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Linksextreme Anschläge
Brandsätze gegen Stromkabel, Funkmasten, Baukräne

Überreste eines Brandanschlags: Beschädigte Leitungen liegen in München neben einer Baustelle, auf der in der Nacht 50 Stromkabel gebrannt hatten.
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Erst knisterte es laut, dann knallte es, schliesslich schlugen Flammen hoch in die Nacht: In einer Baugrube im Osten der Millionenstadt München brannten kurz vor Pfingsten 50 Stromkabel, die Spannung bis zu 10’000 Volt transportierten. Auf einen Schlag waren 20’000 Haushalte ohne Elektrizität, manche bis zu 24 Stunden lang.

Zwei Tage später tauchte auf der Internetplattform Indymedia ein Bekennerschreiben auf, in dem Linksextremisten die Verantwortung übernahmen. Sie gaben mehrere Motive an: Einerseits habe man den örtlichen «Rüstungskonzern» Rohde & Schwarz attackiert, der «mit Waffenproduktion, Krieg und Tod» Profite mache. Die Firma stellt Mess- und Fernmeldetechnik her, die zivil und militärisch genutzt wird.

Widerstand gegen «Kohle- und Atomstrom»

Anderseits habe sich der Anschlag gegen die Rodungspläne der Stadt München im Forst Kasten gewandt sowie gegen die Stadtwerke, die weiterhin Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken verteilten. Der ermittelnde Staatsschutz prüft derzeit die Authentizität des Schreibens.

Ob echt oder nicht, auf Indymedia löste das Bekenntnis sogleich eine Kontroverse aus. Ein solcher Anschlag habe mit linker Politik nichts mehr zu tun, kritisierten einige Nutzer. Geschadet habe der Stromausfall nicht dem «Rüstungskonzern», sondern der «Arbeiterklasse» – und dem friedlichen Widerstand gegen die Rodungspläne. Kurze Zeit später waren die kritischen Beiträge gelöscht, dafür warben Sympathisanten des Anschlags erneut für ihre Sichtweise.

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Für den Münchner Staatsschutz gehört der Brandanschlag in eine ganze Serie von linksextremistischen Sabotageakten. In den letzten Monaten wurden dabei mehrere Funkmasten der Telekom, Kabel der Deutschen Bahn und ein Sendemast des Bayerischen Rundfunks getroffen.

Ähnliche Anschläge gab es zuletzt in ganz Deutschland: In der Nacht auf Mittwoch brannten armdicke Kabel, die die gigantische Baustelle des Elektroautobauers Tesla bei Berlin mit Strom versorgen; bald tauchte ein linkes Bekennerschreiben auf. Linksextremisten bekannten sich Anfang Jahr zu einem Anschlag auf den Wagenpark eines Zentrums zur Abschiebung von Asylbewerbern in Braunschweig, bei dem zehn Transporter ausbrannten, sowie auf sieben Geländewagen der Bundeswehr in Leipzig.

Warum sich die Szene radikalisiert

Zuvor hatten Aktivisten in Berlin bereits einen zentralen Kabelkasten der S-Bahn angezündet. In Leipzig brannten drei Baukräne eines Immobilienunternehmers und drohten auf die Nachbarhäuser zu stürzen. Eine Maklerin der Firma, die teure Wohnungen baut, wurde kurz darauf von Linksextremisten an ihrer Privatadresse aufgesucht und niedergeschlagen, als sie die Tür öffnete.

Verfassungsschützer in Bund und Ländern warnen seit Monaten davor, dass die linksextreme Szene sich radikalisiere. Teils handle es sich dabei um eine Reaktion auf die zunehmende Militanz von Rechtsextremisten, teils um Wut über den Verlust letzter «Freiräume» in den Hochburgen Leipzig, Berlin und Hamburg. Mit dem Widerstand gegen «Wohnungsnot» und «Klimatod» hoffe man auf Verständnis bis hinein in die bürgerliche Mitte.

Anführerin einer «kriminellen Vereinigung»? Die 26-jährige Linksextremistin Lina E. wurde im vergangenen November verhaftet und der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe überstellt.

Besonders beunruhigend finden die Staatsschützer die wachsende Tendenz linksextremistischer Zellen, Menschen gezielt anzugreifen und dabei auch schwere Verletzungen bis zum Tod in Kauf zu nehmen. Ziele der Attacken sind vor allem Neonazis, AfD-Politiker, Unternehmer und Polizisten. Das Bundeskriminalamt zählte 2020 fast 500 verletzte Opfer linksextremistischer Gewalt – dreimal mehr als im Jahr zuvor. Verfassungsschützer halten auch die «Herausbildung linksterroristischer Strukturen» für möglich.

Die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe steht derweil dem Vernehmen nach kurz vor einer Anklage gegen Lina E. Der 26-jährigen Leipziger Studentin, die im vergangenen November verhaftet wurde, wird vorgeworfen, eine linksextremistische «kriminelle Vereinigung» gebildet zu haben. Zusammen mit mindestens neun Komplizen habe sie mehrere gewalttätige Überfälle auf Rechtsextremisten verübt. Linksextremisten demonstrieren regelmässig für Solidarität für die angebliche «politische Gefangene».