«Fake News»BAG-Direktor warnt vor Flyern der Maskengegner
Corona-Skeptiker haben am Samstag in Zürich Flyer gegen die Maskenpflicht im ÖV verteilt. Wer hinter der Aktion steckt, ist unklar. Der Bund verurteilt diese Handlung.
«Maskenpflicht – unsinnig & gefährlich» ist auf Flyern zu lesen, die am Samstag ein Mann beim Zürcher Bellevue verteilt hat. Die Flyer sind farbig auf Glanzpapier gedruckt, Design und Farbwahl erinnern an die offiziellen Flyer des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Seit dem ersten Tag der Maskenpflicht bekämpfen Einzelpersonen und lose Gruppierungen diese mit Flyern.
B. Z.* wurde gegen 15 Uhr vom Mann angesprochen: «Er fragte mich, ob ich ein paar Infos zur Maskenpflicht wolle. Ich sagte Ja, weil ich dachte, es handle sich um Informationen über die Wirksamkeit der Masken oder das richtige Tragen», erklärt die Person gegenüber 20 Minuten. Als sie den Flyer genauer anschaute, bemerkte Z., dass darauf ausschliesslich Argumente gegen das Tragen von Masken zu finden waren. So steht etwa, dass «Alltagsmasken» nicht vor Viren schützten, dass die Sauerstoffzufuhr verringert werde und dass sich aufgrund der Feuchtigkeit unter der Maske Bakterien und Viren in der Lunge vermehren würden und man Pickel bekomme. Auf der Rückseite finden sich Zahlen, die belegen sollen, dass es keinen «relevanten Anstieg der Fallzahlen» und keine zweite Welle gebe.
Experten sind ungehalten
Am Sonntagnachmittag postete der Direktor des BAG, Pascal Strupler, den Flyer auf Twitter und schrieb dazu: «Fake News!» Auch Marcel Tanner, emeritierter Epidemiologie-Professor am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut und Mitglied der Taskforce des Bundes, verurteilt die Aktion: «Die Aussagen sind falsch. Sie haben keine wissenschaftliche Grundlage.»
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Die Wirksamkeit von Masken in Situationen, wo der Abstand nicht eingehalten werden kann, ist laut Tanner durch verschiedene Studien aus diversen Ländern klar erwiesen. «Das haben wir in der Taskforce schon im April gesagt. Mittlerweile haben wir durch die Erfahrungen während der Pandemie weitere Erkenntnisse hinzugewonnen, und auch die WHO bestätigt klar die Wirksamkeit der Masken.»
Dass es Menschen gebe, die solche Unwahrheiten verbreiteten, sei traurig und äusserst verantwortungslos: «Ich verstehe die Motivation dafür nicht. Anstatt in der Krise für Lösungen zusammenzuhalten, versuchen sie, die Bemühungen zugunsten der Bevölkerung zu unterwandern. Ich verstehe nicht, was sie damit erreichen wollen», sagt Tanner. «Solche Aktionen wirken jeglicher gemeinsamer Bekämpfungsstrategie entgegen.»
Umstrittene Website
Die Links auf den Flyern führen auf die Website von «Swiss Policy Research», die bis vor kurzem noch «Swiss Propaganda Research» hiess. Laut den Betreibern handelt es sich um ein «Forschungs- und Informationsprojekt zu geopolitischer Propaganda in Schweizer und internationalen Medien». Die Inhalte und Methoden der Site sind umstritten (siehe Box). Wer hinter der Site steckt, ist unklar. Die Betreiber wollen laut eigenen Angaben anonym bleiben, da sie Repressionen fürchteten. Neben einem sehr ausführlichen Artikel zu Covid-19 finden sich auf der Site auch Informationen über «russische Propaganda», die «Israel-Lobby» oder «Pädokriminalität».
Flyern ist erlaubt
Auf seine Flyer habe der Mann durchaus auch positives Feedback bekommen, sagt Z.: «Er kam etwa mit einer Frau ins Gespräch, die meinte, die ganze Maskenpflicht im ÖV sei doch ein Witz, wenn die Leute sich in den überfüllten Badis so nahe kämen.» Zwei andere hätten darüber diskutiert, dass es gar keinen Anstieg der Fallzahlen gebe – es werde lediglich mehr getestet.
Die Stadtpolizei Zürich hatte laut eines Pressesprechers Kenntnis von der Aktion. Bewilligungspflichtig sei sie nicht, heisst es: «Für das Verteilen von Flyern braucht es nur eine Bewilligung, wenn es sich um eine kommerzielle Aktion handelt, wenn also etwa ein neues Geschäft beworben wird», sagt der Sprecher. Demonstrationen müssten bewilligt werden, wenn ein Umzug geplant sei. «Für Stand- oder Flyeraktionen mit Informationscharakter ist hingegen keine Bewilligung erforderlich.» Ob hinter der Flyer-Aktion die Macher von «Swiss Policy Research» stehen, ist unklar. Eine Anfrage an die Betreiber der Site blieb am Sonntag unbeantwortet.
* Name der Redaktion bekannt
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