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86-Milliarden-Börsengang
Bitcoin-Virus steckt Börse an

Coinbase-Anzeigen während des Börsengangs des Unternehmens am 14. April 2021 in New York City.
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Seit Mittwoch ist die grösste Plattform für den Handel mit Kryptowährungen in den USA, Coinbase, an der US-Technologiebörse Nasdaq gelistet. Am Ende des ersten Handelstages war Coinbase 86 Milliarden Dollar wert, nachdem Anleger den Preis vorübergehend auf 112 Milliarden getrieben hatten.

Coinbase ist vom Bitcoin-Preis abhängig, macht sie doch mehr als 60 Prozent des Gewinns mit dieser Kryptowährung. Doch das scheint die Investoren, mehr denn je auch Kleinanleger, nicht zu erschrecken. Für sie sind Coinbase-Aktien der leichteste Weg, sich an der Bitcoin-Manie zu beteiligen.

«Kleinanleger bezahlen viel zu viel», sagt Scott Knudsen, Chef von Cove Market, einem Softwarehersteller für Kryptohändler. «Die Frage ist nur, ob sie das bekümmert.» Die Antwort ist negativ. Die Anleger bewerteten Coinbase am ersten Handelstag höher als die führende Börse der USA, die Intercontinental Exchange.

Aus Schweizer Sicht bemerkenswert: Die Credit Suisse und die UBS zusammen sind mit 78 Milliarden Dollar weniger wert als die 2012 gegründete Plattform.

Gründer macht 17 Milliarden Dollar Gewinn

Erklärtes Ziel von Coinbase-Mitgründer Brian Armstrong ist, Bitcoin populär und zu einer leicht brauchbaren Währung für Normalverdiener zu machen. Er wolle, dass alle seine Mitarbeiter wie ein Laser auf dieses Ziel ausgerichtet seien, schrieb er im vergangenen Jahr an die Belegschaft. Politische oder gesellschaftliche Probleme dürften das Geschäft nicht beeinträchtigen.

Um seinen Punkt klar zu machen, bot er jenen, die seine Ziele nicht teilten, eine Abgangsentschädigung an. Sechzig Angestellte nahmen an und kündigten.

«Krypto wird nicht alle Probleme der Welt lösen», erklärte Armstrong, «aber Krypto löst ein sehr wichtiges Meta-Problem, nämlich die ökonomische Freiheit.» Armstrong machte mit dem Börsengang 17 Milliarden Dollar und wurde zu einem der reichsten Unternehmer der Welt.

«Kleinanleger bezahlen viel zu viel.»

Scott Knudsen, Chef Cove Market

Coinbase machte im ersten Quartal dieses Jahres einen Umsatz von 1,8 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 800 Millionen. Das Unternehmen profitierte davon, dass die Regierung und die Notenbank wegen der Pandemie den Geldhahn voll aufgedreht hatten.

Ein beträchtlicher Teil davon floss zunächst in Aktien, jedoch seit vergangenem Winter immer mehr in Kryptowährungen, die riesige Gewinne versprachen.

Die Manie scheint noch nicht zu Ende: Ethereum, die zweitgrösste Kryptowährung nach Bitcoin, schnellte dieses Jahr um 221 Prozent in die Höhe. Und Dogecoin, die als Witz kreiert wurde, legte um 2700 Prozent zu. Für Bitcoin wird bereits ein Preis von 100’000 Dollar prognostiziert.

Wackliges Geschäftsmodell

Dabei ist das Geschäftsmodell von Coinbase nicht einmal besonders originell. Wie jeder andere Broker verdient das Unternehmen das Geld mit Kommissionen auf Bitcoin-Umsätzen. Das dürfte nicht lange so bleiben, wie die Erfahrung mit dem Aktienhandel zeigt. Es werden rasch billigere Anbieter auf den Plan treten und die Kommissionen nach unten drücken.

«Coinbase hat das Rad nicht neu erfunden. Es gibt keinen Grund, dass die New Yorker Börse oder die Nasdaq nicht auch Kryptowährungen handeln könnten», sagt David Trainer, Chef des Investmenthauses New Construct. «Ich glaube, Coinbase ist eher 5 bis 10 Milliarden als 100 Milliarden wert.»

Parallelen zur Corona-Pandemie

Der Börsengang wird als Gradmesser für das Interesse einer breiten Öffentlichkeit für Kryptowährungen gesehen. Allerdings warnt Nobelpreisgewinner Robert Shiller davor, das Grundkonzept von Bitcoin aus den Augen zu verlieren. Bitcoin sei es gelungen, eine Fantasiegeschichte zu erzählen, meint Shiller.

Demzufolge sind Kryptowährungen eine von Regierungen und Zentralbanken unabhängige Instanz, die dafür sorgen wird, dass sich Anleger gegen einen Kollaps des Politsystems und gegen die Inflation absichern können. Da es bisher keine handfesten Beweise für den realen Wert von Bitcoin gibt, stellt sich die Frage, ob der hohe Börsenwert von Coinbase den Anfang vom Ende der Kryptomanie bildet.

Mathematiker Adam Kucharski glaubt tatsächlich, Anzeichen einer Ansteckung und Parallelen zur Corona-Pandemie erkannt zu haben. Bitcoin sei wie ein virtuelles Virus, das sich durch Mundpropaganda und die Medien ausgebreitet habe, schreibt Kurcharski in seinem Buch «The Rules of Contagion».

Solange der Preis steigt, würden mehr und mehr Anleger angesteckt. Wird die Blase aber zu gross, so bricht sie wie eine Eiterbeule auf, und die Zahl der Bitcoin-Anhänger nimmt drastisch ab. Wegen der Kursschwankungen werde die Bitcoin-Manie zwar von Zeit zu Zeit wieder aufflackern, sich aber nur beschränkt ausbreiten.

Laut Umfragen haben sich bisher weniger als zehn Prozent der Amerikaner mit Bitcoins versucht, und die Hälfte davon bedauert dies im Rückblick.