgen wieder abreisen, bevor ihre Fingerabdrücke erfasst werden und das Asylverfahren formal eröffnet wird. Vulnerable Asylsuchende wie allein reisende Frauen, Familien, unbegleitete Minderjährige oder alte Menschen sollen aber weiterhin am Wochenende aufgenommen werden. Auch hier muss das SEM noch prüfen, wie die Massnahme umgesetzt werden kann.
Besserer Informationsaustausch
Gegen kriminelle «Intensivtäter» will Jans ebenfalls vorgehen. Es seien wenige, sagte er. Aber für die Bevölkerung und auch für die anderen Asylsuchenden stellten sie eine Belastung dar. Dagegen soll ein besserer Informationsaustausch unter den Behörden helfen – und ein «Case-Management». Jans appellierte an die Kantone, die strafrechtlichen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, beispielsweise die Ausschaffungshaft.
Nicht zu Jans’ Plänen zählt die Auslagerung von Asylverfahren ins Ausland. CH Media hat am Dienstag geschrieben, der Bundesrat prüfe dies. Jans sagte auf eine Frage dazu, die Landesregierung wolle lediglich eine Auslegeordnung vornehmen. Dies verlangt FDP-Ständerat Andrea Caroni. Der Bundesrat beantragt dem Parlament, das Postulat anzunehmen. Er will also einen Bericht verfassen. In der letzten Analyse kam der Bundesrat zum Schluss, eine Auslagerung von Asylverfahren ins Ausland wäre rechtlich problematisch. Jans gab zu bedenken, man müsste auch erst einen Staat finden, der einverstanden wäre.
Nicht geplant ist laut Jans ferner ein neuer Anlauf, die Engpässe bei der Unterbringung mit Wohncontainern zu lösen. Baume-Schneider war damit im Parlament gescheitert. Jans sagte, er habe den Ansatz geprüft – und verworfen, weil er chancenlos sei. Ganz am Ende, als die Fragen detaillierter wurden, rief Jans in Erinnerung, dass er noch keine 100 Tage im Amt sei.
Seine Massnahmen sind vorerst Ankündigungen. Vieles muss noch geprüft werden, umgesetzt ist noch nichts. Klar ist: Mit den Ankündigungen hat Jans auch Erwartungen geschürt, die er nun erfüllen muss. Er hat sich die Hürden hoch gelegt. Von Kritik dürfte er aber ohnehin nicht verschont bleiben: Bereits nächste Woche wird sich Jans den Fragen im Parlament stellen müssen.
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