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Die USA vor dem Machtwechsel
Beim letzten Abflug blickt Trump auf Trümmer

Historisch schlechte Zustimmungswerte: US-Präsident Donald Trump am Ende seiner Amtszeit.
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Countdowns, überall Countdowns: Es gibt in den USA nicht wenige Medien, die schon seit einiger Zeit Donald Trumps verbleibende Tage im Weissen Haus herunterzählen. Beim konservativen Nachrichtenportal Drudge Report, das zuletzt immer kritischer über den Präsidenten titelte, sind es sogar noch kleinere Einheiten: Noch 48 Stunden. Noch 31. Noch 22. Möge es endlich vorbei sein. Möge er Washington endlich verlassen.

Viele Amerikanerinnen und Amerikaner sehen das ähnlich. Nach der neuesten Umfrage des Gallup-Instituts, das seit 1938 die Zustimmungswerte der Präsidenten ermittelt, unterstützen nur noch 34 Prozent den Präsidenten, es ist dies sein tiefster Wert seit vier Jahren. Abgesehen von Harry Truman war kein Präsident am Ende seiner Amtszeit unbeliebter als Trump.

Es ist still geworden

Wenn Trump bei seinem Abflug am Mittwoch das letzte Mal aus dem Helikopter auf Washington blicke, werde er sich den Trümmern seiner Präsidentschaft nicht entziehen können, schreibt die gewöhnlich nüchterne Nachrichtenagentur AFP. Die Hauptstadt der USA: ein Heerlager von bewaffneten Soldaten. Die abgeriegelte National Mall, wo statt Menschen nur Tausende von Flaggen zu sehen sind: ein Mahnmal für die Verwüstung durch die Pandemie. Eine friedliche Machtübergabe sieht anders aus.

200’000 Flaggen wurden auf der National Mall aufgepflanzt. Sie sollen an die Amerikanerinnen und Amerikaner erinnern, die wegen der Pandemie und der Sicherheitsvorkehrungen nicht an Joe Bidens Amtseinführung teilnehmen können.

Wie Trump selbst dem Ende seiner Präsidentschaft entgegenblickt, ist weniger klar. Seit Twitter ihm nach dem Sturm auf das Capitol das Konto abgestellt hat, hat sich Trump kaum mehr öffentlich zu Wort gemeldet. Er hat auch darauf verzichtet, in Abschiedsinterviews Bilanz über seine Amtszeit zu ziehen, so wie das viele seiner Vorgänger getan haben.

Auch am Dienstag, seinem letzten vollen Tag im Amt, hielt der Präsident keinen öffentlichen Auftritt ab. Im Tagesprogramm des Weissen Hauses hiess es bloss: «Der Präsident wird von frühmorgens bis spätabends arbeiten. Er wird viele Telefonate führen und viele Treffen haben.»

Begnadigungen erwartet

Dafür hatte er nach Medienberichten vor, kurz vor seinem Abgang noch eine Rekordzahl an Gnadenerlassen bekannt geben. Trump wolle mindestens 60, vielleicht sogar mehr als 100 Leute begnadigen oder ihnen die Strafe erlassen, schrieb die «New York Times». Auf Trumps provisorischer Liste sollen danach mehrere republikanische Politiker und Geldgeber stehen, die wegen Korruption und Finanzdelikten verurteilt wurden.

Offenbar kein Thema mehr sind eine Selbstbegnadigung des Präsidenten oder ein präventiver Gnadenerlass für seine Kinder. Besonders Ersteres wäre rechtlich und politisch höchst kontrovers. Trumps Anwälte sollen ihm von diesem Schritt abgeraten haben. Auch ein Straferlass für Mitglieder des Mobs, der am 6. Januar im Capitol wütete, steht angeblich nicht mehr zur Debatte.

Das mag auch damit zu tun haben, dass Trump das Weisse Haus zwar am Mittwoch verlässt – aber Washington wohl noch länger beschäftigen wird. Das Impeachment-Verfahren gegen Trump im Senat, das mit der Anklage durch das Repräsentantenhaus gestartet wurde, wird bald beginnen.

Heilung – oder Rechenschaft?

Und anders als beim ersten Impeachment vor einem Jahr ist diesmal nicht mehr ausgeschlossen, dass die Demokraten im Senat 17 republikanische Senatoren finden, die für eine Verurteilung Trumps stimmen. Mit einer umstrittenen Selbstbegnadigung würde es Trump den Republikanern wohl einfacher machen, sich gegen ihn zu wenden.

Von den Republikanern sind vor allem zwei Argumente gegen eine Verurteilung Trumps zu hören. Das Impeachment-Verfahren existiere, um einen Amtsträger aus dem Amt zu entfernen. Es sei nicht als Untersuchung gegen eine Privatperson gedacht, die Trump ja nun bald sei. Das zweite Argument: Die Demokraten hätten ständig davon geredet, das Land einen zu wollen. Mit dem Impeachment-Verfahren würden sie nun bloss neue Wunden aufreissen.

Die Demokraten kontern, dass eine Heilung nur möglich sei, wenn Trump für seine Anstiftung zur Gewalt zur Verantwortung gezogen werde – und wenn die Republikaner endlich klarstellten, dass Trumps Erzählung von der gestohlenen Wahl falsch sei. Bidens Partei erhofft sich von einem Schuldspruch für Trump auch, dass er damit nicht wieder für ein Amt kandidieren darf.

«Deep clean» für eine halbe Million Dollar: Vor Bidens Einzug wird das Weisse Haus tiefengereinigt.

Offen ist, wie Trump sich auf das Verfahren vorbereitet. Die meisten Anwälte, die ihn beim ersten Impeachment verteidigten, wollen das nicht wieder tun. Dafür hat sein persönlicher Verteidiger Rudy Giuliani, der zuletzt durch immer wirrere Auftritte aufgefallen war, sein Interesse angemeldet. Keine gute Idee, findet der republikanische Stratege Karl Rove: Wenn Trump seine Verteidigung Giuliani überlasse, stiegen die Chancen für eine Verurteilung erheblich.

Noch ist es aber nicht so weit, noch ist Trump Präsident. Doch alles geht jetzt ganz rasch. Vor dem Weissen Haus waren Anfang Woche Zügelwagen zu sehen. Und nachdem der Regierungssitz zuletzt dreimal zum Corona-Hotspot wurde, soll nun jeder Türgriff und jede Fuge desinfiziert werden – eine Tiefenreinigung für eine halbe Million Dollar. Joe Biden hat den Kampf gegen die Pandemie zu seiner obersten Priorität erklärt. Ein sauberes Weisses Haus wäre da ein ganz guter Anfang.

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