Chief LOL OfficerMiese Laune im Büro? Dieses Gerät sendet Ihnen einen Witz
Ein neues Gerät misst, wie gut die Stimmung am Arbeitsplatz ist – und sendet zur Aufheiterung Memes an die Belegschaft.
- Ein Appenzeller KMU testet einen sogenannten Chief LOL Officer.
- Der Prototyp misst die Lacher der Mitarbeitenden.
- Kann das Gerät kein Gelächter feststellen, sendet es Memes an alle Angestellten.
- Ein Psychologe begrüsst die Massnahme – doch nicht jedes Lachen ist positiv.
Wann haben Sie das letzte Mal im Büro gelacht? Ein Appenzeller KMU will es genau wissen und misst, wie oft die Mitarbeitenden Gelächter anstimmen. Das Ziel dabei: die mentale Gesundheit steigern.
Der Schweizer Versicherungskonzern Baloise hat eigens für das Experiment ein Gerät entwickeln lassen. Der Chief LOL Officer misst Lacher und sendet bei schlechter Stimmung lustige Bilder an alle Mitarbeitenden.
«Uns war es wichtig, über die mentale Gesundheit zu sprechen. Lachen hilft nachweislich, die mentale Gesundheit zu verbessern, und fördert die Kreativität sowie das Gemeinschaftsgefühl», sagt Alexandra Toscanelli, Marketing-Kaderfrau bei der Baloise.
Nicht alle lachen über den Chief LOL Officer
Hergestellt wurde bisher nur ein einziges Gerät. Der Prototyp wird derzeit vom Start-up-Gründungsportal Fasoon in Appenzell getestet. «Der Chief LOL Officer arbeitet jetzt bei uns und schickt uns fleissig Memes», sagt Gründer Walter Regli. Treffen diese den Humor aller Mitglieder seines zehnköpfigen Teams? «Natürlich ist Humor unterschiedlich. Hier und da wird aber schon gelacht oder geschmunzelt», sagt Regli.
Was man merke: Seit das Gerät installiert wurde, wurde das Thema mentale Gesundheit viel sichtbarer. «Es ist ein Thema, über das die Leute vorher nicht so viel gesprochen haben.» Das Gerät zeigt in verschiedenen Smiley-Stufen an, wie die Stimmung im Büro gerade ist. «Wer daran vorbeiläuft, schaut natürlich drauf», sagt Regli. «Dadurch kommt man mit dem Thema immer wieder in Kontakt.»
Die Gespräche im Pausenraum würden sich nun häufiger um mentale Probleme drehen, die die Mitarbeitenden im Umfeld miterlebten. Um die Stimmung am Arbeitsplatz selbst gehe es dabei aber weniger.
Zuerst habe das Gerät viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, inzwischen sei aber wieder der Alltag eingekehrt, sagt Regli. «Das Gerät ist mehr wie eine Lampe geworden, an der man vorbeigeht. Das Thema mentale Gesundheit aber ist geblieben.»
Lachen als Stressabbau
Ist ein Chief LOL Officer tatsächlich geeignet, um die Stimmung im Büro zu steigern? Dass Arbeitgeber Humor künstlich kreierten, sei durchaus denkbar, sagt Brian Cardini, Co-Leiter eines Weiterbildungsgangs in Psychologie an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW). «Es ist sicher sehr gut, gesundheitliche Themen im Blick zu behalten.» In Sachen Humor sieht er die Arbeitgeber in einer Vorbildfunktion. «Der Schlüssel liegt in der Kommunikationskultur des Unternehmens. Sie kann sich günstig auf das allgemeine Arbeitsklima auswirken.» Ein Beispiel hierfür sei, wenn sich ein Arbeitgeber selbst frage: «Kann ich über mich selber lachen, oder fällt es mir schwer, Fehler zuzugeben?»
Aus psychologischer Sicht sei Lachen tatsächlich «sehr wichtig, auch am Arbeitsplatz», sagt Cardini. «Weil wir wissen: Wer viel lacht, bei dem passiert körperlich sehr viel. Zum Beispiel führt Lachen zu einem Stressabbau. Dies durch die Reduktion von Stresshormonen wie Cortisol und die Produktion von Endorphinen.» Doch nicht jedes Lachen – oder Lachgeräusch, das der LOL Officer aufzeichnet – hat diesen Effekt.
«Es gibt unterschiedliche Arten von Lachen und unterschiedliche Arten von Humor.» So seien jene Arten von Humor aus psychologischer Sicht hilfreich, die als «gesund» bezeichnet würden. «Wir nennen das zum Beispiel selbstaufwertenden Humor. Wenn eine Person auf einmal merkt: ‹Hey, ich muss nicht immer alles so ernst nehmen, und ich kann über meine eigenen Fehler lachen.›»
Probleme entstehen laut dem Forscher aber bei aggressivem Humor oder bei Witzen, die abwertend sind. Wenn man etwa andere Personengruppen zur Zielscheibe macht. Auch Sarkasmus und Zynismus zählen zur Gruppe des «aggressiven Humors»: Denn diese könnten schnell falsch interpretiert werden, sagt der Experte.
Wer sich selbst mit Witzen abwerte, werte dabei stets einen Teil der eigenen Identität ab. «Das ist fast eine existenzielle Bedrohung. Dadurch wird dann eine Stressreaktion ausgelöst.»
25 Testanfragen von KMU
Der LOL Officer sensibilisiere für das Thema mentale Gesundheit am Arbeitsplatz, bestätigt Cardini. Es müsse aber nicht zwingend eine Maschine sein: Wer Humor am Arbeitsplatz fördern möchte, solle das zuerst im Team besprechen und sich dann gemeinsam eine Intervention überlegen.
Der Chief LOL Officer erregte beim Start des Experiments Anfang Oktober grosse Aufmerksamkeit. Von einem Marketing-Gag will die Baloise aber nichts wissen. «Wir wollten das Tabu rund um das Thema mentale Gesundheit brechen. Es geht nicht darum, das Gerät zu vermarkten», sagt Toscanelli.
Über 25 Testanfragen hat das Unternehmen inzwischen von KMU erhalten. Momentan seien aber keine weiteren Projekte mit dem Gerät geplant. Dieses steht noch bis Ende November bei Fasoon. Dann wollen die Verantwortlichen Bilanz ziehen.
Und welcher Humor wäre bei einer allfälligen Vervielfachung des Geräts am massentauglichsten? Experte Cardini sagt: «Aus psychologischer Sicht ist der Humor relevant, den man auf sich selbst – oder in diesem Fall auf die eigene Arbeitssituation – beziehen kann. Beispielsweise wenn man über das Thema Überzeit witzelt, die in unserer westlichen Leistungsgesellschaft einen grossen Platz einnimmt.»
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