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Diskussionslose Niederlage
YB zerbricht an Barcelonas Lust am Fussball

Barcelona's Lamine Yamal, centre right, is challenged by Young Boys' Jaouen Hadjam during the Champions League soccer match between Barcelona and Young Boys at the Lluis Companys Olympic Stadium in Barcelona, Spain, Tuesday, Oct. 1, 2024. (AP Photo/Joan Monfort)
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In Kürze:
  • Die Young Boys unterlagen Barcelona mit 0:5 im Olympiastadion.
  • Barcelona spielte mit hohem Ballbesitz und kreierte viele Chancen.
  • Die Katalanen zeigten grosse Spielfreude und Engagement auf dem Platz.
  • YB-Team kämpfte solidarisch.

Es hörte einfach nicht mehr auf. 4:0 führte Barcelona bereits, da sprintete und grätschte Raphinha in der Berner Hälfte noch immer um jeden Ball. Als müsste er mit seinem Team in einem Champions-League-Viertelfinal einen Rückstand aus dem Hinspiel wettmachen. Aber das hier war kein Champions-League-Viertelfinal. Das hier war die zweite Partie der Ligaphase gegen die Young Boys, die in der kleinen Schweizer Liga auf dem zweitletzten Platz liegen.

Nach dem Spiel war genau das eines der Themen in der Berner Garderobe. Die Anerkennung dieses katalanischen Willens. Zumindest im Trainerteam schwang Bewunderung mit.

Es war die pure Lust, die der FC Barcelona in dieses Spiel legte. Die Lust, den 45’097 Menschen im Olympiastadion mehr zu bieten als nur den Sieg, den alle erwartet hatten. Lamine Yamal etwa, der an diesem Abend 17 Jahre, 2 Monate und 16 Tage alt war, er beschäftigte mit Hüftwacklern, Hackentricks und Antritten die ganze linke Berner Abwehrseite. Jaouen Hadjam, Türsteher auf jener Seite, sagt zu den Duellen mit Yamal: «Ich habe Erkenntnisse gewonnen. Und ich hoffe, dass wir uns wiedersehen.»

Weniger diplomatisch drückt sich Lewin Blum aus: «Heute war ich froh, dass ich Rechtsverteidiger bin.» Auch er hat die katalanische Fussballfreude auf dem Platz wahrgenommen. So etwas hatte er kaum je gesehen. Es erinnere ihn höchstens ein wenig an die Duelle mit Manchester City in der Vorsaison, «aber über die Jahre, in denen ich Barça verfolgte, war das immer ihre Art Fussball. Einfach spielen, viel Ballbesitz. Es war unglaublich, das mal zu sehen und zu erleben».

Alle viereinhalb Minuten ein Abschluss

Zeit, diese Überlegenheit mit ein paar Zahlen zu untermauern: Barcelona spielte 679 Pässe; Barcelona hatte 20 Abschlüsse, das ist alle 4,5 Minuten einen, 13 davon innerhalb des Strafraums; Barcelona hatte 67 Prozent Ballbesitz; und alle zehn katalanischen Feldspieler hielten sich im Durchschnitt in der Berner Hälfte auf. Das berechnet das Statistik-Portal «Sofascore». Zum Vergleich: Die Durchschnittsposition sämtlicher YB-Spieler lag wenig überraschend in der eigenen Hälfte.

YB-Trainer Patrick Rahmen sagt: «Wenn du so viel Ballbesitz hast, dann sieht es nach viel Lust aus. Im Fussball hast du den Ball nun mal lieber selber. Das geht uns genauso. Gegen ein solches Team siehst du dann selbst vielleicht so aus, als fehle dir die Lust. Wir haben solidarisch gekämpft, im Wissen, dass wir hier viel gegen den Ball arbeiten müssen. Es war nicht alles perfekt, aber das Gemeinsame auf dem Feld, das habe ich gesehen.»

Was hätte YB mehr tun können gegen dieses Barcelona, als wenigstens zusammenzustehen und vor 2500 mitgereisten Fans gemeinsam gegen weitere Tore zu kämpfen?

Nichts.

Diese Niederlage müssen die Berner im Album der Erinnerungen ablegen. Ein Verein wie YB lebt bei diesen Auftritten auch immer ein wenig von den Tagen vor dem Spiel, von der Vorfreude, von der Anspannung, die niemand künstlich herbeimoderieren muss. Mit 0:5 hat das Erlebnis Barcelona allerdings etwas gar ernüchternd geendet.

Rahmen sagt: «Wenn du in Rückstand gerätst und hoch verlierst, kannst du ja keine Freude haben. Wir mussten heute leiden. Aber wir haben uns in der Halbzeit gegenseitig gepusht und wollten zurückkommen – oder mindestens das Resultat halten. Die Mannschaft hat solidarisch gekämpft.»

Dass der fünfte Treffer ein Eigentor von Mohamed Ali Camara war, passt zur Situation, in der die Young Boys sich befinden. In der Liga ist der Rückstand auf elf Punkte angewachsen, in der Champions League lag YB beim Schlusspfiff in Barcelona auf Rang 36. 36 Mannschaften nehmen teil.

Der gute Moment, die Lust am eigenen Fussball zu finden

Während YB auf Punkte wartet, hat Barcelona nach der Startniederlage gegen Monaco mit diesem 5:0-Sieg mal eben rasch etwas für das Torverhältnis getan. Man weiss beim neuen Modus der Champions League schliesslich nicht, was man am Ende der Ligaphase noch brauchen kann.

Lange dürfte sich Barcelona nicht mehr mit den Young Boys beschäftigen. Und auch die Berner dürfen diese Partie eine Rückreise lang in den Köpfen behalten, dann aber den Fokus auf das richten, was für sie wirklich wichtig ist: das Ligaspiel am Sonntag gegen den FC Basel.

Im St.-Jakob-Park steigt das Duell gegen den emotional wichtigsten Gegner aus Berner Sicht. Es wäre ein guter Moment, auch selbst die Lust am Fussball wiederzuentdecken. Vielleicht findet Trainer Patrick Rahmen ein paar Videoschnipsel von Barcelona und schickt sie seinen Spielern, mit Empfehlung zur Nachahmung. So hätte diese 0:5-Niederlage doch noch ihren Wert.