Ukraine-Blog: Fotos, Fakes und FragenAus dem Gefängnis entlassene Ex-Wagner-Kämpfer begehen wieder Verbrechen
Mord, Raub, Drogenhandel: Viele zurückgekehrte Söldner werden in Russland erneut straffällig. Sie dürfen mit milden Bestrafungen rechnen.
In Massen kehren sie zurück nach Russland: Die Ex-Häftlinge, die von der Wagner-Gruppe für den Krieg in der Ukraine rekrutiert wurden. Im Juni sagte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin, dass 32’000 ehemalige Häftlinge nach Vertragsende mit der Wagner-Gruppe nach Hause zurückgekehrt seien. Das war noch vor dem Aufmarsch der Wagner-Kämpfer auf Moskau und dem anschliessenden Abzug der Söldner aus der Ukraine.
Viele dieser entlassenen Häftlinge begehen nun erneut Verbrechen in Russland. Prigoschin behauptete in der Mitteilung im Juni, dass nur 0,25 Prozent der entlassenen Ex-Häftlinge wieder Straftaten begangen haben. Gemäss Recherchen des unabhängigen russischen Portals «Verstka» gibt es keine genauen Statistiken darüber, wie oft begnadigte Sträflinge erneut gegen das Gesetz verstossen, aber: «Gerichtsdaten zeigen, dass solche Fälle immer häufiger auftreten.»
Viele der entlassenen Wagner-Kämpfer waren bereits vor dem Krieg wegen Mordes oder Pädophilie verurteilt, wie «Verstka» festhält. Und einige begingen seit ihrer Rückkehr wieder die gleichen Verbrechen, für die sie bereits zuvor verurteilt worden waren. Das Portal hat verschiedenste Straftaten aus Gerichtsakten zusammengetragen. Ein Auszug.
Zwei Morde
Der Ex-Wagner-Kämpfer Demyan Kevorkyan wurde 2016 wegen Raubes und Mordes zu 18 Jahren Haft verurteilt. Diesen April ermordete der 31-Jährige gemäss Gerichtsakten zwei Kinder-Maskottchen-Darsteller in der Region Krasnodar.
Der 28-jährige Ex-Wagner-Söldner Ivan Rossomahin wurde wegen ähnlicher Delikte 2020 zu 14 Jahren Haft verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Entlassung tötete er im vergangenen März laut «Verstka» eine 85-jährige Frau in der Region Kirow. Wären sie nicht für Wagner in den Krieg gezogen, würden beide noch mindestens 11 Jahre im Gefängnis sitzen.
Eine weitere Straftat, die von einem begnadigten Wagner-Kämpfer begangen wurde, ereignete sich im Mai in Nowosibirsk in Sibirien. Dort wurde ein 42-jähriger Mann des sexuellen Missbrauchs zweier Kinder angeklagt. Sein vollständiger Name wurde in den öffentlichen Aufzeichnungen laut «Verstka» nicht genannt. Alle drei Angeklagten wurden gemäss dem Portal verhaftet, die Behörden haben jedoch keine weiteren Informationen zu den Fällen publiziert.
Verabreichte Überdosis
Am 28. April berichteten russische Medien über den Tod eines 16-jährigen Mädchens aus der Stadt Safonowo unweit der Grenze zu Belarus. Das Mädchen starb den Berichten zufolge an einer Überdosis Drogen. Ein 24-jähriger Mann wurde beschuldigt, ihr die Substanz verabreicht zu haben, die zum Tod führte. Ein lokales Medium schrieb unter Berufung auf eigene Quellen, der Verdächtige habe in der Gruppe Wagner gedient und an der «speziellen Militäroperation» teilgenommen.
Laut Gerichtsakten, die «Verstka» vorliegen, handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen Mann namens Konstantin Zaikin. Er sollte bis 2026 im Gefängnis bleiben, wurde jedoch im August 2022 begnadigt. Laut «Verstka» drohen dem Mann 15 Jahre Gefängnis wegen «Verursachung des Todes einer Minderjährigen durch Anstiftung zum Drogenkonsum».
Raubüberfälle und Betrug
Das Medium listet weitere straffällig gewordene Ex-Wagner-Kämpfer auf, so etwa ein Mann namens Nikolai Seryogin. Er hat einen Angestellten eines Lebensmittelgeschäfts mit einem Metallrohr angegriffen. Im September 2019 war er zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden, bevor er nach seiner Begnadigung 2022 in den Krieg zog.
Der Ex-Wagner-Kämpfer Mikhail Shilayev wurde in der Stadt Michurinsk unter dem Vorwurf des Raubüberfalls für zwei Monate festgenommen. 2020 wurde er wegen Diebstahl und Betrug zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt.
Öffentlichen Gerichtsakten zufolge erhielt ein Mann namens Juri Teterin in der Region Karelien 2021 wegen mehrfachen Diebstahls eine Haftstrafe von 11 Jahren. Nach den Akten eines Bezirksgerichts in der Region steht Teterin laut «Verstka» seit April unter dem Vorwurf der schweren Körperverletzung unter Arrest. Ihm drohen erneut bis zu 12 Jahre Gefängnis.
Keine richtige Strafverfolgung
Am 13. Juni liess Russlands Präsident Wladimir Putin in einer Mitteilung verlauten, dass begnadigte Ex-Häftlinge, die nach ihrer Rückkehr aus dem Krieg erneut Straftaten begehen, «in vollem Umfang des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen werden, egal was passiert». Doch gemäss «Verstka» wird dies nicht umgesetzt: «Obwohl viele Veteranen des Krieges gegen die Ukraine ein langes Strafregister haben, können sie mit einer milden Behandlung durch die russische Justiz rechnen.»
Möglich macht das laut dem Portal eine gesetzliche Regelung in Russland: Wenn eine Person begnadigt wird, werden sämtliche frühere Verurteilungen aus dem Strafregisterauszug gelöscht. Das bedeutet, dass ihre früheren Straftaten nicht mehr als erschwerende Umstände gelten können, die eine längere Strafe ermöglichen.
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