Debatte zum RettungspaketNationalrat sagt Ja zur Rettung der Stromkonzerne – SP wirft SVP Hetze gegen Sommaruga vor
Das Parlament hat die Rettungsaktion für die Axpo gutgeheissen. Die Debatte in der Grossen Kammer verlief sehr emotional. Der Ticker zum Nachlesen.
Das Wichtigste in Kürze
Der Nationalrat hat den Rettungsschirm für Stromunternehmen gutgeheissen.
Der Nationalrat sagte Ja zu Gesetzesgrundlagen für Rettungsschirm (137 zu 51 Stimmen) und Verpflichtungskredit von zehn Milliarden Franken (136 zu 51).
Die Nein-Stimmen kamen jeweils von der SVP.
Die Debatte im Nationalrat dauerte über vier Stunden und war sehr heftig.
Eine Wortmeldung sorgte auch über die Debatte hinaus für Reaktionen (Eintrag von 14:11 Uhr).
Der Ständerat hatte bereits Ja gesagt.
Den Rettungsschirm hat der Bundesrat mit einer Notverordnung schon vor dem Entscheid für den Stromkonzern Axpo aktiviert.
Mit dem Ja im Nationalrat zeichnet sich ab, dass die Notverordnung für die Hilfe an die Axpo ab dem 1. Oktober durch ein dringliches und bis Ende 2026 befristetes Gesetz abgelöst werden kann.
SP will den Strommarkt reformieren
Roger Nordmann (SP/VD) weist darauf hin, dass der Bund den Rettungsschirm rechtzeitig aufgegleist habe. Das Parlament sei dafür verantwortlich, dass er für die Axpo noch nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Fraktionschef wehrt sich gegen den Vorwurf, dass die aktuelle Situation auf die Politik der Linken zurückzuführen sei. Sie sei vielmehr eine Folge der starken Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. Der Strommarkt müsse dringend reformiert werden, meint er. Man müsse zu einem System zurückkehren, in dem die Preise, welche die Konsumentinnen und Konsumenten zahlten, einen Bezug zu den Gestehungskosten hätten. Der liberale Ansatz habe versagt.
Die SP ist dafür
Die hohen Strompreie hätten durchaus mit dem Angriff auf die Ukraine zu tun, sagt Gabriela Suter (SP/AG). Es könne im schlimmsten Fall zu einer Kettenreaktion kommen. Die Schweizer Stromversorgung sei in Gefahr. Die SP macht sich allerdings für strenge Vorgaben und mehr Transparenz stark. Die Kantone könnten per Notrecht nicht Beträge in dieser Höhe sprechen, sagt die SP-Nationalrätin. Es bräuchte Parlamentsbeschlüsse. Dass die Stände den Konzernen in kurzer Zeit zu Hilfe eilten, sei daher nicht möglich.
Warum müssen Büezer mehr bezahlen?
Mike Egger (SVP/SG) spricht gegen die Vorlage. Unter den hohen Strompreisen habe insbesondere die Bevölkerung zu leiden. Sie zahle zudem mehr für Benzin und höhere Krankenkassenprämien. Das Volk müsse nun die Zeche für eine verfehlte Politik und das Management eines Unternehmens zahlen. «Das ist ein Skandal.»
Frage zu Kaiseraugst
Gerhard Pfister (Die Mitte/ZG) will wissen, ob es ein Fehler war, das Kernkraftwerk Kaiseraugst nicht zu bauen. Christoph Blocher hatte dafür gekämpft, dass es nicht so weit kommt. «Aus technischer Sicht was es ein Fehlentscheid», antwortet Imark.
Volk für dumm verkauft?
Marianne Binder (Die Mitte/AG) spricht die Energiestrategie an und will von Christian Imark wissen, ob er denke, dass das Volk nicht wisse, was es abstimme. Das Volk sei getäuscht worden, entgegnet dieser. Sein Kritik gelte dem Parlament und den Behörden.
Axpo wird gerettet, andere leiden
SVP-Politiker Imark kritisiert, dass mit der Axpo eine Firma unterstützt werde, die ihre Liquidität nicht im Griff habe. «Die Wirtschaft und die Bevölkerung bleiben im Regen stehen». Ihnen helfe niemand. Der Rettungsschirm trage nichts zur Lösung bei. Finanzielle Engpässe müssten über den Finanzmarkt und über die Eigentümerschaft angegangen werden.
Imark bekämpft die Bundeshilfe
«Dieser Rettungsschirm ist nur ein weiteres trauriges Kapitel linker energiepolitischer Entscheide der letzten Jahre», sagt Christian Imark (SVP/SO). Die Energiestrategie sei gescheitert. Sämtliche Versprechungen hätten sich in Luft aufgelöst. Die Bevölkerung sei veräppelt worden. Die Energie sei nicht wegen des Kriegs verknappt. Das sei politisch gewollt.
Kredit ist nicht ohne Risiko
Peter Schilliger räumt auf eine Frage von Martullo-Blocher ein, dass der Kredit mit einem Risiko verbunden ist. Es sei ein Zins hinterlegt, führt er aus. «Ohne Risiko braucht es diese Vorlage nicht.»
Was die Gegner kritisieren
Es sei nicht optimal, dass der Staat immer wieder Unternehmen retten müssen, finden Kritiker. Die Axpo habe zuletzt gute Geschäfte gemacht. Man dürfe einen Rettungsschirm nicht im Voraus aufspannen. Die Kommission fordert zudem mehr Transparenz.
