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Dokumentarfilm auf Arte
Eine neue Doku über Bruce Springsteen blickt auf ein Amerika, das es nicht mehr gibt

LOS ANGELES - 1984:  Rock and roll legend Bruce Springsteen poses for a portrait in 1984 in Los Angeles, California. (Photo by Aaron Rapoport/Corbis/Getty Images)
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Mit Filmen über Bruce Springsteen ist es so wie mit Griechischem Salat: Man weiss, wie er schmecken soll, man weiss, dass Feta, Oliven, Tomaten und noch ein paar Dinge hineingehören, man isst ihn seit Jahrzehnten. Und man findet ihn immer noch gut. Man selbst verändert sich, der Griechische Salat aber tut das nicht.

Auf Arte gibt es gerade eine neue Doku über Bruce Springsteen. Sie heisst «Bruce Springsteen, der amerikanische Freund», stammt von dem französischen Filmemacher Thomas Boujut, und man findet in ihr das meiste, was man in einer Doku zu Springsteen finden will, muss und soll. In einer knappen Stunde kommt man von Springsteens Anfängen in New Jersey über die Geschichte mit dem ersten Vertrag über drei Platten, von denen zwei zunächst ziemlich floppten, zum irgendwie kritischen Bandana-Rocker in den Achtzigern bis zum Obama-Wahlaktivisten und Barack-Podcast-Bruder. Oliven, Tomaten, Gurken, Feta. Alles da.

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Kein Missverständnis: Der Autor dieses Textes ist, wie Abermillionen etwas reifere Frauen und Männer, Springsteen-Fan. (Der Regisseur der Doku offensichtlich auch.) Er, also der Autor, geht seit gut 40 Jahren immer wieder mal auf ein Springsteen-Konzert. Und war immer begeistert. Springsteen ist ein Bühnenmensch, der niemals, wie manchmal Bob Dylan, sein Publikum aus der Halle singen würde und der auch keine, wie Elton John oder Rod Stewart, bis ins Letzte durchchoreografierte Show macht. Jedenfalls hat man bei seinen Konzerten stets den Eindruck, da spiele einer immer noch fast spontan, weil es ihm Spass macht.

Bruce, der Rebell am Rande der Strasse

Was man mag, sieht man gern. Man sieht es auch gern wieder, und wenn man schon etliche Dokus über Springsteen gesehen hat, freut man sich auch, wenn man in einer «neuen» Doku Archivmaterial erkennt, das man auch mag. Thomas Boujut hat viel Archivmaterial verwendet, das man schon gesehen hat. Das Interview des jungen David Letterman mit dem jungen Sean Penn, der sich bei seiner ersten Regiearbeit «Indian Runner» von einem Springsteen-Song inspirieren liess, gehört ebenso dazu wie die Beteuerungen kleinhütiger Nachbarn und dauerwellenondulierter Nachbarinnen aus Freehold, New Jersey, dass Bruce schon als Bub etwas Besonderes gewesen sei.

Vielleicht sind gerade diese Bilder aus einem Amerika, das es nicht mehr gibt, das Interessanteste an solchen Dokus. Das Amerika des jungen Springsteen ist mittlerweile tot. Der junge Springsteen ist 74. Dass man ihm den Rebellen am Rande der Strasse immer noch abnimmt, hat entscheidend mit seiner Musik zu tun. Aber sicher auch damit, dass diese Musik einem das Gefühl gibt, dass es noch nicht ganz vorbei ist. Baby, we were born to run.

Springsteen spricht gern über sich

Offenbar hatte Boujut mit Springsteen für den Film auch einen Interviewtermin. Es ist etwas bedauerlich, dass man von diesem Gespräch in der Doku so wenig sieht und hört. Nun gibt es allerdings auch wahrlich keinen Mangel an Biografischem über und Autobiografischem von Bruce Springsteen. In dem Film zum Beispiel sind immer wieder kurze Szenen eingebaut, in denen Springsteen aus seiner Autobiografie vorliest, die sehr dick ist und sich auch ziemlich gut verkauft hat.

Springsteen spricht und singt ausgesprochen gern über sich. Zwischen Oktober 2017 und September 2021 trat er insgesamt 267 Mal in zwei New Yorker Theatern auf, wo er unplugged Songs spielte und zwischendurch aus seinem Leben erzählte. Es gab, um es noch mal zu schreiben, 267 Aufführungen von «Springsteen on Broadway». Die Einnahmen aus den Tickets dafür lagen insgesamt bei 113 Millionen Dollar. Leider bleibt in der Arte-Doku die Zeit nach 9/11 im Vergleich zu den Jahren davor etwas weniger gut ausgeleuchtet.

Natürlich fehlt so manches in der Springsteen-Stunde. Die Bedeutung des 2011 gestorbenen schwarzen Saxophon Colossus Clarence Clemons für Springsteen wird kaum beleuchtet, Springsteens langjährige Depressionen auch nicht. Andere Dinge fielen einem auch noch ein. Aber man kann halt nicht die ganze Welt in einer Doku unterbringen. Und ausserdem gibt es ja auch noch Youtube.

«Bruce Springsteen», heisst es am Anfang des Films, «ist ein Troubadour, der seinem Publikum einen Spiegel vorhält, in dem man das wahre Gesicht Amerikas erahnen kann.» Das klingt schwer nach Bedeutungsfeuilleton, aber wenn Arte für etwas zuständig ist, dann eben auch für bebildertes Bedeutungsfeuilleton. Und dazu lässt sich Boujuts «amerikanischer Freund» zählen, zumal wenn man Springsteen mag.

Wäre Arte eine Wirtschaft, würde man dort wahrscheinlich auch anständigen Griechischen Salat servieren.

Bruce Springsteen, der amerikanische Freund. Dokumentarfilm von Thomas Boujut. Arte Mediathek.