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Aufschwung in Mainz
Jetzt jubelt Happy Bo in der Bundesliga

13.04.2024, xhbx, Fussball 1.Bundesliga, FSV Mainz 05 - TSG Hoffenheim emspor, v.l. Trainer Bo Henriksen FSV Mainz 05 heizt die Fans vor dem Spiel an DFL/DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO Mainz *** 13 04 2024, xhbx, Soccer 1 Bundesliga, FSV Mainz 05 TSG Hoffenheim emspor, v l Coach Bo Henriksen FSV Mainz 05 heats up the fans before the game DFL DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and or QUASI VIDEO Mainz
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Als sich Bo Henriksen im Oktober 2022 in Zürich vorstellte, sagte er: «Wir müssen füreinander sterben.» Der FCZ war damals ohne Sieg und Tabellenletzter. Energie sollte er einer Mannschaft zuführen, die in Selbstzweifeln versunken war. Zehn Monate später war sie Leader der Super League.

Als sich Henriksen in Mainz als neuer Trainer vorstellte, sagte er: «Wir müssen füreinander sterben.» Es war der 13. Februar 2024, und der 1. FSV aus der Karnevalshochburg taumelte am Tabellenende der Bundesliga: Rang 17, ein Sieg nach 21 Runden, neun Punkte Rückstand auf einen Nicht-Abstiegsplatz.

In Henriksens Wortwahl und Ton hat sich nichts geändert, nur weil er jetzt nicht mehr als Happy Bo in der Super League arbeitet, sondern in der Bundesliga. Was sich vor allem auch nicht geändert hat: Der 49-jährige Däne hat die Fähigkeit, aus dem Stand heraus Menschen zu begeistern.

«Wir haben mit Bo auch eine neue Energiequelle gefunden», berichtet Martin Schmidt, von Beruf Sportdirektor in Mainz und daneben auch noch ein leidenschaftlicher Walliser. Das Resultat lässt sich in der Tabelle ablesen: Mit Henriksen als Trainer haben die Mainzer in acht Spielen vierzehn Punkte gewonnen, allein ihre Bilanz aus den letzten vier Spielen liest sich erstaunlich: 10:2 Punkte und 10:1 Tore. Auf den ersten Abstiegsplatz und Köln haben sie vor dem Auswärtsspiel am Sonntagabend in Freiburg vier Punkte Vorsprung, vom Nicht-Abstiegsplatz und Bochum sind sie nur noch einen Punkt entfernt.

Schmidt macht «Euphorie pur» aus – «und das unter dem grossen Label: Niemals aufgeben!» Das Motto hat der Club ausgegeben, als es ihm noch im alten Jahr richtig schlecht lief. Bo Svensson, beliebt und anerkannt, verlor die Energie und trat zurück. Nachfolger Jan Siewert gewann genau ein Spiel, sein erstes, aber danach elfmal nicht mehr.

Darum kamen die Chefs, Schmidt als Sportdirektor und Christian Heidel als Sportvorstand, zur Erkenntnis, dass sie etwas verändern mussten. Und sie erinnerten sich an Henriksen, der bei ihnen länger schon ein Thema war. Das hat mit Schmidt zu tun, der als Schweizer den Schweizer Fussball «in- und auswendig» kennt, und auch mit Heidel, weil es für ihn fast ein Hobby ist, sich mit Trainern zu beschäftigen.

«Wir brauchen einen, der in die Köpfe der Spieler dringt»

Die beiden wussten, sie mussten den klassischen Mainzer Weg verlassen. Sie durften nicht mehr einen Trainer aus dem eigenen Verein nachziehen, wie einst Jürgen Klopp und Thomas Tuchel oder Schmidt selbst, der im Februar 2015 von der 2. Mannschaft in die Bundesliga aufstieg. «Wir sagten uns: Wir brauchen einen externen Impuls», erinnert sich Schmidt, «wir brauchen einen, der alles umdreht, der in die Köpfe der Spieler dringt. Wir waren uns schnell einig, dass Bo der Trainer ist, der uns helfen kann. So viele wie ihn gibt es nicht.»

