Freihandelsabkommen Schweiz-USABefremden über Botschafter Pittelouds Trump-Aussage
Unbedarfte Feststellung, korrekte Lagebeurteilung oder beides zusammen? Der Schweizer Botschafter in den USA sorgt mit einem Interview für Zustimmung und Widerspruch in Bern.
«Unter Trump hätten wir vielleicht eine grössere Chance gehabt.» Diesen Titel trägt ein aktuelles Interview des Schweizer Botschafters in den USA, Jacques Pitteloud. Mit der Zeitung «Blick» sprach er über die Chancen eines Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und den USA. Und sagte wörtlich: «Hätte Trump eine zweite Amtszeit bekommen, hätten wir vielleicht eine etwas grössere Chance gehabt. Die neue Regierung um Joe Biden muss sich erst mal mit anderen Problemen befassen.» Man werde sich aber weiterhin um ein Freihandelsabkommen bemühen.
Wie sachdienlich ist es, wenn der Botschafter in Washington die neuen Verhandlungspartner der Administration Biden öffentlich so qualifiziert? Für das Aussendepartement in Bern ist dies jedenfalls kein Problem. Denn die Berner EDA-Zentrale hat Pittelouds Interview vor der Veröffentlichung autorisiert.
Das EDA geht mit Pitteloud denn auch auf Nachfrage einig. Sprecherin Elisa Raggi erwartet, «dass sich die neue Administration vermutlich zuerst auf die interne wirtschaftliche Lage konzentriert, bevor sie mit anderen Ländern Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufnimmt.»
«Etwas unbedarft»
Anders tönt es aus dem Parlament. Der Zürcher Nationalrat Fabian Molina (SP) fragt sich, weshalb denn die Schweiz in den letzten vier Jahren kein Schrittchen weiter kam in dieser Frage, wenn doch die Administration Donald Trump so gut gewesen sei. Bis heute habe man ja noch nicht einmal Vertragsverhandlungen aufgenommen. «Bevor wir den Stab über der Administration Biden brechen, warten wir nun einmal ab», schlägt er vor.
Aussenpolitiker Nik Gugger (ZH) von der Mitte-Fraktion findet die Aussage Pittelouds «etwas unbedarft». Sie sei geeignet, Irritationen in der Administration Biden hervorzurufen, zumal der neue US-Präsident kein Sozialist sei, sondern ebenfalls an guten Geschäften interessiert.
Und Christa Markwalder (FDP, BE) sagt als Präsidentin der parlamentarischen Vereinigung Schweiz-USA: «Ich lese Pittelouds Aussagen als ‹expectation management› gegenüber dem heimischen Publikum». Der Botschafter versuche gewissermassen, die Erwartungen zu dämpfen. Sie sei aber überzeugt, dass Jacques Pitteloud dank guter Beziehungen in die neue Administration mit dem Verhandlungsmandat vorwärts mache und Resultate nach Hause bringe.
Grüne und SVP stören sich
Kritik an Pitteloud kommt von Seiten der Grünen. Diese sind gegen ein Freihandelsabkommen, aus Umweltüberlegungen. Für Nationalrätin Sibel Arslan (BS) ist die Bemerkung Pittelouds «aus staatspolitischer Perspektive befremdend». Arslan stört, «dass sich der Schweizer Botschafter so äussert, noch bevor er sich mit der Administration des Präsidenten erstmals ausgetauscht hat». Möglich sei nun sogar ein besseres Abkommen.
«Pittelouds Einschätzung ist kaum falsch,» meint demgegenüber der St-Galler SVP-Nationalrat Rino Büchel. Die kritisierte Bemerkung stösst ihm trotzdem auf. «Es gibt Momente zu reden. Und es gibt Momente zu schweigen», sagt er. Das gelte speziell für Botschafter. Aussenminister Cassis und Bundespräsident Parmelin hätten Pitteloud nun klar zu signalisieren, «was geht und was nicht».
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