AusblickAuf anderen Wegen zum gleichen Ziel
Toyota hat seine Strategie für Europa überarbeitet. Im Fokus steht die CO₂-Neutralität bis 2040.
Toyota musste sich in den letzten Jahren einige Kritik gefallen lassen. Der Hybrid-Pionier habe die Elektromobilität verschlafen, meinen Branchenexperten, darunter der Automarktforscher Ferdinand Dudenhöffer. Erst vor zwei Jahren lancierten die Japaner mit dem Lexus UX 300e ihr erstes batterieelektrisches Modell, erst vor kurzem wurde mit dem bZ4X der erste Stromer der Kernmarke Toyota auf die Strasse gebracht. Da war die Konkurrenz deutlich schneller. Vor einem Jahr dann preschte Toyota mit einer neuen Elektrostrategie nach vorne: Der Konzern kündigte an, in Europa, Nordamerika und China ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr verkaufen zu wollen. Bis dahin sollen 30 rein elektrisch angetriebene Modelle in der Palette sein. Und Edel-Tochter Lexus werde ab dann weltweit ausschliesslich Elektroautos anbieten.
Inzwischen machen sich aber Gerüchte breit, dass der grösste Autohersteller der Welt diese Strategie bereits verworfen habe oder zumindest grundlegend ändern wolle. Vier mit den Plänen vertraute Insider sagten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Arbeiten an einigen der 30 laufenden Elektroauto-Projekten seien bereits gestoppt worden. Medien wie das «Handelsblatt» spekulieren, dass damit der Ende 2021 angekündigte 38 Milliarden Dollar teure Strategieplan bereits Makulatur sein könnte. Kommentieren will der Konzern diese Aussagen nicht.
Wechsel zu «grüner» Energie
Am diesjährigen Kenshiki-Forum, an dem Toyota Europe jeweils einen Ausblick auf die kommenden Jahre liefert, waren die Töne denn aber etwas zurückhaltender. Matthew Harrison, Chef der europäischen Sparte, betonte in seiner Ansprache zwar, dass Toyota das Ziel, in Europa bis 2050 CO₂-neutral zu werden, bereits 2040 erreichen werde. «Der erste Schritt dahin ist, dass wir bis 2030 in allen unseren Werken und Standorten klimaneutral sein wollen.» Dazu wollen die Japaner den Energieverbrauch minimieren, den Wechsel zu «grüner» Energie vollziehen und neue Innovationen implementieren. «Das zweite Ziel ist es, bis 2035 sämtliche Verkäufe in der EU, im Vereinigten Königreich und in den Efta-Ländern mit emissionsfreien Fahrzeugen zu tätigen.» Damit bestätigte Harrison indirekt, dass das vor einem Jahr angekündigte Ziel nun doch um fünf Jahre nach hinten geschoben wurde. Als letzten Punkt nennt Harrison die Sicherstellung der CO₂-Neutralität in der gesamten Lieferkette sowie in der eigenen Logistik bis 2040.
«Generell fokussieren wir uns auf zwei Bereiche: erstens die CO₂-Neutralität und wie wir sie in unseren Geschäftsaktivitäten erreichen können, und zweitens die Mobilität der Zukunft, für die wir uns von einem Autohersteller zu einem Anbieter von Mobilitätslösungen wandeln», erklärt der Europa-Chef. Dabei setze Toyota aber nicht allein auf den Batterieantrieb, sondern zähle global auf fünf unterschiedliche Antriebsformen: Neben Hybriden, Plug-in-Hybriden und Brennstoffzellenfahrzeugen sehen die Japaner auch den Wasserstoff-Verbrennungsmotor als Alternative. «Infolge der derzeit knappen Verfügbarkeit und den hohen Kosten von Batteriematerial und Infrastruktur ist es besser, auf eine Kombination von Antrieben zu setzen», begründet Gill Pratt, Leiter des Toyota Research Centers, diesen Entscheid. «Wir müssen das tun, was für die Umwelt am meisten bringt: die grösstmögliche CO₂-Reduktion mit jeder produzierten Batteriezelle erreichen und so viele nicht elektrifizierte Fahrzeuge wie möglich elektrifizieren.» Denn der Feind, sagt Pratt, sei das CO₂, nicht ein bestimmter Antrieb.
Die Kraft des «und»
Diese Aussage ist auch als Seitenhieb an das EU-Parlament zu verstehen, das nicht nur das Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 beschlossen, sondern dafür den batterieelektrischen Antrieb als einzig akzeptierbare Quelle auserkoren hat. Das mag auch der Grund dafür sein, dass Toyota während des Kenshiki-Forums diese Aussage wie ein Mantra stetig wiederholt hat. «Wir nennen das die Kraft des ‹und›», führt die für den Bereich «Menschen, Technologie und Unternehmensbelange» zuständige Vizepräsidentin Kylie Jimenez weiter aus. «Denn es gibt nicht eine Lösung für alles – umso weniger, wenn man die Unterschiede in den Kundenbedürfnissen und beim Ausbaustand der Infrastruktur berücksichtigt.»
Um diesen Worten auch Taten folgen zu lassen, präsentierte Toyota neben bereits bekannten Konzeptfahrzeugen auch eine seriennahe Studie des neuen C-HR, der bald auf den Markt kommen wird. Ins Rampenlicht gerückt wurde zudem die fünfte Generation des Prius, die bereits im November in Los Angeles ihre Weltpremiere feierte. Mit der Einführung der ersten Modellgeneration und damit auch des elektrifizierten Antriebs lag Toyota 1997 goldrichtig, trotz der vielen Kritik, die damals laut wurde. Ob die Japaner mit der nun dargelegten Strategie ebenso ins Schwarze treffen werden, müssen die nächsten Jahre zeigen.
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