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Was wir lesen: Andrea Petković
Satz und Sieg

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Naturgemäss schaffen es nur ganz wenige Sportlerinnen, zu den Besten zu gehören. Sie brauchen Talent, viel Talent. Spitzensportler sind, dachte man, Inselbegabungen. Menschen mit besonders starkem Willen und besonders starken Waden, die ihre beneidenswerte Grundausstattung bis zum Gehtnichtmehr steigern. Ein winziger Prozentsatz von ihnen wird zum Star, der grosse Rest wird es nicht. Mit Mitte dreissig ist dann Schluss, und es kommt das grosse Loch. Vor dem stand auch Andrea Petković, eine deutsche Tennisspielerin, die es immerhin zweimal unter die Top Ten geschafft hat, also nicht ganz zum Star, aber fast. Sportlich ist sie eine Sonderbegabung. Allerdings, und das macht sie zum doppelten Sonderfall, nicht nur sportlich. Denn schreiben kann sie auch noch.

«Zeit, sich aus dem Staub zu machen» ist schon ihr zweites Buch, und wie auch das erste dreht es sich um Tennis, genauer: ihren Abschied davon. Sie beschreibt vor allem das letzte Jahr und wie sie die Trauer darüber verarbeitet, dass etwas zu Ende geht, das bis dahin ihr Lebensinhalt war. Sie berichtet darüber wie eine sprachgewaltige Kommentatorin, die unterhaltsam und schonungslos ein Tennismatch analysiert, dem man atemlos folgt, auch wenn man es mit Tennis nicht so hat. Von der kämpferischen Anfangsphase über die frühen Höhepunkte, den Rausch bis zu den Enttäuschungen und dem quälenden letzten Satz. In ihren Worten: «Bis jetzt war es ums Überleben gegangen, aber hatte sich angefühlt wie ein Spiel. Jetzt war es ein Spiel, aber fühlte sich an wie Überleben.»

Petković beschreibt die kurze Euphorie nach dem Sieg und die lange Depression nach der Niederlage und wie sie schliesslich zu dem Entschluss kommt, Schluss zu machen. An den US Open sollte es so weit sein. Der Entschluss ist eine Befreiung – bis sie erfährt, dass sie selbst im Abgang einer anderen unterliegt. Denn während sie nach dem Erstrundenaus still vom Platz geht, zieht Serena Williams, eine der grössten Tennisspielerinnen der Geschichte, nach ihrem letzten Profimatch in einem Triumphzug vom Court. Petković hadert damit, dass sie nie ein Grand-Slam-Turnier gewonnen hat, dass sie zwar sehr gut war, aber nie die Beste. Doch das hat sich geändert. Auf der Weltrangliste der Schriftstellerinnen, die mal Tennisspielerinnen waren, steht sie einsam auf Platz eins.