Ärztetarif TardocBundesrat fordert Verbesserungen bei Kostenneutralität
Der neue Ärztetarif soll eigentlich Fehlanreize beseitigen – und so die Kosten senken. Dieses Ziel ist aus Sicht der Regierung noch nicht erreicht.
Seit zwanzig Jahren rechnen Spitäler und Ärzte mit dem Tarifsystem Tarmed ab. Das wird bis auf weiteres so bleiben. Der Bundesrat hat die neue Tarifstruktur namens Tardoc auch im vierten Anlauf nicht genehmigt. Die Kostenneutralität sei nicht gegeben.
«Wenn wir Tardoc jetzt genehmigen würden, stiegen die Gesundheitskosten und damit auch die Krankenkassenprämien», sagte Gesundheitsminister Alain Berset vor den Medien in Bern. Dieses Risiko dürfe der Bundesrat nicht eingehen. «Das wäre nicht gesetzeskonform.»
Gemäss Schätzungen des Bundesamts für Gesundheit wäre nur schon aufgrund der neuen Tarifpositionen zur Finanzierung von Spitalnotfallvorhalteleistungen mit jährlichen Mehrkosten von rund 220 Millionen Franken zu rechnen. Insgesamt seien die finanziellen Auswirkungen von Tardoc bei dessen Einführung nicht abschätzbar.
Zwar weise Tardoc verschiedene Elemente auf, die im Vergleich zu Tarmed als deutliche Verbesserung zu werten seien, heisst es im Prüfbericht, den der Bundesrat als Basis für seinen Entscheid studiert hat. Es brauche jedoch weitere Verbesserungen.
Berset macht Tarifpartnern Mut
Berset betonte mehrmals, dass Versicherer, Spitäler und Ärzteschaft auf dem richtigen Weg seien. Tardoc biete die Basis für einen neuen Einzelleistungstarif. Es seien «erfreulich grosse Fortschritte» erzielt worden. Der Entscheid des Bundesrats solle nicht das Ende von Tardoc sein.
«Ich verstehe, dass die Akteure heute enttäuscht sein werden», so Berset. Der Bundesrat zeige aber Wege auf, wie man die Mängel beseitigen könne. «Es ist möglich, die Unterlagen zu verbessern.» Der Bundesrat wolle, dass die Tarifpartner konstruktiv weiterarbeiteten.
Die wichtigsten Verbände des Gesundheitswesens stehen kurz vor der Gründung einer Gesellschaft für die Entwicklung ambulanter Arzttarife, wie am Donnerstag bekannt wurde. Berset hofft, dass künftig möglichst viele am gleichen Strick ziehen. Auch der Spitalverband H+ und der Krankenkassen-Dachverband Santésuisse müssten sich bereiterklären, mitzuarbeiten. «Es gibt kein Vetorecht einer Organisation.»
Pauschalen in weiter Ferne
Tatsächlich bezeichnete Santésuisse den neuen Arzttarif bislang als «passé», da er zu viele Fehlanreize berge. Ginge es nach ihm, sollten Pauschalen die einzeltarifierten Leistungen sofort ablösen. Berset rechnet aber nicht damit, dass dies der Fall sein wird. «Der Reifegrad von Tardoc ist viel fortgeschrittener als derjenige der Pauschalen.»
Konsens herrscht bei allen Akteuren, dass etwas getan werden muss. Die Gesundheitskosten steigen wieder stark an. Im Herbst dürften deshalb die Krankenkassenprämien substanziell erhöht werden.
Ziel von Tardoc ist es, die Fehlanreize im heutigen Tarifsystem beseitigen – und so die Kosten senken. Es geht um zwölf Milliarden Franken, die unter der Ärzteschaft neu verteilt werden sollen.
Druck auf Tarmed steigt
Geplant war ursprünglich, den Tardoc ab 2022 einzuführen. Dieses Ziel wird um Jahre verfehlt werden. Der Bundesrat forderte die Partner der Tariforganisation am Freitag auf, ihm bis Ende 2023 einen verbesserten Vorschlag einzureichen.
Bis es so weit ist, gilt nach wie vor die Tarifstruktur für ambulante ärztliche Leistungen namens Tarmed. Der Druck auf dieses Instrument war in den vergangenen Wochen weiter gestiegen. Der Nationalrat forderte den Bundesrat in dieser Woche auf, «unverzüglich überhöhte sowie nicht sachgerechte und nicht betriebswirtschaftliche Vergütungen in der Tarifstruktur zu senken».
Die Ärzteschaft kritisierte gleichzeitig immer wieder das schleppende Tempo bei der Einführung von Tardoc. Das zuständige Innendepartement von Gesundheitsminister Berset setze die Hürden willkürlich immer höher und ändere laufend die Spielregeln, so die Vorwürfe.
SDA/ij
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