Der infizierte US-PräsidentAus dem Krankenbett twittert er jetzt in Grossbuchstaben
Wie Donald Trump den Eindruck zu zerstreuen versucht, dass die Corona-Infektion ihn schwer mitgenommen hat.
Donald Trump ist Präsident der Vereinigten Staaten. Gleichzeitig ist er Patient im Walter Reed National Military Medical Center, wo er sich seit Freitag wegen einer Infektion mit Sars-CoV-2 in stationärer Behandlung befindet. Vor allem aber ist Donald Trump Wahlkämpfer. Am 3. November ist Wahltag in den USA. Wobei man genauer sagen müsste: Am 3. November endet der Zeitraum, in dem die Amerikaner ihre Stimme für den nächsten Präsidenten abgeben können.
Mehr als drei Millionen Brief- und Frühwähler haben das bereits gemacht. Und ein Teil von ihnen tat es unter dem Eindruck von Fernsehbildern, in denen Trump auf dem Weg ins Spital zu sehen war – infiziert mit einem gefährlichen Pathogen. Begleitet wurden diese Bilder von Berichten, in denen erklärt wurde, wie schlecht es dem Präsidenten zuweilen ging.
Die Bilder sind vermutlich gestellt
Insofern ist es nachvollziehbar, dass Donald Trump der Berichterstattung einen neuen Dreh geben will. Der malade Präsident – damit lässt sich nur schwer eine Wahl gewinnen. Das Weisse Haus veröffentlicht daher seit dem Wochenende regelmässig Fotos, die Trump im Spital bei der Arbeit zeigen. Mal liest er Akten, mal unterschreibt er Papiere.
Die Bilder sind vermutlich gestellt, ob Trump tatsächlich viel Arbeit erledigt, ist offen. Auf jeden Fall aber belegen sie – wie auch die kleinen Videobotschaften, die Trump verschickt –, dass der Präsident nicht todkrank ist.
Das war auch die Botschaft der kurzen Ausfahrt, die Trump am Sonntagnachmittag unternahm, um sich bei seinen Fans zu bedanken. Vor dem Zufahrtstor zum Spital stehen seit Tagen Dutzende Anhänger des Präsidenten. Die Reaktionen waren geteilt – wie es immer ist, wenn Trump etwas tut.
Im demokratischen Lager wallte Empörung auf. Der Präsident sei infektiös, er habe für eine PR-Aktion das Leben der Secret-Service-Beamten gefährdet, die mit ihm in dem Auto gefahren seien, lautete der Vorwurf. Im republikanischen Lager wurde das natürlich anders gesehen. Trump absolviere selbst als Covid-19-Patient noch mehr öffentliche Auftritte als sein demokratischer Herausforderer Joe Biden, lästerten die Unterstützer des Präsidenten.
Am Montagmorgen war Trump zumindest so gesund, dass er früh aufstehen und um 6.19 Uhr anfangen konnte, Tweets zu schreiben.
Am Montagmorgen war Trump zumindest so gesund, dass er früh aufstehen und um 6.19 Uhr anfangen konnte, Tweets zu schreiben. Er feuerte eine ganze Ladung ab, bis 7.14 Uhr waren es 19 Stück, die meisten in Grossbuchstaben. «STOCK MARKET HIGHS. VOTE!», «LAW & ORDER. VOTE!», «PRO LIFE! VOTE!», «SAVE OUR SECOND AMENDMENT. VOTE!» Trump ist zwar nicht die einzige Person, die Zugang zum Twitter-Konto @realDonaldTrump hat, aber dass ein Mitarbeiter auf eigene Faust so eine frühmorgendliche Salve verfasst, ist auch nicht wahrscheinlich.
Allerdings bleibt für Trump das Problem, dass er auf absehbare Zeit nur sehr eingeschränkt Wahlkampf wird machen können, selbst wenn er das Spital rasch wieder verlässt. Sein Team hatte für die nächsten Wochen eine ganze Reihe von grossen Veranstaltungen geplant, die Trump so mag und die deutlich mit den Auftritten von Biden kontrastieren, bei denen aus Gründen des Infektionsschutzes oft nur wenige Menschen anwesend sind. Aber ob der Präsident selbst nach einer überstandenen Corona-Infektion wieder Rallys wird abhalten können, bei denen Hunderte Besucher eng an eng stehen und sich anstecken können, ist offen.
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Kommt es zur zweiten Debatte?
Ähnliches gilt auch für die zweite Kandidatendebatte zwischen Trump und Biden, die für den 15. Oktober geplant ist. Auch wenn Trump diese Woche ins Weisse Haus zurückkehrt, bleibt ihm keine Zeit, um sich vor der Debatte noch für die empfohlenen 14 Tage in Quarantäne zu begeben.
Joe Biden allerdings dürfte wenig Neigung haben, sich mit einem möglicherweise ansteckenden Debattenpartner, der nur ein paar Meter entfernt ist, 90 Minuten lang in einem geschlossenen Raum auf eine Bühne zu stellen.
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Podium: Donald Trump ist der umstrittenste Politiker der Gegenwart. Im November stellt er sich der Wiederwahl. Wie sind seine Chancen? Wie ist seine Bilanz? Wird ihn Joe Biden schlagen? Und vor allem: Was bedeutet es für die USA und die Welt, wenn Trump vier weitere Jahre regiert? Darüber debattieren: Elisabeth Bronfen, Anglistikprofessorin an der Universität Zürich, Christof Münger, Ressortleiter International beim Tages-Anzeiger, Markus Somm, Publizist. Sonntag, 18. Oktober 2020, Kaufleuten, Pelikanplatz, Zürich. Türöffnung 19.00 Uhr, Beginn 20.00 Uhr. Ermässigter Eintritt mit Carte blanche.
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