Finanzkollaps wegen Kryptowährung Bitcoin-Crash zieht ein ganzes Land in den Abgrund
Als einziger Staat hat El Salvador im grossen Stil ins Digitalgeld investiert, finanziert durch Steuergelder. Nun ist der Kurs eingebrochen – und das Land steuert auf den Staatsbankrott zu.
Die Finanzen El Slavadors rauschen gerade in immer weitere Tiefen. Experten warnen, dass dem Land bald der Bankrott bevorstehen könnte. Schon lange ist es nicht gerade rosig um die Staatsfinanzen bestellt: eine ausgabenfreudige Regierung, dazu die Pandemie und die Folgen des Krieges in der Ukraine. Dazu aber kommt noch ein weiterer, vollkommen unkalkulierbarer Punkt: der Bitcoin, der Wert der Kryptowährung – und zuletzt vor allem ihr Wertverlust.
Seit Monaten fällt der Kurs des Bitcoin. Für Anleger ist das ärgerlich, für El Salvador ein riesiges Problem. Denn vergangenen Juni hatte Präsident Nayib Bukele die Kryptowährung zum legalen Zahlungsmittel erklärt. Jeder, der will, kann heute in der Theorie Waren und Dienstleistungen mit der virtuellen Währung bezahlen, die Rechnung vom Arzt genauso wie den Supermarkteinkauf oder Steuern. Das ist weitgehend einzigartig auf der Welt.
Applaus bei der Einführung
Abgesehen von ein paar wenigen Ausnahmen hat sich der Bitcoin heute in der Praxis in El Salvador aber kaum durchgesetzt. Selbst im Zentrum der Hauptstadt akzeptieren Händler keine Kryptowährungen, und auf dem Land kämpfen viele Menschen ohnehin mit schlechter Internetverbindung oder gar fehlendem Strom.
Nayib Bukele hat sich von seinem Experiment dennoch nicht abbringen lassen. Die Einführung des Bitcoin als legales Zahlungsmittel hat ihm viel Applaus in der Kryptoszene eingebracht. Dazu hat sich auch das Image des Landes im Ausland verbessert: Bis vor wenigen Jahren war El Salvador vor allem wegen Ganggewalt und einer hohen Mordrate bekannt. Nun ist aus dem Krisenland ein Kryptoparadies geworden: Die Zahl der ausländischen Besucher sei in den letzten Monaten um 30 Prozent gestiegen, sagt die Tourismusbehörde, einige Bitcoin-Fans liessen sich sogar ganz in El Salvador nieder.
«Grosse Ideen sind wunderschön und haben grosse Kraft», sagte Nayib Bukele, als er auf einer Konferenz in Miami erstmals verkündete, sein Land werde den Bitcoin als Zahlungsmittel einführen. Der Präsident versprach seinem Land eine rosige Zukunft: El Salvador könnte bald mit Energie aus vulkanischer Geothermie nach Bitcoin schürfen. Investoren und Gründer sollen ins Land kommen, so viele, dass man sogar eine eigene Stadt für sie bauen will, «Bitcoin City». Für diese Ziele investierte Bukele auch im grossen Stil in Kryptowährungen, finanziert durch Steuergelder.
Es wird nun immer schwerer für das Land, im Ausland an Geld zu kommen.
Wie hoch genau die Zahl der Bitcoins ist, die heute in der Staatskasse von El Salvador liegen, ist unbekannt. Die Regierung und die Zentralbank machen keine offiziellen Angaben darüber, nur aus Tweets des Präsidenten kann man in etwa errechnen, dass es wohl rund 2300 Stück sein müssen. Eine Zeit lang war dies kein schlechtes Geschäft: Kurz nachdem Bukele Mitte letzten Jahres damit begonnen hatte, Bitcoin zu kaufen, stieg der Wert der Kryptowährung sprunghaft an.
Kritik gab es aber auch schon damals: Der Internationale Währungsfonds warnte vor «erheblichen Risiken». Als dann der Kurs des Bitcoin Ende letzten Jahres zu fallen begann und Bukele gleichzeitig immer autoritärer regierte, begannen Ratingagenturen, die Kreditwürdigkeit herunterzustufen. Es wird so immer schwerer für das Land, im Ausland an Geld zu kommen. Gleichzeitig kann es dieses auch nicht selber drucken: Seit vor rund 20 Jahren der Dollar als offizielles Zahlungsmittel eingeführt wurde, gibt es keine eigene Landeswährung mehr in El Salvador.
Mit dem Bitcoin wollte die Regierung auch Anleger dazu bringen, Gelder in einen neuen Staatsfonds zu investieren, rund eine Milliarde Dollar war geplant. Umso härter traf es das Land, als Anfang Mai der Bitcoin regelrecht abstürzte: In nur wenigen Tagen verlor er fast ein Viertel seines Wertes. Von dem «Vulcano Bond» will nun niemand mehr etwas wissen, und El Salvador hat durch die Kursverluste schon Millionen verloren, schätzen Experten.
Nayib Bukele hält entgegen aller Kritik und allem Widerstand dennoch weiter fest an seiner Kryptostrategie. In seinem Profilbild auf Twitter schiessen aus den Augen des Präsidenten nun wieder Laser: Im Netz gilt das als Erkennungszeichen der besonders grossen Kryptofans. Der Staatschef postet futuristische Bilder seiner geplanten Bitcoin-City, und er kauft weiter ein: Er habe gerade 500 Stück gekauft, erklärte Bukele stolz am vergangenen Montag, zu einem Preis von knapp 31’000 Dollar pro Stück. Ein Schnäppchen sei das gewesen, schrieb Bukele und postete noch das Bild eines feiernden Emojis dahinter. Seitdem allerdings ist der Wert des Bitcoin weiter gefallen: Am Montag betrug er weniger als 30’000 Dollar.
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