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Meinung

Gastbeitrag zur Europapolitik
Schweizer Firmen brauchen den Rahmenvertrag

5G Technologie wird bei der Pen Produktion bei Ypsomed in Solothurneingesetzt, die teile werden im Spritz Druckguss Verfahren hergestellt, anschliessend werden die Stifte automatisch zusammengesetzt, Solothurn 10. August 2018.


Medizinaltechnikunternehmen Ypsomed: Ypsomed ist eine Entwicklerin und Herstellerin von Injektionssystemen fuer die Selbstmedikation. Das Unternehmen stellt kundenspezifische Injektions-Pens und Pen-Nadeln für Diabetes-, Wachstumshormon- oder Infertilitaetstherapien sowie fuer weitere Anwendungen her.
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«Hören wir auf», sagen Vertreter von Kompass Europa und behaupten, wir brauchten keine Bilateralen III. Die bessere Alternative orten sie einzig im Freihandel, wie sie an dieser Stelle in einem Gastbeitrag festgehalten haben. Falsch, sagen wir.

Die Schweiz und die EU nehmen einen neuen Anlauf. Die Ausgangslage hat sich nach zahlreichen Verhandlungsrunden verbessert; die Chancen für eine bilaterale Einigung stehen gut. Innenpolitisch sind die Fronten allerdings verhärtet. Dabei verliert der Standort Schweiz jeden Tag Geld und Denkleistung: Ein Ableger in der EU kostet auch ein starkes Unternehmen schnell einmal 20 Millionen Franken und beschäftigt 40 Leute über 2 Jahre, nur um die Teilnahme am EU-Binnenmarkt zu sichern. Das zeigt das Beispiel der Firma Ypsomed.

Ein Einzelfall? Wohl kaum. 99 Prozent der über 600’000 Firmen im Land sind KMU. Sie trifft es besonders hart. Hier braucht es Lösungen. Firmen können sich organisieren, aber der Standort kann es nicht. Der Stillstand führt langfristig zu Auslagerungen und Substanzabbau.

Dank der bilateralen Verträge kann beispielsweise die Firma Platit AG ihre Beschichtungsanlagen im gesamten EU-Raum ohne zusätzliche Zertifizierung anbieten. Ein Wegfall dieser Anerkennung würde zu erheblichen Mehrkosten führen. Dabei wären Schweizer Produkte gefragt, weil sie technologisch gut sind und als zuverlässig gelten. Die Instabilität der Welt zwingt viele Unternehmen, ihre Lieferketten zu regionalisieren. Davon könnte die Schweiz profitieren, aber die Europäische Union (mit ihren 450 Millionen Einwohnern) ist immer weniger bereit, mit der Schweiz neue Geschäfte einzufädeln. Auch schadet die EU-Regulierung der Wirtschaft des Kontinents – zweifellos. Aber sollen wir deshalb darauf verzichten, in den EU-Ländern zu verkaufen?

Weit mehr als ein Abkommen

Der Plan von Kompass Europa hat viele Schönheitsfehler. Bei den Bilateralen III handelt es sich nicht um ein einseitiges «Angebot», sondern um eine von beiden Seiten gemeinsam ausgearbeitete Reihe von Abkommen, in die alle Departemente involviert sind.

Die Gegner fordern möglichst viel Freihandel, verlieren aber kein Wort darüber, was das für die Landwirtschaft der Schweiz bedeuten würde. Die Folgen einer reinen Freihandelslösung sieht man am Beispiel Brexit. Auch bei Märkten wie Asien und USA begehen die Gegner einen Denkfehler: Zwar wachsen andere Wirtschaftsräume stärker als die EU, ebenso die Schweizer Exporte in diese Märkte. Das Handelsvolumen mit der EU ist aber so gross, dass der Handel in absoluten Zahlen noch immer stärker zunimmt als jener mit den Märkten USA und China zusammen. Bei den heutigen Wachstumszahlen wird dies auch 2050 so sein. Es ist also illusorisch, die EU durch andere Exportmärkte einfach ersetzen zu wollen.

Knackpunkte der Verhandlungen bleiben Lohnschutz und Zuwanderung. Die Löhne sind in der Schweiz höher als in den EU-Ländern. Deshalb will die Schweiz die heutigen Schutzmassnahmen beibehalten. Zur Sicherung des Wohlstands will die Schweiz auch eine Zuwanderung in ihre Sozialwerke verhindern. Zu den Totengräbern der direkten Demokratie werden wir damit nicht: Die Schweiz kann weiterhin über alles abstimmen, Referenden einberufen und alles, was von der EU kommt, weiterhin ablehnen. Wir sind überzeugt, Schweizer Firmen brauchen die Bilateralen III.

Nicole Barandun ist Mitte-Nationalrätin und Präsidentin des Stadtzürcher Gewerbeverbands, Monika Rühl ist Direktorin von Economiesuisse.