Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen
Meinung

Auftritt in Brüssel
Eine Abreibung für Orban – wie weh tut sie ihm wirklich?

epa11650321 Hungarian Prime Minister Viktor Orban (R) looks on as European Commission President Ursula Von der Leyen (C) speaks at a plenary session for the presentation of the programme of activities of the Hungarian Presidency at the European Parliament in Strasbourg, France, 09 October 2024.  EPA/CHRISTOPHE PETIT TESSON
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft begann am 1. Juli, und eigentlich dauert sie noch bis zum 31. Dezember. Uneigentlich war sie allerdings am 5. Juli schon wieder vorbei. Das war der Tag, an dem Viktor Orban auf «Friedensmission» von Budapest nach Moskau flog und Wladimir Putin, dem Diktator, Kriegstreiber und Vergewaltiger der Ukraine, im Kreml die Hand schüttelte.

Seither tut der rechtspopulistische ungarische Regierungschef zwar gern so, als sei von seiner mit Pomp und Fanfaren angekündigten Ratspräsidentschaft noch etwas übrig. Am Mittwoch etwa stellte Orban sich vor das Europaparlament und erläuterte in einer für seine Verhältnisse sogar recht gemässigten Ansprache sein «Programm». Aber die ungewöhnlich scharfe Antwortrede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, in der sie Orban de facto als Vasallen der Russen und Chinesen bezeichnete, zeigte, wie tief in Europa das Misstrauen gegen und die Verachtung für den Ungarn sitzt.

Muss Orban das gross kümmern? Nicht wirklich. Was die Kommissionspräsidentin über ihn denkt, kann ihm egal sein, auch wenn von der Leyens harte Attacke ihn am Mittwoch sichtlich irritierte und ärgerte.

Was seine 26 EU-Kolleginnen und -Kollegen von ihm halten, ist für Orban zwar nicht ganz so irrelevant. Sie könnten, wären sie geeint, Ungarn empfindlich bestrafen. Aber sie sind nicht geeint, und Orban hat immer den einen oder anderen Hebel, den er ziehen oder drücken kann, um in europäischen Verhandlungen das Maximum für sich herauszupressen. Derzeit verhindert er zum Beispiel, dass die EU und die USA der Ukraine gemeinsam einen 50-Milliarden-Dollar-Kredit geben. Man darf annehmen, dass sich der durchaus clevere Taktiker ein Einlenken für den richtigen Preis abkaufen liesse: etwa die Zuschüsse für Ungarn in Höhe von 20 Milliarden Euro, die die EU-Kommission wegen Korruption und Rechtsstaatsverstössen eingefroren hat.

In einem zentralen Thema gibt Orban den Takt vor

Hinzu kommt: Bei dem Thema, das die EU seit Jahren wie kaum ein anderes beschäftigt, quält und spaltet – dem Umgang mit illegalen Einwanderern –, ist Orban längst kein geächteter Rechtsaussenseiter mehr. Im Gegenteil, er gibt Europa den Takt in der Migrationspolitik vor: Abschottung, Abwehr, Ausweisungen.

Seine europäischen Kolleginnen und Kollegen folgen Orban aus zwei Gründen. Erstens, weil es bei ihnen daheim inzwischen eine kritische Masse an Wählerinnen und Wählern gibt, die wie Orban denken und für Leute wie Orban stimmen. Und zweitens, weil der Ungar den Kern des Problems – bei aller Heuchelei und Xenophobie – nicht völlig falsch diagnostiziert: Europas Asylregeln machen es für praktisch jeden Migranten oder Flüchtling möglich, Aufnahme in der EU zu bekommen. Die gleichen Regeln machen es aber sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, rechtskräftig abgelehnte oder unerwünschte Personen wieder aus der EU hinauszubefördern. Auf Dauer ist das kein nachhaltiges Konstrukt.

Das politisch wichtigste Datum in diesem Jahr ist für Orban ohnehin der 5. November. An diesem Tag wird in den USA der neue Präsident gewählt, und Orban lässt keine Gelegenheit aus, um sich politisch an Donald Trump zu ketten. Siegt Trump in Amerika, stärkt das auch Orban und alle anderen Rechtspopulisten in Europa. Verliert Trump, verliert auch Orban. Vielleicht lösen ja die amerikanischen Wählerinnen und Wähler nebenbei ein Problem, das die europäischen Staats- und Regierungschefs seit Jahren offenbar nicht lösen können.