Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

5 Fragen und Antworten zu «Baby Reindeer»
Die wahre Geschichte hinter dem Netflix-Überraschungshit

Er ist ihr «Rentierbaby» – und erzählt nun seine eigene Geschichte: Donny Dunn (Richard Gadd) und seine Stalkerin Martha (Jessica Gunning).

Achtung, dieser Text enthält Spoiler.

Wie wahrheitsgetreu ist die Serie?

Die Geschichte hinter «Baby Reindeer» hat sich zu grossen Teilen so zugetragen. Hauptdarsteller und Autor Richard Gadd erzählt von zwei traumatischen Erlebnissen, die er in seinen Zwanzigern erlebt hat: Als junger Komiker wurde er von einem einflussreichen Mann aus der Kulturbranche unter Drogen gesetzt und vergewaltigt. Später, zwischen 2015 und 2017, wurde Gadd dann von einer Frau gestalkt.

Auch dass er sich in eine Transfrau verliebt, ist gemäss einem Bericht des «Guardian» wahrheitsgetreu, ebenso, dass die Stalkerin irgendwann dazu überging, Gadds Eltern zu belästigen. In der Serie seien einzig Namen und identifizierende Details verändert worden, um die involvierten Personen zu schützen, sagte Gadd der britischen Zeitung. Ausserdem habe das Drehbuch einige dramaturgische Zuspitzungen erfordert.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

«Rentierbaby» war der Kosename der Stalkerin für Richard Gadd, angelehnt an ein Plüschtier aus ihrer Kindheit. Ihre Belästigungen sind tausendfach dokumentiert. In Zahlen ausgedrückt: 41’071 Mails, 350 Stunden Sprachnachrichten, 744 Tweets, 46 Facebook-Nachrichten, 4 gefälschte Facebook-Accounts und 106 Seiten Briefe verfasste die psychisch kranke Frau. Die aufdringlichen Mails, die in der Serie immer wieder eingeblendet werden, sind echt, wie Netflix bestätigt hat. Manche sind aggressiv, andere obszön und voller sexueller Anspielungen – und alle voller Tippfehler.

Wer ist Richard Gadd, Hauptdarsteller und Autor der Serie?

Der schottische Schauspieler und Comedian Richard Gadd (35) ist durch «Baby Reindeer» über Nacht weltweit bekannt geworden. Rund 350’000 Follower hat er bereits auf Instagram, die Serie ist vielen Ländern Nummer eins in den Netflix-Charts, auch in der Schweiz.

Dabei traf Gadd den Geschmack des breiten Publikums lange nicht: Früher machte er hauptsächlich schräge Stand-up-Comedy, die viele Menschen nicht verstanden (ganz so zum Fremdschämen wie in der Serie waren seine Auftritte gemäss Eigenaussage allerdings nicht).

Im Unterschied zur Serie, wo der Protagonist aus einem spontanen Reflex heraus seine wahre Geschichte vor Publikum erzählt, schrieb Richard Gadd seine autobiografischen Erfahrungen ab 2016 in Theaterstücken nieder. In seiner Show «Monkey See Monkey Do» thematisierte er den sexuellen Missbrauch durch einen manipulativen älteren Mann aus der Kulturbranche. Damit gewann er erste Preise. Drei Jahre später brachte er «Baby Reindeer» als One-Man-Show auf die Bühne, in London wurde es zu einem grossen Erfolg.

Im angelsächsischen Raum war Richard Gadd also bereits ein bekanntes Gesicht. Der «Telegraph» wählte ihn vergangenes Jahr auf Platz 23 der «50 lustigsten Comedians des 21. Jahrhunderts» – einen Rang vor dem amerikanischen Comedian Chris Rock. Die Netflix-Produktion katapultiert Gadd nun in Hollywood-Sphären.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Wer ist die «echte Martha»?

Es ist die Frage, die viele Fans am meisten umtreibt: Welches sind die Vorbilder für die beiden Übeltäter, die Stalkerin und den Vergewaltiger? Die Serie schützt die realen Figuren. Dennoch haben sich Fiktion und Realität bereits vermischt. Einerseits hat sich in der britischen Klatschpresse eine Frau zu Wort gemeldet, die behauptet, sie sei das Vorbild gewesen für Martha, die Stalkerin. Allerdings habe sie Gadd nie belästigt, und sie werde Netflix nun verklagen.

Andererseits begann im Internet eine virtuelle Grossfahndung nach dem einflussreichen TV-Autor, der Gadd unter Drogen gesetzt und sexuell missbraucht hat. Bald geriet der britische Theaterregisseur und Komiker Sean Foley unter Beschuss, weil er biografische und äusserliche Ähnlichkeiten mit der Filmfigur hat. Das ging so weit, dass Richard Gadd in den sozialen Medien mahnte, niemanden zu Unrecht in Spekulationen zu verwickeln.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Eine Frau stalkt einen Mann: Wie oft kommt das in der Realität vor?

Zu den Stärken von «Baby Reindeer» gehört, dass die Erzählung die gewohnten Täter-Opfer-Verhältnisse hinterfragt und aufbricht. Dass ein Mann Stalkingopfer wird, ist nicht die Regel. Laut der Schweizerischen Kriminalprävention sind in mehr als vier von fünf Fällen die Stalker männlich und die Opfer weiblich. Häufig sind Stalker gekränkte, verlassene Ex-Partner.

Doch Pia Altorfer von der Opferhilfe Bern sagt: «Jede Konstellation ist möglich. Gut, dass die Serie das bekannte Täter-Opfer-Narrativ umkehrt und so zur Sensibilisierung beiträgt, dass auch Männer von Stalking betroffen sein können.»

Ist die Stalkerin Täterin oder Opfer?

In der Serie wie auch in Interviews hat sich Richard Gadd von einer klaren Schuldzuweisung an die Stalkerin distanziert und hinterfragt sich sehr kritisch nach seinem Anteil an der ganzen Sache. In einem Interview vor einigen Jahren sagte er, es wäre «unfair», die Stalkerin als schrecklichen Menschen und ihn selbst nur als Opfer zu bezeichnen.

Ein schwieriger Gedanke – den aber laut Pia Altorfer fast alle Betroffenen kennen. Sie sagt: «Stalkingopfer sollten sich an gewisse Regeln halten, sich etwa strikt aus allen sozialen Medien verabschieden, damit die stalkende Person keinerlei Möglichkeit hat, sich in Verbindung zu setzen. Jegliche Kontaktversuche sind zu ignorieren, unter Umständen muss man Telefonnummer und Mailadresse wechseln.»

Würden Stalkingopfer solche Regeln nicht einhalten, könne das durchaus dazu beitragen, dass die Belästigung andauere. «Schuldgefühle sind nachvollziehbar», sagt Altorfer. «Trotzdem darf man die Verantwortung nie der Person zuschieben, die gestalkt wird. Schliesslich wird sie in ihrer Freiheit und ihrem Alltag massiv eingeschränkt.»