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Mamablog: Aus dem Wochenbett
Auf diesen Hebammen-Typus können wir verzichten

«Wie bitte?!»: Bei manchen Sprüchen von Hebammen sind kritische Blicke wie dieser leider angemessen.
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Bei mir war es eine von dreien. Die Erfahrenste, ausgerechnet. Ü50, Jahrzehnte im Beruf, an einer Hochschule in der Hebammenausbildung tätig. Als sie unsere Wohnung das erste Mal betrat, tat sie es mit der Attitüde der Hausherrin. Kein Zögern, keine Frage, wo man den Mantel aufhängen soll. Keine Codes. Jetzt lief ihre Show. Wir taten es als Schrulligkeit ab. Das ist eben so ihre Art. Was sollen wir auch empfindlich tun. Schliesslich geht es um das Wohl unserer Tochter.

Deplatziert und zackig

Wie deplatziert ihr Verhalten war, wurde mir erst im Nachhinein bewusst. Als sie das Hämatom um meine Kaiserschnittnarbe gesehen hatte, sagte sie «Boah, da haben sie dir aber einen reingedrückt!» Dann wiederholte sie mehrmals: «Das geht nicht in zwei, drei Tagen weg.» Als hätte das irgendjemand auf der Welt vermuten können.

«Du kannst als Vollmond an die Fasnacht.»

Hebamme zu einem Baby

Mit unserer Tochter war sie unzimperlich, nicht grob, aber unnötig zackig. Die Versicherung, dass es der Kleinen gut geht, packte sie in Formulierungen darüber, wie kugelrund sie sei. Es war vor allem dieser permanente Unterton, der uns beschäftigte. Er zog sich durch ihr ganzes Verhalten. Wie sie ein Glas Wasser verlangte und dann fast unangerührt auf dem nächstbesten Möbel abstellte. Und wie sie unsere Namenswahl kommentierte. Man muss dazu wissen, dass unsere Tochter wie eine deutsche Gegenwartsautorin heisst. Der Name liegt aber nicht gerade im Trend. Auch unsere Hebamme hatte einmal eines der Bücher dieser Autorin gelesen. Sie schlussfolgerte: «Ach, dann ist das wie damals mit Kevin.»

Elterliche Unsicherheit erhöht die Toleranzgrenze

Hebammen dieses Typus sind einige unterwegs in der Schweiz. Ich musste nicht nach weiteren Beispielen suchen. Ein befreundetes Paar, das kürzlich ebenfalls eine Tochter bekommen hat, erzählte mir Ähnliches. Ihre Hebamme sagte unter anderem, die Kaiserschnittwunde sei «schräg zusammengenäht». Und als die Mutter ein paar Fragen zum Wohlergehen des Babys stellte, wurde sie gefragt, ob sie eigentlich eine Hypochonderin sei.

Auch als Stilberaterin, so erzählt es das Paar, habe sich die Hebamme hervorgetan und beispielsweise einen pastellfarbenen Regenbogen über dem Wickeltisch kritisiert. Zum Baby mit seinen Pausbacken sagte sie: «Du kannst als Vollmond an die Fasnacht.» Und als die Kleine einmal heftig weinte, demonstrierte sie ihr komplettes Beruhigungsrepertoire: hielt die Füsse des Babys unters kalte Wasser, trug es auf den Balkon, hetzte mit ihm durch die Wohnung, wickelte es wie einen Burrito ein. «Sie spielte sich mächtig auf, ohne Erfolg», resümiert der Vater.

Das Wochenbett kann schwierig sein – umso mehr sollte man Menschen um sich haben, von denen man sich unterstützt fühlt.

Ich frage mich, wie es sein kann, dass solche Frauen noch als Hebammen unterwegs sind. Vielleicht liegt es daran, dass man diese Dienstleistung nur ein paar Wochen benötigt. Die kurzfristige Perspektive und die Unsicherheit, die einen besonders beim ersten Kind begleitet, erhöhen die Toleranzgrenze unnötig. Vielleicht liegt es auch daran, dass man bei vielen Angeboten fürs Wochenbett nicht genau weiss, wer einen betreuen wird. In unserem Fall war es so, dass die Hebammen im Team und im Turnus agierten, wie schon bei unserem ersten Kind.

Eine Hebamme, wie man sie sich wünscht

Wir haben – und darüber wundere ich mich heute noch – diese Frau noch ein zweites Mal in unsere Wohnung gelassen. Bevor wir die Besuchstage so legten, dass nur noch ihre Teamkollegin zu uns kam – eine Hebamme, wie man sie sich wünscht: einfühlsam, geduldig, freundschaftlich, die sich herzlich um unsere Tochter und um mich gekümmert hat.

Werdenden Eltern kann ich nur empfehlen, sich genau zu überlegen, wen sie in diesem intimen Lebensmoment zu sich nach Hause holen, sprich Freundinnen und Bekannte nach Empfehlungen zu fragen. Das Wochenbett kann schwierig sein – nach Geburtskomplikationen, wenn es dem Kind nicht gut geht, man eine Depression entwickelt. Umso mehr sollte man Menschen um sich haben, von denen man sich unterstützt fühlt.

Wir hatten das Glück, dass im Grossen und Ganzen alles gut gelaufen ist und wir, weil es das zweite Mal war, nicht mehr so unsicher waren. So ist diese Hebamme für mich heute nur noch eine Tisch-Anekdote.

Wie ist es mit Ihnen, liebe Leserinnen und Leser? Mussten Sie auch solch irritierende Erfahrungen machen? Oder war Ihre Hebamme einfach wunderbar? Wir freuen uns, in der Kommentarspalte davon zu erfahren.