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Papablog: Ehe für alle
Antworten auf zehn häufige Gegenargumente

Lange genug gewartet: Zwei gleichgeschlechtliche Bräute bei der Aktion «Die Schweiz wartet» zur Ehe für alle.
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Die Schweiz hat die Wahl. Am 26. September steht zur Abstimmung, ob die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet werden soll. Die Antwort auf diese Frage sollte aus meiner Sicht eigentlich klar sein: «Ja selbstverständlich, was denn sonst. Es tut uns leid, dass wir unseren homosexuellen Mitbürgerinnen und Mitbürgern so lange ihre Bürgerrechte verwehrt haben. Wir bitten um Verzeihung, weil wir sie aktiv diskriminiert oder ihrer Diskriminierung Vorschub geleistet haben.» Das wäre das Mindeste. Aber weil ich die ganze Debatte ja in Deutschland schon vor einigen Jahren miterlebte und mit dem ganzen Unfug hinreichend vertraut bin, tun wir einfach mal so, als gäbe es wirklich «sinnvolle Gegenargumente» und nehmen uns die mal vor.

In der Bibel steht aber …

Hören Sie auf. Ich meine es ernst, hören Sie sofort auf damit! Ihr Restekatechismuswissen interessiert niemanden, Ihr Glaube ist Privatsache. Religion kann und sollte niemals Rechtfertigung dafür sein, Menschen ihre Rechte vorzuenthalten. Überhaupt, was ist mit Ihnen? Die Hälfte von Ihnen kann den Unterschied zwischen jungfräulicher Geburt und unbefleckter Empfängnis nur nach Internetrecherche korrekt benennen. Sie entnehmen Ihre Moral Texten, die Sklaverei und Massenmord befürworten, Gebote gegen Gedankenverbrechen formulieren und Frauen verachten. Und Jesus, der liebe Höllenprediger von nebenan, mag nur Menschen als Freunde, «die tun, was er gebietet» und wirft Ungläubige weg «wie eine verdorrte Rebe».

Ja, in der Bibel stehen auch ein paar nette Sachen drin, an die Sie gerne glauben können. Wenn christliche Menschen ihren Glauben im Sinne von Liebe, Mitgefühl und Respekt leben, ist das eine grossartige Sache und verdient Anerkennung. Die Bibel ist aber keine hochheilige, allumfassende Quelle der Moral. Menschen verfügen selbst über eine Moral, die Ihnen sagt, welchen Textpassagen Sie folgen sollen und welchen nicht. Also erzählen Sie nicht, dass wir den Homohass in der Bibel nicht ignorieren könnten. Das meiste von dem anderen menschenverachtenden Kram darin ignorieren Sie doch auch.

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Das entwertet doch die eigentliche Ehe.

Nichts wird Ihnen genommen. Heiraten Sie einfach weiter wie immer und freuen Sie sich daran, dass andere Menschen, die sich lieben und füreinander Verantwortung übernehmen wollen, das dann auch können. Heterosexuell zu sein, ist keine Leistung. Homosexuell zu sein, ist weder eine Leistungsverweigerung noch ein Verbrechen. Die Würde von homosexuellen Menschen ist genauso unantastbar wie Ihre.

Kindeswohl!

Echt jetzt?! Kindeswohl? 63 Prozent der Schweizer Kinder werden von Ihren Eltern geschlagen, bei Ihnen gilt immer noch das Züchtigungsrecht. Was wollen Sie mir denn erzählen? Etwa, dass ein Adoptionsverfahren, bei dem in einem jahrelangen Prozess die Eignung eines gleichgeschlechtlichen Paares geprüft wird, eine schlechte Ausgangsbasis für gute Eltern ist? Dass Menschen, die ihren Kinderwunsch gründlich planen und durchdenken müssen, an sich grundsätzlich schlechtere Eltern sind als Paare, die aus Versehen ein Kind bekommen haben? Dass all die Studien, die wieder und wieder belegen, wie gut aufgehoben Kinder in Regenbogenfamilien sind, alle nicht stimmen? Besser nicht!

