Britische SpezialitätBeliebt wie nie: Das Chips-Sandwich
Prolliger Snack der britischen Unterklasse? Mitnichten. Selbst Starköchinnen lieben das Crisp-Sandwich. Das Geheimnis einer eingeklemmten Liebschaft.
Gurkensandwiches? Gähn! Bestimmt war der Klassiker bei all den Picknicks zum Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. im Korb zu finden. Der Kracher dürfte aber das Chips-Eingeklemmte («Crisp Sandwich» auf Englisch) gewesen sein. Dieses hat laut der britischen Zeitung «The Telegraph» ein Hoch, «having something of a moment», sagt man im Königreich. Auch dank der Pandemie: Während der Lockdowns war der Snack einer der beliebtesten Lunches überhaupt.
Rezepte für Crisp-Sandwiches gibt es unzählige – Cracks schwören aber auf nur drei Zutaten: weiches, nicht gummiges Weissbrot (keinesfalls irgendwelche fancy Sauerteigbrote), gesalzene Butter und Pommes Chips. Und zwar die billigen vom Kiosk oder aus dem Pub, Variante Salt & Vinegar. Retro-Fans streichen gar Margarine, die noch kostengünstiger ist, auf die Toastscheiben.
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Gourmets, zumindest solche, die gern betonen, dass sie welche sind, schauen verächtlich auf solcherlei Gebaren. Ob die Queen darüber «amused» ist und Boris Johnson mit Chips-Sandwiches gefeiert hat nach dem Misstrauensvotum seiner Partei, darüber ist nichts bekannt. Wohl aber, dass britische Kochpromis wie etwa Nigella Lawson oder Hugh Fearnley-Whittingstall bekennende Fans sind.
Beim Genuss eines Crisp-Sandwiches kommt viel zusammen, Geschmäcker, Texturen. Und Geräusche!
Nigella bekräftigt gern öffentlich, dass sie mit dem Begriff «guilty pleasure» (frei zu übersetzen mit: kleine Sünde) absolut nichts anfangen kann – ein Crisp-Sandwich ist ein Paradebeispiel für eine «guilty pleasure». Wenig erstaunlich, dass die Köchin sogar Arbeitskollegen auf Twitter zurechtweist: etwa den US-Autor Kenji López-Alt, der sich in der Streichzutat geirrt hat: «A crisp sandwich should be with butter not mayo», schrieb Nigella Lawson zu seinem Rezept.
Neben den Puristen, die mit den klassischen Ingredienzen arbeiten, gibt es verspieltere Anhängerinnen: Netflix-Köchin Nadiya Hussain ernannte das Crisp-Sandwich unlängst zu ihrer bevorzugten Henkersmahlzeit, bereitet es aber mit der berüchtigten britischen Würzpaste Marmite zu sowie mit Salatsauce und weissem Toast. Die verstorbene Soulsängerin Amy Winehouse soll – irgendwie Elvis-esque – jeweils Bananenrädli zwischen die Brotscheiben geklemmt haben.
Selbst Firmen reagieren auf den Trend: Die Sandwichkette Subways hat eine «crisp sandwich sommelier» engagiert, die mit Lebensmittelforschern ideale Sandwichzutaten untersucht (die Social-Media-Köchin Poppy O’Toole, die schon in Sterneküchen gearbeitet hat und «Potato queen» – Kartoffelkönigin – genannt wird). Die Fluglinie Aer Lingus musste allerdings ihren Versuch, Passagieren Pommes Chips, Butter und Toast zu servieren, wieder stoppen – die Sauerei war einfach zu gross.
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Und wenn jetzt alles nach 1.-April-Scherz klingt: Den gab es. Die britische Snack-Firma Walkers (für die Nigella Lawson Werbung macht) veräppelte ihre Kunden dieses Jahr mit der Botschaft, grosse, brotförmige Chips für entsprechende Sandwiches zu produzieren.
Natürlich gibt es eine wissenschaftliche Erklärung zur Crisp-Sandwich-Liebe: Je mehr Sinneseindrücke ein Gericht stimulieren kann, desto grösser ist das Vergnügen beim Essen. Beim Genuss eines Crisp-Sandwiches kommt ziemlich viel zusammen, Geschmäcker, Texturen, ein immer wieder wechselndes Mundgefühl. Und Geräusche! Ähnlich wie man sich in den Knall eines Champagnerzapfens verlieben kann, ist es möglich, geradezu süchtig zu werden nach diesem leisen Knuspern, das von weichem Brot gedämpft wird, wenn man ins Sandwich beisst.
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