Tote und Verletzte in NizzaMacron: Angriff war ein islamistischer Terroranschlag
Ein Mann hat in Nizza drei Menschen getötet und mehrere verletzt. Auch in Avignon, Lyon und in der französischen Botschaft von Jidda gab es Vorfälle.
Schon wieder Grauen und Entsetzen in Frankreich: Bei einer brutalen Messerattacke in einer Kirche in der südfranzösischen Metropole Nizza sind mindestens drei Menschen getötet worden. Mehrere weitere wurden bei dem Angriff am Donnerstag verletzt, der mutmassliche Täter wurde festgenommen und ist schwer verletzt.
Frankreich rief die höchste Terrorwarnstufe aus, Präsident Emmanuel Macron sprach von einem «islamistischen Terroranschlag». Frankreich sei angegriffen worden, sagte der Staatschef in Nizza. Es ist die dritte Attacke im Land innerhalb weniger Wochen.
Der Angriff ereignete sich laut Medien gegen 9 Uhr morgens in der Kirche Notre-Dame mitten in der Einkaufsstrasse von Nizza. Zwei Menschen seien innerhalb der Kirche «auf schreckliche Weise» getötet worden, sagte Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi. Die Art und Weise erinnere an den Tod des vor zwei Wochen ermordeten Lehrers Samuel Paty, erklärte Estrosi weiter, ohne Details zu nennen.
Ein dritter Mensch habe sich in Nizza noch in eine nahe gelegene Bar flüchten können und sei dort schliesslich gestorben. Medien zufolge soll es sich bei den Opfern um zwei Frauen und einen Mann handeln. Premierminister Jean Castex bestätigte, dass drei Menschen bei der Tat getötet wurden.
Estrosi zufolge rief der Attentäter «Allahu akbar» (»Gott ist gross»). Castex sprach von einer «niederträchtigen» und «barbarischen» Attacke und kündigte eine entschlossene Antwort der Regierung an. Es sei die oberste Stufe «Urgence Attentat» des Anti-Terror-Alarmplans «Vigipirate» ausgerufen worden, sagte er in der Pariser Nationalversammlung. Diese Warnstufe ermöglicht die aussergewöhnliche Mobilisierung von Ressourcen im Kampf gegen den Terror.
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Beim mutmasslichen Angreifer handelt es sich nach dpa-Informationen um einen Mann, der 1999 in Tunesien geboren ist. Der konservative französische Abgeordnete aus dem Département Alpes-Maritimes, in dem auch Nizza liegt, Éric Ciotti, machte am Donnerstag weitere Angaben: So sei der mutmassliche Täter über die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa eingereist, schrieb er bei Twitter.
Auch die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass der Mann auf Lampedusa mit anderen Migranten in die EU eingereist und auf der Insel registriert worden sei. Die Ermittler haben sich bisher noch nicht zum Täter und zum Ablauf der Tat geäussert.
Verstärkter Schutz von Schulen und Kirchen
Macron kündigte einen verstärkten Schutz von Kirchen und Schulen an. Der schon länger laufende inländische Anti-Terroreinsatz «Sentinelle» des Miltärs solle von bisher 3000 auf nun 7000 Soldaten aufgestockt werden. «Heute steht die ganze Nation hinter unseren katholischen Mitbürgern», sagte Macron in der Nähe des Tatorts. Man dürfe nicht dem Geist der Spaltung nachgeben. Der 42-Jährige war am Nachmittag in die südfranzösische Metropole gereist und tauschte sich dort unter anderem mit Sicherkräften aus. In zahlreichen Kirchen im Land läuteten nach der brutalen Attacke am Nachmittag um Punkt 15 Uhr die Glocken.
Die Anti-Terrorstaatsanwaltschaft übernahm in dem Fall die Ermittlungen. Sie ermittelt unter anderem wegen Mords in Verbindung mit einem terroristischen Vorhaben. Es wurde erwartet, dass sich Staatsanwalt Jean-François Ricard später zu den Details der mörderischen Attacke äussern werde.
Erst vor zwei Wochen hatte die brutale Ermordung des Lehrers Paty im ganzen Land riesiges Entsetzen ausgelöst. Das Motiv des 18-jährigen Angreifers war den Ermittlern zufolge, dass Paty in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte.
