Neue US-Gesandte in der UkraineBidens Botschafterin auf dem Schlachtfeld
Bridget Brink vertritt die Vereinigten Staaten in der Slowakei. Nun soll sie die Rückkehr der US-Diplomaten in die Ukraine als neue Botschafterin anführen.
Es gibt vermutlich kein Land auf der Erde, mit dem sich die Aussen- und Sicherheitspolitiker in Washington derzeit mehr beschäftigen als die Ukraine. Präsident Joe Biden hat es auf sich genommen, den Widerstand des Westens gegen Russlands Angriffskrieg anzuführen. Für ihn ist das Land ein Schlachtfeld, auf dem der grosse Kampf zwischen Demokratien und Diktaturen ausgetragen wird, der seiner Ansicht nach das 21. Jahrhundert prägen wird. (Lesen Sie zum Thema auch den Artikel «Die Amerikaner kehren in die Ukraine zurück».)
Was in der Ukraine passiert, ist für die US-Regierung also durchaus wichtig. Insofern hat Bidens Ankündigung, er nominiere Bridget Brink als neue Botschafterin in Kiew, vielleicht nicht zu Unrecht zu einigen erstaunten Nachfragen geführt: Bridget wer?
Solide, aber nicht herausragend
Bridget Ann Brink stammt aus Michigan und ist vermutlich Anfang fünfzig. Genauer kann man es nicht sagen, denn das US-Aussenministerium hat ihr Geburtsjahr bisher nicht mitgeteilt. Brink ging in Michigan zur Highschool, graduierte 1987 und studierte danach an dem nicht besonders bekannten Kenyon College in Ohio. Sie machte an der London School of Economics einen Masterabschluss in Internationalen Beziehungen und trat 1996 in den diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten ein.
Brinks Karriere war solide, aber keineswegs herausragend oder gar brillant. Sie spezialisierte sich auf Osteuropa und die Region der ehemaligen Sowjetunion, das State Department schickte sie auf Posten nach Serbien, Georgien und Usbekistan. Zwischen ihren Aufenthalten im Ausland arbeitete sie im Aussenministerium in Washington in der Europa-Abteilung sowie im Nationalen Sicherheitsrat im Weissen Haus.
Im Frühjahr 2019 nominierte der damalige Präsident Donald Trump sie als Botschafterin in der Slowakei, im August jenes Jahres trat sie ihr Amt dort an, nachdem der Senat der Berufung zugestimmt hatte. Vor einigen Tagen schliesslich gab das Weisse Haus bekannt, dass Biden Brink nach Kiew entsenden wolle. Auch diesen Wechsel muss der Senat noch bestätigen.
Überall, wo Bridget Brink bisher im Auslandseinsatz war, hatte sie es mit den imperialen Ansprüchen Moskaus zu tun.
Formell gesehen ist Brink für den Botschafterposten in der Ukraine sicher qualifiziert. Sie steht als amtierende Botschafterin hoch genug in der Hierarchie. Sie kennt die Region, laut ihrer offiziellen Biografie spricht sie Russisch. Und überall, wo Brink bisher im Auslandseinsatz war, hatte sie es mit den imperialen Ansprüchen Moskaus zu tun. Als russische Truppen im Sommer 2008 in Georgien einmarschierten, war sie Abteilungsleiterin in der amerikanischen Botschaft in Tiflis.
Ihre Vorgängerin Marie Yovanovitch war etwas höherrangig und erfahrener, als sie 2016 nach Kiew ging – sie hatte zuvor bereits zwei Botschaften geführt, in Kirgistan und Armenien. Yovanovitch wurde dann 2019 von Trump im Streit abgezogen, nachdem sie sich dessen Versuchen widersetzt hatte, die ukrainische Regierung zu Ermittlungen gegen Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu drängen.
Allerdings wäre es auch denkbar gewesen, dass das Weisse Haus angesichts der Bedeutung der Ukraine für die amerikanischen Sicherheitsinteressen in Europa jemanden nach Kiew schickt, die oder der über etwas mehr diplomatisches oder politisches Gewicht verfügt.
Wohl kein direkter Draht zu Biden
Der Präsident ist, was die Ernennung von Botschaftern angeht, mehr oder weniger frei. Es gibt in den USA daher die unschöne Sitte, grosszügige Spender, die im Wahlkampf mit Geld ausgeholfen haben, mit Botschafterposten zu belohnen. Aber es hindert einen Präsidenten eben auch nichts daran, in ein besonders wichtiges Land einen engen Vertrauten zu entsenden.
Brink mag eine kompetente Diplomatin sein. Aber sie wird nicht zu den Botschafterinnen gehören, die zum Telefon greifen und das Weisse Haus anrufen können, um auf dem kurzen Dienstweg mit dem Sicherheitsberater oder gar dem Präsidenten zu konferieren. Sie wird vermutlich eher eine Repräsentantin der US-Politik gegenüber der Ukraine sein als eine Gestalterin.
«Alles klar, Amerika?» – der USA-Podcast von Tamedia
Den Podcast können Sie auf Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts abonnieren. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Alles klar, Amerika?».
Fehler gefunden?Jetzt melden.