Ist Homosexualität denn moralisch gerechtfertigt?

Homosexualität muss sich überhaupt nicht rechtfertigen – auch nicht moralisch. In einer freiheitlichen Gesellschaft werden allen Menschen alle Rechte gewährt. Ab da braucht es triftige, schwerwiegende Gründe, einige Rechte zu beschränken oder zu entziehen. Homosexualität ist kein solcher Grund.

Die Ehe sollte eine Verbindung zwischen Menschen sein, die auf natürlichem Wege Kinder bekommen können.

Also keine Heirat für genetisch inkompatible Menschen, Unfruchtbare, Krebsgenesene, Frauen über 50 und heterosexuelle Paare ohne Kinderwunsch (die übrigens immer mehr werden und durchaus die Ehe eingehen).

Ist ja interessant. Und mit interessant meine ich absurd.

Kinder brauchen Vater und Mutter.

Kinder brauchen liebende Bezugspersonen, die sich um sie kümmern und ihrer Vorbildfunktion gerecht werden. Das ist nicht ans Geschlecht gebunden. Darüber hinaus gibt es jenseits von Vater und Mutter noch eine ganze Welt voller möglicher Bezugspersonen gleich welchen Geschlechts.

Ausserdem wäre es doch ganz nett, mit solchen «Argumenten» nicht auch noch gleich alle Alleinerziehenden runterzumachen.

Und was hab ich davon?

Puh, wie wäre es denn zur Abwechslung mal mit Solidarität statt Eigennutz? Aber wenn Sie es denn unbedingt wissen wollen: In einer Gesellschaft, die so mit den Bürgerrechten ihrer Mitglieder umgeht, so leichtfertig diskriminiert und sich dabei so gründlich in die Tasche lügt, laufen Sie immer Gefahr, der oder die Nächste zu sein. Solche Gesellschaften sind wie Vampire, die Rechte und Freiheiten trinken. Und wenn sie erst einmal auf den Geschmack gekommen sind, dann wollen sie mehr. Dann wollen sie auch Ihre. Streikrecht, Wahlrecht, Niederlassungsfreiheit, Sprachenfreiheit. Irgendwann sind auch Sie dran.

Aber werden Kinder solcher Verbindungen nicht auch eher homosexuell?

Erstens ist sich die Forschung darüber uneinig. Vielleicht ja, vielleicht nein, vielleicht ja, weil sie freier darin aufwachsen, herauszufinden, wer sie wirklich sind.

Was sie Studien zufolge tatsächlich eher werden, ist gut in der Schule, glücklich und gesund.

Und zweitens selbst wenn: Homosexualität ist gleichwertig. Diese Frage an sich zeigt, wie sehr es im Kern eben nicht um Argumente, sondern um das Ausgrenzen von Menschen geht, die man «irgendwie eklig» findet. Aber weil man ja ahnt, dass diese Position vielleicht nicht mehr ganz so populär und womöglich doch ein bisschen menschenverachtend ist, erzählt man eben lieber so ein paar unerfreuliche Märchengeschichten.

Ehe sollte man sowieso abschaffen.

Spannender Gedanke. Aber darüber reden wir dann noch mal, wenn die Ehe für alle durchgesetzt wurde. Wenn wir dann alle gleichberechtigt miteinander entscheiden, dass das eine überkommene Institution ist, die abgeschafft gehört, ist das nur fair. Vorher allerdings nicht.

Was kommt als Nächstes: Ehe mit Hunden?!

Nein, einfach nein. Wenn Sie vorhaben, auf dieser Ebene über Mitmenschen zu reden, die Ihnen gleich an Würde sind und gleich an Rechten sein sollten, dann ist hier für mich Schluss.

Also Ja. Ja zur Ehe für alle, was denn sonst.