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Australiens Rugby-Misere
Der Erfolgscoach wird zum Buhmann der Nation

LYON, FRANCE - SEPTEMBER 24: Eddie Jones, Head Coach of Australia, looks on prior to the Rugby World Cup France 2023 match between Wales and Australia at Parc Olympique on September 24, 2023 in Lyon, France. (Photo by Chris Hyde/Getty Images)
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Natürlich war es eine ernste Angelegenheit. Jedenfalls sicher kein Ort für einen Scherz. Trotzdem wollte sich Eddie Jones wenigstens ein bisschen Galgenhumor nicht verbieten lassen. «Ich kam, um zu helfen, aber im Moment bin ich keine besonders grosse Hilfe, was?», sagte er und liess ein Lächeln folgen.

Gesagt hat dies der 63-jährige Trainer der australischen Nationalmannschaft nach dem Gruppenspiel gegen Wales in der dritten Runde der Rugby-WM in Frankreich. Die Partie geriet zum Desaster für die stolzen Wallabies, 6:40 unterlagen sie dem Gegner – die höchste Niederlage in ihrer WM-Geschichte. Die Folge: Erstmals überhaupt könnten sie in der Vorrunde scheitern. Sie sind auf einen Ausrutscher Fidschis angewiesen, das mit Georgien und Portugal aber vor Pflichtaufgaben steht.

Apropos Fidschi: noch so ein Klecks im Reinheft der Australier. Eine Woche vor der Kanterniederlage gegen Wales hatten sie in Saint-Étienne auf spektakuläre Weise gegen die Aussenseiter von der Pazifikinsel verloren. Jones versuchte schon da, mit einem Spruch die Wogen zu glätten, die er sofort aufkommen spürte: «Ich habe es verdient, dass man mit Baguettes und Croissants nach mir wirft.»

SAINT-ETIENNE, FRANCE - SEPTEMBER 17: Players of Australia look on as Waisea Nayacalevu of Fiji leads his teammates as players of Fiji perform the Cibi prior to the Rugby World Cup France 2023 match between Australia and Fiji at Stade Geoffroy-Guichard on September 17, 2023 in Saint-Etienne, France. (Photo by Catherine Ivill/Getty Images) *** BESTPIX ***

Doch Jones ist kaum zu halten, so viel ist klar nach den zwei peinlichen Auftritten seiner jungen Mannschaft an der Endrunde in Frankreich. Da nützt ihm seine ganze Flapsigkeit nichts. «Ich übernehme die volle Verantwortung», sagte er nach der Klatsche gegen Wales etwas ernsthafter, und die Konsequenz daraus dürfte sein, dass er seinen Job, den er erst Anfang Jahr angetreten hat, nach der Endrunde wieder los ist.

Zweimal als Trainer im WM-Final

Dabei hat der Mann aus Tasmanien einen guten Ruf und Erfolge vorzuweisen. Ab 2001 war er schon einmal Australiens Nationaltrainer gewesen und hatte aus dem Team einen Finalisten an der WM 2003 geformt (Niederlage gegen England). 2007 arbeitete er als Sportdirektor für die südafrikanische Nationalmannschaft beim zweiten WM-Titel der Springboks.

2012 ging er nach Japan, um dort Aufbauhilfe zu leisten, und an der WM 2015 gelang ihm mit den Cherry Blossoms eine der grössten Überraschungen im Rugby-Sport überhaupt: Sie schlugen in der Gruppenphase Südafrika in einem grandiosen Spiel. Sein letztes Engagement vor der Rückkehr nach Australien endete noch einmal mit einem (verlorenen) WM-Final: 2019 mit England gegen Südafrika.

YOKOHAMA, JAPAN - NOVEMBER 02:  England head coach, looks dejected after their defeat during the Rugby World Cup 2019 Final between England and South Africa at International Stadium Yokohama on November 02, 2019 in Yokohama, Kanagawa, Japan. (Photo by David Rogers/Getty Images)

Mit dem unerfahrenen und von Verletzungen geplagten australischen Team scheint guter Rat nun aber teuer. Die monumentale Schwäche der Wallabies kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn Australien ist 2027 Ausrichter der nächsten WM. Jones besitzt einen Vertrag bis dahin. «Ich bin stolzer Australier, und es schmerzt mich, solche Niederlagen erklären zu müssen», sagte er nach dem Spiel gegen Wales in Lyon.

Was läuft da mit Japan?

Den inneren Schmerz nehmen ihm in der Heimat immer weniger Landsleute ab. Wenige Stunden vor dem Wales-Spiel am vergangenen Sonntag erschien ein Bericht im «Sydney Morning Herald», in dem stand, dass sich Jones erneut für das Amt des japanischen Nationaltrainers beworben habe. Er habe unmittelbar vor der WM an einem Zoom-Meeting teilgenommen, heisst es, ein weiteres Bewerbungsgespräch sei bereits geplant.

Jones wurde in der Medienkonferenz nach dem Wales-Spiel auf den Bericht und die Gespräche angesprochen und wurde kurzsilbig. «Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst, Mann», sagte er und wiederholte sich auf Nachfrage. Später unterbrach er eine ähnlich gelagerte Frage an Spieler David Porecki. «Was ihr hier tut, ist stossend. Ich entschuldige mich für die Resultate, das tue ich wirklich. Mir deshalb aber das Engagement für den Job abzusprechen, führt zu weit. Ich arbeite nonstop.»

Beim «Sydney Morning Herald» bleiben die Experten bei ihrer Darstellung, die Gespräche sind offenbar durch mehrere Quellen gestützt. In einem Meinungsstück schreibt einer der Rugby-Reporter: «Wie konnte ich mich nur so in ihm täuschen? Jones muss gehen, doch sein Schicksal war schon vor diesen peinlichen Niederlagen besiegelt.»