Brisanter Vorschlag von Natalie RickliWer zahlt, wenn die Krankenkasse fehlt?
Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli stellt die obligatorische Grundversicherung infrage. Doch was würde dies konkret bedeuten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer würde ohne obligatorische Grundversicherung die Behandlungen bezahlen?
Würde das Obligatorium ersatzlos abgeschafft, müsste man sich über private Versicherungen absichern oder die Behandlungen selbst bezahlen. Ohne Versicherungsschutz würde eine Erkrankung zu einem grossen Armutsrisiko für breite Bevölkerungskreise, denn die Behandlungskosten belaufen sich selbst bei mittelschweren Leiden rasch auf vier- bis fünfstellige Beträge.
Was passiert, wenn jemand keine Versicherung hat?
In solchen Fällen stellt sich die Frage, wer für die Kosten einer Behandlung aufkommt. Es ist in der Schweiz kaum denkbar, dass Patientinnen und Patienten mit einer schweren Erkrankung unbehandelt ihrem Schicksal überlassen werden. Sie würden wohl vor allem in öffentlichen Spitälern landen. Fraglich wäre auch, ob Ärztinnen und Ärzte in Praxen Patienten einfach abweisen dürften. Am Schluss müsste die öffentliche Hand die Kosten übernehmen oder die Betroffenen sässen auf einem Schuldenberg. In der Praxis träfe wohl oft beides zu, weil die Betroffenen ihre Schulden nicht begleichen könnten.
Würde ein solcher Systemwechsel zu tieferen Prämien führen?
Die Krankenkassen würden die Prämien aufgrund der individuellen Gesundheitsrisiken festlegen: Ältere und chronisch Kranke hätten dann Mühe, überhaupt eine Krankenversicherung zu erhalten oder könnten die hohen Risikoprämien nicht bezahlen. Mit tieferen Prämien könnten Gesunde und Junge rechnen, die anderen müssten wohl eher mehr bezahlen.
Welche Behandlungen wären noch versichert?
Ohne gesetzliche Vorgaben zur Krankenversicherung würden die Kassen bestimmen, welche Leistungen sie versichern wollen. Denkbar wäre, dass sie verschiedene Module anbieten: eine Vollkaskoversicherung, die wie das heutige KVG sämtliche notwendigen Behandlungen abdeckt. Möglich wären aber auch abgespeckte Varianten, die beispielsweise nur die Grossrisiken versichern. Aber auch eine Versicherung, die nur teure Behandlungen absichert, würde zu grossen Problemen führen. Patienten mit an sich nur leichteren Erkrankungen stünden vor der Frage, ob sie aus Kostengründen auf eine Behandlung verzichten und damit gesundheitliche Leiden sowie gesundheitliche Risiken auf sich nehmen sollen.
Warum wurde das Versicherungsobligatorium eingeführt?
Ziel der obligatorischen Grundversicherung war es, der ganzen Bevölkerung den gleichberechtigten Zugang zur medizinischen Versorgung zu garantieren und mehr finanzielle Solidarität zwischen Gesunden und Kranken zu erwirken. Vor Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) von 1996 konnten Krankenkassen neue Versicherte mit einem Vorbehalt versehen, wenn diese bereits an einer Krankheit litten. Deren Behandlung war dann nicht versichert. Zudem war die Leistungsdauer im Krankheitsfall gesetzlich auf 2 Jahre begrenzt. Auch mussten Versicherte ab einem bestimmten Alter von der Kasse nicht mehr aufgenommen werden, konnten die Versicherung nicht mehr wechseln, und die Prämien waren nach dem Alter abgestuft, in dem jemand in die Krankenkasse eintrat.
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