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Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock
Amherd, Cassis und das Stück Papier, um das sich alles dreht

Bundespraesidentin Viola Amherd, Mitte-rechts, spricht mit Bundesrat Ignazio Cassis, links, neben Renato Kalbermatten. Kommunikationschef VBS, Mitte-links, und Botschafter Gabriel Luechinger, rechts, kurz vor waehrend einer Medienkonferenz ueber das Thema "Schweiz organisiert eine hochrangige Konferenz zum Frieden in der Ukraine", am Mittwoch, 10. April 2024, im Medienzentrum Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
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Nur noch fünf Tage bis zum ganz grossen Moment der Schweizer Aussenpolitik.

Am Samstagnachmittag beginnt auf dem Bürgenstock das wohl politisch heikelste Gipfeltreffen, das es in der Schweiz je gegeben hat: die Konferenz für einen Frieden in der Ukraine. Am Montagmorgen haben Bundesrat, Polizei und Armee darüber informiert (lesen Sie hier den Ticker zur Medienkonferenz). Und ein Satz war Ignazio Cassis dabei so wichtig, dass er ihn mehrmals wiederholte: «Es gibt nichts Unsichereres als eine Friedenskonferenz.»

Was der Aussenminister damit sagen wollte: Ob die Konferenz ein Erfolg sein wird, ist heute völlig offen. Es gehe der Schweiz darum, «einen Prozess anzustossen», der hoffentlich irgendwann zu einem Frieden führe, sagte Cassis.

Doch wie tut die Schweiz das konkret? Das zeigen jetzt Gespräche, die diese Redaktion mit gut informierten Personen führte.

Das Drehbuch der Konferenz

Die Konferenz wird am Samstagnachmittag im Bürgenstock Resort Lake Lucerne (so der offizielle Name des Konferenzorts) mit einer Plenarsession eröffnet. Das bedeutet: Die Vertreter der rund 90 teilnehmenden Staaten und Organisationen – bei der Hälfte handelt es sich um Staats- oder Regierungschefs – werden in einem Raum versammelt sein.

Bundespräsidentin Viola Amherd wird sie begrüssen, auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski wird sprechen. Dann übernimmt Aussenminister Ignazio Cassis. Er – und nicht etwa Selenski – ist der Verhandlungsführer beziehungsweise Moderator der Konferenz.

Am Sonntagmorgen wird es dann konkreter – und zwar in kleineren Unterkonferenzen, das EDA hat ihnen den Namen «Breakout-Sessions» gegeben. In diesen werden drei Schlüsselthemen verhandelt, zu denen die Schweiz eine Einigung herbeiführen will: nukleare Sicherheit, Freiheit der Schifffahrt und Lebensmittelsicherheit sowie humanitäre Aspekte.

Geleitet werden diese Gruppendiskussionen von jeweils zwei bis drei Staaten, die die Schweiz zu diesem Zweck eigens angefragt hat. Dabei achtete das Aussendepartement (EDA) darauf, dass in jeder Co-Leitung ein westliches und ein nicht westliches Land vertreten ist.

Die Ergebnisse (oder Nichtergebnisse) dieser Arbeitsgruppen werden dann in einer zweiten Plenarsession zusammengetragen, wo man weiterverhandelt. Enden wird die Konferenz am Sonntag gegen Abend dann mit einer dritten Runde im Plenum, der «Closing-Session». Total werden die Diskussionen auf dem Bürgenstock nur rund 24 Stunden dauern.

Das Herzstück des Gipfels

Das grosse Ziel der Schweiz für die Konferenz ist eine Schlusserklärung, ein diplomatisches Dokument, auf das sich im Idealfall sämtliche Teilnehmer einigen können. Ob das gelingt, ist heute offen, wie Bundespräsidentin Viola Amherd und Aussenminister Ignazio Cassis vor den Medien deutlich machten.

Ein Entwurf, der um die Welt geht

Der angestrebte Inhalt der Schlusserklärung ist noch geheim. Man könne dazu nichts sagen, erklärte Cassis, denn die Schlusserklärung sei «derzeit in Konsultation» bei den teilnehmenden Staaten. Er verhehlte nicht, dass der Prozess schwierig sei. «Jeden Tag geht es einen Schritt vorwärts und zwei zurück oder zwei vorwärts und einen zurück», so Cassis.

Die Verhandlungen um diese Schlusserklärung haben schon lange begonnen. Schon seit Wochen gibt es Entwürfe der Schlusserklärung, die die Schweizer Diplomatie entscheidend geprägt hat. Ein erster Entwurf wurde den teilnehmenden Staaten zur Ansicht geschickt, die Staaten gaben Rückmeldungen, worauf die Erklärung ständig angepasst und wieder zur Konsultation geschickt wurde. Und so weiter und so fort.

Solche Vorverhandlungen (das ist auch bei anderen internationalen Konferenzen so) sind oftmals wichtiger als die Gespräche am Gipfel selbst. Geführt werden die Vorgespräche primär zwischen den Nationalen Sicherheitsberatern und anderen hochrangigen Diplomaten der teilnehmenden Staaten. Der Schweizer Vertreter in diesen Vorgesprächen ist Botschafter Gabriel Lüchinger, im EDA so etwas wie der «Mister Bürgenstock».

Friedensverhandlungen virtuell

Just am Montagnachmittag ist in diesen Vorverhandlungen ein entscheidender Moment, wenn sich diese Berater per Videoschaltung zu einer Art Vorkonferenz zum physischen Gipfel treffen.

Amherds und Cassis’ Plan B

Falls keine Einstimmigkeit erzielt wird, wird die Schweiz einen Plan B aktivieren müssen: Sie wird als Gastgeberin der Konferenz die Ergebnisse nur in einer «präsidialen Erklärung» zusammenfassen können.

Wenn alles optimal läuft

Wohl das höchste der Gefühle für die Schweizer Diplomatie wäre, wenn Viola Amherd am Sonntagabend bereits die Einigung auf eine Folgekonferenz ankündigen könnte.

Ob bei dieser Bürgenstock-II-Konferenz Russland bereits dabei sein würde, ist offen. Nahezu sicher ist aber, dass diese Folgekonferenz nicht in der Schweiz stattfinden würde. Viel eher als Austragungsort infrage kommt ein nicht westlicher Staat – zum Beispiel die Türkei, Katar oder Saudiarabien.