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Senator Joe Manchin
Biden steht vor Duell Joe gegen Joe

Der Bremsklotz der Demokraten: Senator Joe Manchin steht in vielen Fragen politisch weiter rechts als moderate Republikaner. 
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Der mächtigste Mann in Washington heisst Joe. Oder Joe. Das hängt ein wenig davon ab, von welchem Ende der Pennsylvania Avenue aus man sich diese Machtfrage anschaut. Von dem Ende, an dem das Weisse Haus steht, in dem Präsident Joe Biden wohnt und arbeitet? Oder von dem Ende, an dem sich das Capitol erhebt und wo Joe Manchin sein Büro hat?

Joe Manchin ist 73 Jahre alt, Demokrat, und im US-Senat vertritt er den Bundesstaat West Virginia. Allein das gibt ihm angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse grossen Einfluss: Von den 100 Sitzen im Senat halten Demokraten und Republikaner je 50. Die Demokraten können dieses Patt zwar mit der Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris zu ihren Gunsten brechen. Aber das funktioniert nur, wenn die demokratische Fraktion geschlossen ist. Anders gesagt: Wenn Joe Manchin nicht mitmacht, wird es für Joe Biden sehr schwierig, seine vielen ehrgeizigen Vorhaben in Gesetze zu giessen.

West Virginia ist Trump-Land

Theoretisch hat im 50-zu-50-Senat jeder Senator und jede Senatorin der Demokraten diese Blockademacht. Doch es gibt keinen Senator, der so offen damit droht wie Manchin. Das wiederum hat damit zu tun, dass Manchin der mit Abstand konservativste Demokrat im Senat ist. Alle einschlägigen Listen verorten ihn ideologisch am äussersten rechten Rand seiner Partei – rechts von etlichen moderaten Republikanern und Welten entfernt von linksliberalen Demokratinnen wie Elizabeth Warren oder auch Kamala Harris, als diese noch Senatorin war. Ähnlich konservativ wie Manchin ist im demokratischen Lager nur noch Kyrsten Sinema, die seit 2018 Arizona im Senat vertritt.

Doch während der Bundesstaat Arizona politisch eher nach links rückt, was Sinemas politischen Spielraum vergrössert, rückt Manchins Staat stetig nach rechts. In West Virginia hat seit zwanzig Jahren kein demokratischer Präsidentschaftskandidat mehr gewonnen. Im vergangenen November bekam Donald Trump dort knapp 69 Prozent der Stimmen, Joe Biden nur 30 Prozent. Der andere Joe hingegen hat seine Senatswahlen in dem Bundesstaat stets mit Ergebnissen zwischen 50 und 60 Prozent gewonnen.

Gegen schärfere Waffengesetze, gegen zu viel Klimaschutz

Manchins Siege haben allerdings einen Preis: Ob aus Überzeugung oder taktischer Rücksicht auf die Wähler daheim – in Washington fungiert Manchin oft als Bremsklotz, der sich politischen Vorhaben widersetzt, die seine weiter links stehenden Kollegen unterstützen. Und er lässt das auch alle wissen. In einem Wahlwerbespot schoss er zum Beispiel einmal mit einem Jagdgewehr auf das Deckblatt eines Gesetzes, durch das in den USA ein Emissionshandel eingerichtet werden sollte. Damit war klar, was Joe Manchin – Vertreter des Jäger- und Kohlestaats West Virginia – von schärferen Waffengesetzen und allzu viel Klimaschutz hält.

Ähnlich quer zur demokratischen Orthodoxie steht Manchin auch bei vielen anderen Themen: Ob bei Abtreibung, Immigration und Umweltschutz, bei den Rechten von Homosexuellen oder der Bestätigung konservativer Richter – überall findet man Manchin rechts vom Rest der Partei.

Der «plumpe» Auftritt von Kamala Harris

Für Joe Biden, der seine Amtszeit mit einigen dezidiert linken Projekten begonnen hat, könnte Joe Manchin deswegen noch zu einem echten Problem werden. Einen Vorgeschmack bieten die derzeit laufenden Gespräche zwischen dem Weissen Haus und dem Senat über ein weiteres Corona-Hilfspaket. Biden will unter anderem noch einmal Checks an die Bürger verschicken: 1400 Dollar pro Person. Manchin findet das zu grosszügig.

Biden verhandelt zwar auch mit einer Gruppe republikanischer Senatorinnen und Senatoren über einen Kompromiss. Aber er hat klargemacht, dass er nicht auf deren Zustimmung warten will. Sein Problem ist: Ohne Manchins Stimme ist es für die Demokraten im Senat nicht möglich, ein besonderes Verfahren zu nutzen, um Bidens Paket zügig und an den Republikanern vorbei zu verabschieden.

Ein Versuch des Weissen Hauses, Manchin ein wenig in die Zange zu nehmen, verlief Ende voriger Woche nicht sehr erfolgreich. Da gab Vizepräsidentin Kamala Harris, ohne Manchin vorher Bescheid zu sagen, einem lokalen Fernsehsender in West Virginia ein Interview, in dem sie für die 1400-Dollar-Checks warb. Manchin war empört. Das Weisse Haus räumte später ein, dass Harris’ Auftritt «plump» gewesen sei, und entschuldigte sich bei Manchin.

Insofern ändern sich die Zeiten in Washington vielleicht weniger, als viele Amerikaner es sich wünschen würden: Was geht und was nicht, darüber entscheidet im Ernstfall ein weisser Mann über 70 namens Joe.

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