Ende September hatte ein junger Mann vor den ehemaligen Redaktionsräumen des Satireblatts «Charlie Hebdo» zwei Menschen mit einem Messer verletzt. Das Magazin hatte zu Beginn des Prozesses rund um die brutale Terrorserie 2015, bei der auch zahlreiche Zeichner des Blattes ermordet wurden, erneut Mohammed-Karikaturen veröffentlicht. Auch hier gab der Angreifer die Karikaturen als Motiv an.
Macron hatte nach der Attacke gegen Paty die Meinungsfreiheit und die Veröffentlichung auch religionskritischer Karikaturen verteidigt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sprach daraufhin von einer «Lynchkampagne» gegen Muslime in Europa und rief zum Boykott französischer Waren auf.
Weitere Vorfälle
In Frankreich kam es noch zu weiteren Vorfällen, ein Zusammenhang zur Attacke in Nizza konnte aber zunächst nicht bestätigt werden. Die Polizei tötete im südfranzösischen Avignon einen mutmasslichen Angreifer, der Passanten mit einer Waffe bedroht haben soll. Es gab Polizeikreisen zufolge vorerst keine Hinweise auf einen Terrorhintergrund. AFP berichtete, dass der Mann psychische Probleme gehabt haben solle. In Lyon wurde ein mit einem Messer bewaffneter Mann festgenommen. Niemand wurde verletzt, der Mann sei Sicherheitskreisen bekannt gewesen.
Am französischen Konsulat in Jidda in Saudi-Arabien wurde ausserdem ein Sicherheitsbeamter angegriffen und leicht verletzt. Der Täter wurde festgenommen. Die genauen Hintergründe der Tat blieben zunächst unklar. Die französische Botschaft in Riad sprach in einer Mitteilung von einer «Messerattacke». Franzosen in Saudi-Arabien wurden zugleich zu «höchster Wachsamkeit» aufgerufen.
Weltweite Anteilnahme
Weltweit war die Anteilnahme nach der mörderischen Attacke gross. Saudi-Arabien verurteilte den Angriff der staatlichen Nachrichtenagentur SPA zufolge mit klaren Worten. «Solche extremistischen Taten stehen im Widerspruch zu allen Religionen und allem menschlichen Glauben», teilte das Aussenministerium demnach mit. Zugleich sei wichtig, solche «Verhaltensweisen» abzulehnen, die zu Hass, Gewalt und Extremismus führen, teilte das Ministerium mit, ohne konkreter zu werden. Auch der Iran verurteilte die tödliche Attacke scharf. Der «Terroranschlag» in Nizza reflektiere den eskalierenden Teufelskreis von Hassreden, Provokationen und Gewalt, twitterte Aussenminister Mohammed Jawad Sarif am Donnerstag. Diese Spirale der Gewalt sollte endlich durch Vernunft und Verstand ersetzt werden, so der iranische Chefdiplomat.
Die Spitzen der EU-Institutionen sicherten Frankreich ihre Solidarität zu. Ganz Europa sei solidarisch mit dem Land, schrieb EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf Twitter. «Ganz Europa ist bei euch», schrieb EU-Ratschef Charles Michel. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin brachte sein «tiefes Mitgefühl» zum Ausdruck. Italiens Regierung drückte Frankreich sein Beileid aus. «Wir sind vereint im Kampf gegen Terror und Hass», erklärte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez. Auch Papst Franziskus bekundete seine Nähe und sein Mitgefühl mit den Trauernden.
UNO-Generalsekretär António Guterres nannte die Attacke «abscheulich». US-Präsident Donald Trump schrieb auf Twitter, die USA stünden Frankreich «in diesem Kampf» zur Seite. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Tat als einen «Akt abscheulicher Gewalt» und betonte: «Der Gewalt und den islamistischen Motiven, die offenbar hinter ihr stehen, müssen wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten.»
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Nizza wurde bereits 2016 von einem Terroranschlag erschüttert, dabei starben 86 Menschen. Frankreich wird seit Jahren von einer islamistischen Terrorwelle heimgesucht.
SDA/red
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