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Was wir lesen: Mascha Kaléko
Diese Gedichte sind wie Ferien

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Die meisten Menschen verbinden Gedichtelesen mit Schule. Mascha Kalékos Gedichte aber sind wie Ferien. Deswegen habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, jedes Jahr nach der Sommerpause in einem ihrer Bücher zu blättern. Diesmal nahm ich den Sammelband «Sei klug und halte dich an Wunder» in die Hand, und wie immer bei den Texten der Autorin stellte sich auch diesmal beim Lesen eine nachdenkliche Zufriedenheit ein. Ein Gefühl, wie wenn man lange aufs Meer schaut und dabei badende Kinder und Schiffe am Horizont und kreisende Möwen erblickt.

Denn die Autorin vermag es wie niemand sonst, in ihren Texten Tiefgründigkeit und Wärme, Heiterkeit und Melancholie zu verbinden. So im Gedicht «Rezept», aus dem die titelgebende Zeile stammt – und einer meiner liebsten Ratschläge: «Jage die Ängste fort / und die Angst vor den Ängsten.»

Und genauso, wie es einem auf einer Ferienreise geschieht, begegnet einem auch bei Kaléko immer wieder Unerwartetes; ihre Gedichte nehmen im letzten Moment eine Wendung, die einen auflachen lässt, zum Beispiel wenn es heisst: «‹Ich hüpfe›, sprach der Gummiball, / ‹ganz wie es mir beliebt, / und schliesse draus, dass es so was / wie freien Willen gibt. / Mal hüpf ich hoch, mal hüpf ich tief, / nach Lust und nach Bedarf.› / So sprach der Ball, nicht ahnend, dass / des Knaben Hand ihn warf.»

Überhaupt scheute sich die in den 1920ern in Berlin bekannt gewordene und 1938 wegen ihrer jüdischen Herkunft zur Emigration in die USA gezwungene Autorin nicht davor, ganz Alltägliches zum Ausgangspunkt ihrer Dichtung zu machen – und deckt so in scheinbar Banalem zeitlose Wahrheiten auf. Das macht ihre Gedichte nicht nur gegenwärtiger als manch zeitgenössische Texte, sondern verschafft auch einen frischen Blick auf das Gewohnte – ganz ähnlich, wie es Ferien können.