Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Affäre im Westschweizer Bistum
Auch der Nachfolger des Skandalpfarrers muss gehen

Der Westschweizer Bischof Charles Morerod hat noch immer keinen geeigneten Priester für die Freiburger Kathedrale. Die Aufnahme ist von der Pressekonferenz am Mittwoch, dem 15. Juli.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Im Februar war der Westschweizer Bischof Charles Morerod gezwungen, Voruntersuchungen gegen den Hauptpriester der Freiburger Kathedrale, Paul Frochaux, einzuleiten. Der Vorwurf: sexuelle Übergriffe.

Diese Zeitung machte Anfang Jahr Anschuldigungen des heutigen Unidozenten E. öffentlich: Frochaux habe ihn 1998, damals 17-jährig, in dessen Chalet von Torgon missbraucht: Er habe ihn geküsst und dann sexuell missbraucht. Dabei sei der damalige Pfarrer von Morges für ihn jahrelang eine Autoritäts- und Vaterfigur und Arbeitgeber gewesen. Die alleinerziehende Mutter hatte den Priester gebeten, ihrem Sohn ein väterliches Vorbild zu sein.

Ein Dossier war angeblich verschwunden. Wann es wieder auftauchte, ist unklar.

Nach der Publikation suspendierte Morerod den fehlbaren Priester. Vor wenigen Tagen trat Frochaux von all seinen kirchlichen Ämtern zurück. An der Medienkonferenz am Mittwoch in Freiburg zu den eingeleiteten Untersuchungen ging es aber weniger um den Täter, geschweige denn ums Opfer. Vielmehr standen die Bemühungen des Bischofs im Zentrum, sich in einem guten Licht darzustellen. Seine Argumentation: Wenn überhaupt, sei er nur mangelhaft über Frochaux informiert gewesen. Trotz Vorliegen eines Dossiers beliess Morerod seinen Freund als Ausbildner am Priesterseminar, ernannte ihn 2012 zum Kathedralpriester und 2016 fast zum Bischofsvikar. Die Präsidentin der damaligen Missbrauchskommission, Françoise Morvant, sagt heute auf Anfrage, sie habe Morerod bereits im Herbst 2012 eine Liste von Personen überreicht, die dem früheren Bischof wegen sexueller Übergriffe Sorgen bereiteten, darunter Paul Frochaux.

Der Bischof betonte an der aktuellen Medienkonferenz, dass das besagte Dossier mit dem Protokoll eines Gesprächs zwischen dem Opfer, einer Begleiterin, Frochaux und der Bistumsleitung aus dem Jahr 2001 jahrelang verschwunden gewesen sei. 2016 sei es wieder aufgetaucht, als er Frochaux zum Bischofsvikar machen wollte. Noch vor einem halben Jahr sagte er dieser Zeitung, er habe das Dossier erst vergangenen Dezember gefunden. Das Fazit von Morerod heute: «Im Protokoll sind weder schwerwiegende Taten enthalten noch der Umstand, dass ein Minderjähriger involviert war.»

Auch der Nachfolger ist umstritten

Der Wortlaut des Protokolls ist laut dem Opfer und seiner Begleiterin klar, nämlich dass es einen pädophilen Übergriff gab. Ebenfalls im Protokoll stehe ja, dass sich Frochaux beim Opfer zwar entschuldigt, jedoch versichert habe, er habe «nie ein Problem pädophiler Art» gehabt. Die Begleiterin ermunterte Frochaux zudem, eine Psychotherapie zu besuchen und den Fall öffentlich zu machen, damit er nicht rückfällig werde. Frochaux könnte eine eventuelle Gefahr für andere junge Menschen darstellen. Laut Morerod interpretiert man das Protokoll im Nachhinein eben kritischer. Was seinen Weihbischof Alain de Raemy anbelangt, der Mitbesitzer des Chalets in Torgon war und Frochaux’ Übergriff leugnete, meinte Morerod am Mittwoch lediglich, de Raemy habe zu wenig streng geurteilt.

Der Bischof musste die Pressekonferenz übereilt einberufen, weil am gleichen Tag «L’Illustré» das Doppelleben des von Morerod gekürten Frochaux-Nachfolgers aufdeckte: Illustriert ist der Artikel mit einem Nacktbild des Priesters aus seinem Profil auf einer berühmten Homo-Datingplattform. Der Bischof gab sich überrascht, obwohl der 46-jährige Geistliche früher sein Generalvikar war. In der Zeitschrift entschuldigt sich der vorgesehene Nachfolger von Frochaux, den «L’Illustré» als autoritär und homophob bezeichnet, bei Familie und Klerus. Er habe den neuen Posten in Freiburg als Sprungbrett zu Heil und Wandel verstanden. Nun muss Morerod einen anderen Nachfolger für Frochaux suchen.

Rom wird entscheiden

Was den Skandal betrifft, der ursprünglich alles ins Rollen brachte, nämlich die Anschuldigungen des Priesters Nicodème Mekongo, er sei als Vikar von 2008 bis 2011 im Pfarrhaus von Vevey von Frochaux sexuell belästigt worden, bleibt die bischöfliche Stellungnahme kurz. Die unabhängige Untersuchung kommt zum Schluss, dass in der Pfarrei keine homoerotische Atmosphäre geherrscht habe. Dass sich der Priester belästigt fühlte, sei seine subjektive Empfindung. Mekongo ist enttäuscht: Er versteht nicht, warum der Bischof seine Vorwürfe dem Anwalt Maurice Harari und nicht einem Moraltheologen unterbreitet habe. Morerod wolle sich und seine Entourage reinwaschen.

Die vom Bistum eingeleiteten Untersuchungen sind im Prinzip abgeschlossen. Morerod hat sie an die römische Kongregation für die Glaubenslehre, die über Dogmen und Moral wacht, weitergeleitet. Diese muss nun entscheiden, ob ein kanonisches Verfahren eröffnet und allenfalls Frochaux aus dem Klerikerstand ausgeschlossen wird.