Finanzpolitiker sind für das Gesetz
Peter Schilliger (FDP/LU) führt aus, warum die Finanzkommission das Gesetz unterstützt. «Ein Stromunterbuch in der Schweiz hätte fatale Auswirkungen», warnt er. Die Kosten wäre immens. Auch aus Sicht der Steuerzahlenden mache es Sinn, der Lösung zuzustimmen. Die Darlehen würden voraussichtlich zurückgezahlt. Es gebe aktuell keinen anderen Weg, um das Land vor potenziellen Gefahren zu bewahren. Die Kommission möchte allerdings dass die Verantwortlichkeiten im Strommarkt geklärt werden.
Die Situation ist «fragil»
Der Fall der Axpo zeige, dass die Situation der Strombranche sehr «fragil» sei, sagt Delphine Klopfenstein Broggini (Grüne/GE). Es sei nun der Moment, zu handeln. Daran führe gemäss einer Mehrheit der Kommission kein Weg vorbei.
Heer: Ein «todsicheres Geschäft»
Allenfalls wird sich die Finanzhilfe für den Bund rentieren. Alfred Heer (SVP/ZH) fragt daher, warum sich keine Privaten finden lassen, die dieses «todsichere Geschäft» machen möchten. Martin Bäumle erinnert an die Rettung der UBS und betont, dass in kurzer Zeit sehr viel Geld bereit gelegt werden müsse. Dies sei nur dem Bund möglich.
Keine erneute Anhörung durch die Kantone
Der Ständerat hat die Kantone zum Geschäft angehört. Die Kommission des Zweitrats nicht. Dort wurden kritische Punkte angesprochen.
Martullo-Blocher spricht den Handel an
Magdalena Martullo-Blocher (SVP/GR) will wissen, wie die Axpo an der Börse gehandelt habe. Kommissionssprecher Bäumle erwähnt, dass die Axpo in erster Line gehandelt habe, um ihre Stromgeschäfte abzusichern. Genauere Informationen müsste jedoch die Axpo geben. Die SVP-Nationalrätin findet, die Kantone hätten sich nach dem Alpiq-Hilferuf vom Dezember doch einrichten, die Risiken der Stromkonzerne beurteilen und auch entsprechend Vorbereitungen treffen können, um hier als Aktionäre Zuschüsse zu leisten. «Wieso nehmen Sie die Kantone in diesem Geschäft aus der Verantwortung?»
«Warum muss der Bund übernehmen?»
Christian Wasserfallen (FDP/BE) kritisiert, dass der Bund einspringen muss. «Ich verstehe diese Vorlage nicht», sagt er. Die Besitzer-Kantone hätten profitiert. Dass sie nun nicht zuständig seien, irritiere. Bäumle erwidert, dass dies die beste Lösung sei. Die Kantone hätten allenfalls unter Verlusten zu leiden.
Mehr Sicherheit dank Rettungsschirm
Die Sicherheit durch die Finanzhilfen sei für die Konzerne entscheidend, findet die Kommission. Der Rettungsschirm sei ein wichtiges Signal. Martin Bäumle wird darauf hingewiesen, dass er Verwaltungsrat der EKZ sei. Er bestätigt dies.
Markt ist stark unter Druck
«Wir müssen heute Klarheit schaffen», sagt Martin Bäumle. Es hätte andere Wege gegeben. Doch nun sei dieser eingeschlagen worden. Das Schlimmste wäre es aus seiner Sicht, nichts zu unternehmen. Der Krieg in der Ukraine habe die Situation auf dem Strommarkt nochmals verstärkt. Faktisch sei der Markt im Moment nicht liquid.
Erster Redner: Martin Bäumle (GLP/ZH)
Die vorberatende Kommission ist für das Gesetz. Sie warnt vor einer Kettenreaktion in der Strombranche, welche die Wirtschaft stark belasten würde. Die Darlehen sollen zurückbezahlt werden. Das könnte für den Bund sogar noch zu einem guten Geschäft werden. Mit dem heutigen Entscheid werde man das Vorgehen des Bundesrates absegnen. Bei einem Nein werde die Axpo keine Hilfe erhalten.
Die Debatte startet
Der Nationalrat hat über eine Änderung des Strassverkehrsgesetzes entschieden. Nun beginnt die Debatte über die Finanzhilfen für Stromkonzerne.
Die Debatte wird ab 8 Uhr erwartet
Die steigenden Strompreise belasten die Energiebranche. Die Axpo musste letzte Woche den Bund um Hilfe bitten. Dieser hat ihr einen Hilfskredit von 4 Milliarden Franken zugesprochen. Dass damit ein Unternehmen gerettet wird, das zu 100 Prozent den Ostschweizer Kantonen gehört, dürfte heute im Nationalrat zu reden geben. Die Besitzer-Kantone haben jahrelang von Dividenden profitiert. Aus rechtlichen Gründen sahen sie sich nun jedoch nicht im Stand, einzuspringen. Die Boni der Axpo-Geschäftsleitung hatten in den letzten Tagen ebenfalls Kritik ausgelöst. Wie CEO Christoph Brand am Wochenende ankündigte, will diese jedoch auf die Zahlungen verzichten. Der Ständerat hatte sich im Juni für die Vorlage ausgesprochen. Er möchte, dass auch kleine Unternehmen von der Bundeshilfe profitieren sollen, sofern sie systemrelevant sind. Der Bund hatte nur an die drei Konzerne Axpo, Alpiq und BKW gedacht. Das Gesetz sieht Darlehen bis zu 10 Milliarden Franken vor. Es ist auf Ende 2026 befristet.
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