«Erholung nicht möglich»Beamte dürfen wegen Corona Ferien verschieben
Ein Merkblatt des Eidgenössischen Personalamtes erlaubt den Staatsangestellten, ihre Ferien zu verschieben, weil Ferienreisen im In- und Ausland zurzeit nicht mehr möglich seien. Das führt zu Problemen.
Tausende haben ihre Osterferien zu Hause verbracht, der letzte Skiurlaub, ein paar Tage am Meer, ja sogar die Ferien im Tessin lagen diesen Frühling nicht drin. Wem das nicht gefiel, der hatte keine Wahl – ausser er arbeitete bei der Bundesverwaltung.
Den Beamten ist erlaubt, was in der Privatwirtschaft grundsätzlich nicht möglich ist, nämlich ihre Ferien kurzfristig zu verschieben. In von der Corona-Krise betroffenen privaten Unternehmen mussten vereinbarte Ferien vor allem deshalb bezogen werden, damit die Angestellten wieder da sind, wenn die Wirtschaft wieder hochgefahren wird.
Anders beim Bund: In einem Merkblatt, das in der Bundesverwaltung kursiert, schreibt das Eidgenössische Personalamt (EPA) ausdrücklich, dass Beamte, die Urlaube geplant hätten, diese aber nun nicht antreten könnten und die Ferien verschieben möchten, «dies nach Absprache mit ihren Vorgesetzten» tun könnten. Es macht bloss eine Einschränkung, nämlich wenn es «die betrieblichen Bedürfnisse erlauben» würden.
Ferien, so schreibt das EPA weiter, «sollten den Angestellten in erster Linie ermöglichen, sich zu erholen». Dieser Zweck könne in der momentanen Lage nicht mehr gegeben sein, weil Ferienreisen im In- und Ausland «praktisch nicht mehr möglich» seien.
Merkblatt wirkt wie eine Aufforderung
Sind Ferien also nur erholsam, wenn man verreisen kann? Das Merkblatt wurde vom Personalamt in Zusammenarbeit mit den Personalverantwortlichen der Departemente und der Bundeskanzlei, der Parlamentsdienste und der eidgenössischen Gerichte verfasst. Offenbar haben viele Beamte von der Regelung Gebrauch gemacht.
«Die Vorgesetzten müssen jederzeit eine ausreichende Anwesenheit ihrer Mitarbeiter sicherstellen.»
Mehrere Vorgesetzte befürchten, im Herbst und im Winter zu wenig Leute zu haben, um die Aufgaben ihrer Dienststelle erfüllen zu können. Das Merkblatt habe wie eine Aufforderung gewirkt, die Ferien zu verschieben, und es sei schwierig, solche Anfragen abzulehnen, sagt ein Betroffener.
Das Personalamt nimmt auf Anfrage die Formulierung aus dem Merkblatt etwas zurück und betont, es gelte in der Bundesverwaltung die gleiche Regelung wie in der Privatwirtschaft. «Es besteht kein Anspruch auf eine Verschiebung der Ferien», sagt Anand Jagtap, Mediensprecher des EPA. «Die Vorgesetzten müssen bei der Ferienplanung jederzeit eine ausreichende Anwesenheit ihrer Mitarbeitenden sicherstellen, um den Arbeitsauftrag über das ganze Jahr hinweg erfüllen zu können.» Es bestehe nach seinem Wissensstand eine starke Tendenz, die Ferien wie geplant zu beziehen.
Ein Beamter muss nicht am Abend nacharbeiten, was er am Tag wegen der Betreuung der Kinder nicht erledigen konnte.
Doch das Merkblatt enthält eine zweite Regelung, welche dazu verleiten könnte, anstelle von Ferien zu Hause lieber im Homeoffice zu arbeiten. Wenn Schulen oder Kinderkrippen geschlossen werden und Bundesbeamte zu Hause arbeiten, dann dürfen sie auch dann die ganze Soll-Arbeitszeit aufschreiben, wenn «die effektiv geleistete tägliche Arbeitszeit infolge der Betreuung von Kindern tiefer ist». Ein Beamter muss also nicht am Abend nacharbeiten, was er am Tag wegen der Betreuung der Kinder nicht erledigen konnte. Dies gilt auch, wenn Angehörige gepflegt werden müssen.
Diese Regelung gelte nur dann, wenn keine andere Lösung für die Betreuung der Kinder gefunden werden könne, betont Anand Jagtap. Es sei zudem vorab zu prüfen, ob die Möglichkeit eines Abbaus von Zeitguthaben bestehe. «Im Übrigen arbeiten auch viele Mitarbeitenden der Bundesverwaltung am Abend weiter», sagt Jagtap.
Rasch zwei Wochen mehr Ferien
Schreiben die Beamten diese Zeit jedoch ebenfalls auf, ergeben sich wiederum Überstunden, die sie gemäss dem Spezialrecht für die Beamten mit Freizeit kompensieren müssen. Und weil die Arbeitszeit der meisten Beamten 41,5 Stunden pro Woche beträgt, haben sie schnell Überzeit.
Arbeitet ein Beamter zum Beispiel regelmässig eine oder zwei Stunden pro Woche länger, ergeben sich über das gesamte Jahr daraus eine oder zwei Wochen mehr Ferien. Ein 50-jähriger Beamter kommt so mit geringem Aufwand auf acht Wochen Ferien. Wenn er diese jetzt nicht bezieht und seine Ferien verschiebt, fehlt er Ende Jahr zwei Monate.
Das sei rechtlich zulässig, sagt Anand Jagtap, aber ein theoretisches Beispiel, das in der Praxis wohl kaum vorkommen werde. «Es ist die Aufgabe des direkten Vorgesetzten, die Ferienplanung vorausschauend so zu gestalten, dass keine betrieblichen Probleme entstehen», betont er.
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