In Zürich rumpelte es unterdessen ein wenig. Der FCZ fiel nach sieben sieglosen Spielen vom 1. auf den 5. Rang zurück. Der Trainer hatte nicht mehr die gleichen Vorstellungen von der Zukunft wie seine Vorgesetzten, Präsident Ancillo Canepa und Sportchef Milos Malenovic. In der Krise kürzte Henriksen die Diskussionen ab, indem er seinen Abschied auf Saisonende ankündigte.

Kaum gesagt, quasi Stunden später, erhielt er die Nachricht, dass Mainz ihn sofort verpflichten möchte. Der 9. Februar war das, ein Freitag. Henriksen gab sofort zu verstehen, wie interessiert er an einem Wechsel ist und wie reizvoll er die Aufgabe findet.

Samstag und Sonntag fanden die Gespräche statt. Nach einer halben Stunde wusste Schmidt bereits, wie gut Henriksen die Bundesliga kennt, die Mannschaften und Spieler. Am Montag wurden die Verhandlungen über einen Vertrag bis 2026 abgeschlossen, und am Dienstag stellte sich Henriksen am neuen Ort schon vor. Er gab sich Mühe, ein paar Sätze auf Deutsch zu sagen. Als es ihm aber wichtig wurde, wechselte er zurück in sein eindringliches Englisch, wie er es die ganze Zeit in Zürich gepflegt hatte.

Unter anderem sagte er: «Fussball bedeutet Gefühle, Emotionen, Glauben, Vertrauen, Menschen.» Und: «Ich habe es schon viele, viele, viele Male gemacht, Mannschaften von unten wegzuführen.» Und schliesslich: «Wir müssen stolz sein auf das, was wir sind.»

Der Gegner wird von der Mainzer Energie erdrückt

Vom ersten Tag an kennt er die Spieler mit Vor- und Nachnamen, auch die Schweizer Nationalspieler Silvan Widmer und Edimilson Fernandes. «Das hilft natürlich, wenn du nicht zuerst noch auf den Zettel schauen musst, um zu sehen: Ah, Nummer 8, Barreiro», sagt Schmidt. Henriksen ordnet sofort an, mehr Trainings für die Zuschauer zu öffnen. Drei Tage hat er Zeit, die Mannschaft auf sein Debüt gegen Augsburg vorzubereiten. Als der Spielbeginn noch eine Stunde entfernt ist, geht er raus auf den Platz, baut sich vor der Fantribüne auf und schlägt ein paar Mal mit der rechten Faust in die Luft, um die Stimmung anzuheizen. Mainz gewinnt 1:0.

Das Bild von Henriksen, wie er auf die Fans zugeht, ist zum Symbol geworden für das, was sich in Mainz seit seiner Ankunft entwickelt hat. «Es ist ein Bild, das wirkt», sagt Schmidt. «Bo legt die Zündschnur zwischen Team und Fans. Er schafft eine Verbindung.» Und die Verbindung soll heissen: Die Spieler geben auf dem Platz alles, und die Fans geben alles für die Mannschaft.

Am Samstag vergangener Woche ist die Stehplatztribüne schon zur Hälfte gefüllt, als Henriksen vor dem Match gegen Hoffenheim in Aktion tritt. Und weil diese Tribüne die zweitgrösste ihrer Art in der Bundesliga ist, bedeutet das, um die 7000 sind bereits da. Die Mainzer erdrücken den Gegner mit ihrem intensiven Spiel und ihrer Energie. Und gewinnen 4:1. Hoffenheims Sportdirektor Alexander Rosen sagt später zu Schmidt: «Bei euch hat man das Gefühl, dass man gegen das ganze Stadion, die ganze Stadt kämpft.»

Die Stadt steht zu ihrem Fussballclub. Ein Spieltag beginnt hier um zehn Uhr morgens beim Mainzer Marktfrühstück auf dem Liebfrauenplatz oder in den Kneipen um den Dom und endet erst in den späten Nachtstunden wieder. Die Schobbeschachtel, das Fanzelt beim Stadion, erinnert Schmidt von der Stimmung her an den Ballermann. «Was hier abgeht, ist wahnsinnig», sagt Schmidt, «Fussball in Mainz ist ein Festtag.»

Der FSV Mainz gehört seit 2009 der Bundesliga an. Er positioniert sich als Ausbildungsverein, der, so Schmidt, «aus sich herauswächst». Im Moment stammen acht oder neun Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Dass die Anhänger singen: «Wir sind nur ein Karnevalsverein», gehört ebenso dazu. Bei allem Ernst will man sich nicht immer zu ernst nehmen. Auch darum beschreibt Schmidt den Club als Farbtupfer in der Liga.

16.03.2024, xhbx, Fussball 1.Bundesliga, FSV Mainz 05 - VfL Bochum emspor, v.l. Manager Martin Schmidt FSV Mainz 05, Trainer Bo Henriksen FSV Mainz 05 jubeln / jubelt nach Spielende. DFL/DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and/or QUASI-VIDEO Mainz *** 16 03 2024, xhbx, Soccer 1 Bundesliga, FSV Mainz 05 VfL Bochum emspor, v l Manager Martin Schmidt FSV Mainz 05 , Coach Bo Henriksen FSV Mainz 05 cheers after the match DFL DFB REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOTOGRAPHS as IMAGE SEQUENCES and or QUASI VIDEO Mainz

Sportlich reicht es im besten Fall zu einer Qualifikation für die Europa League wie unter Schmidt 2016. Meist aber geht es ums sportliche Überleben in der Bundesliga. Dass es diese Saison schon den dritten Trainer braucht, liegt auch am Verletzungspech und am fehlenden Spielglück zu Zeiten von Svensson und Siewert. So sieht das Schmidt. Dass es wieder besser geht, liegt nun mit daran, dass alle Spieler wieder fit sind. Es liegt an Nadiem Amiri, der im Winter Leverkusen verliess, weil er in Mainz das sein kann, was Granit Xhaka in Leverkusen ist: das Zentrum der Mannschaft.

Und natürlich dreht sich viel um Henriksen, der den Club und die Spieler verwandelt hat, der für positives Denken gesorgt hat und dafür, dass alle wieder lachen. «Dafür braucht es keinen Taktiknerd, der einzig an der Tafel versucht, ein Spiel zu gewinnen», sagt Schmidt, «in der jetzigen Situation braucht es einen Bo, der als Menschenfänger und Motivator unheimlich gut ist.»

«Jagen, jagen und jagen» – das Motto von Henriksen

Die Gefahr liegt genau aus diesem Grund nahe, Henriksen nur als wilden Dänen mit wilder Mähne zu sehen, als Motivator und Anheizer. In Zürich war das lange Zeit der Fall. In Mainz denkt Schmidt, dass ihm das nicht gerecht werde. Er beschreibt ihn nicht nur als Fussballfanatiker, sondern auch als Taktiker und Techniker. Für sich nimmt er als Trainer mit 131 Einsätzen in der Bundesliga für Mainz, Wolfsburg und Augsburg in Anspruch, das fachgerecht beurteilen zu können.

Am Sonntagabend geht der Abstiegskampf für Mainz in Freiburg weiter. Danach stehen noch vier Aufgaben an, gegen Köln, in Heidenheim, gegen Dortmund und in Wolfsburg. Allenfalls folgen die beiden Relegationsspiele gegen den Dritten der 2. Bundesliga. In der sportlichen Abteilung der Mainzer wird tunlichst vermieden, sich öffentlich damit zu beschäftigen, was im Fall eines Abstiegs wäre. «Unsere Planungen sind ganz auf die Bundesliga ausgerichtet», betont Schmidt.

Für den Fall des Klassenerhaltes weiss der 57-Jährige Heimweh-Walliser schon jetzt, was in Mainz los wäre. Es gäbe «einen emotionalen Urknall», weil in Mainz ein Nichtabstieg mehr gefeiert wird als ein Platz in der Europa League. Bis es aber einmal so weit ist, gilt die Losung von Henriksen: «Wir müssen jagen, jagen und jagen», den Ball und den Gegner.

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