Nach Anschlag in KaschmirIndien ordnet Ausreise aller pakistanischen Staatsangehörigen an – Spannungen nehmen zu
Nach dem blutigen Anschlag in der Kaschmir-Region verschärft Indien das Vorgehen gegen das Nachbarland. Pakistan reagiert umgehend.

Vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit Pakistan hat Indien die Ausreise pakistanischer Bürger aus seinem Staatsgebiet angeordnet. Alle gültigen Aufenthaltsgenehmigungen für Pakistaner würden widerrufen, teilte das Aussenministerium in Neu-Delhi mit. Betroffene in Indien müssten das Land verlassen, noch bevor ihr Visum ablaufe. Die Massnahme trete vom Sonntag an in Kraft. Zudem empfahl das Ministerium Landsleuten, die sich derzeit in Pakistan aufhalten, das Land so früh wie möglich zu verlassen. Von Reisen nach Pakistan werde dringend abgeraten.
Mit den Massnahmen reagiert Indien auf einen verheerenden Terroranschlag im indisch kontrollierten Teil der Himalaya-Region Kaschmir. Dabei wurden am Dienstag 26 Menschen – vorwiegend Touristen – getötet. Indien sprach von grenzüberschreitenden Verbindungen bei dem Anschlag und warf dem Nachbarland vor, den Terrorismus zu unterstützen. Pakistan wies jede Beteiligung an dem Anschlag zurück.
Wasser-Vertrag ausgesetzt
Auch der vor Jahrzehnten geschlossenen Vertrag über die Nutzung des Indus-Wassers mit Pakistan auf Eis gelegt. Das gelte so lange, bis die pakistanische Regierung glaubhaft und unwiderruflich ihrer Unterstützung für grenzüberschreitenden Terrorismus abschwöre, sagte der Staatssekretär im indischen Aussenministerium, Vikram Misri, nach einer Sondersitzung des Sicherheitskabinetts von Premier Narendra Modi am Mittwochabend.
Der 1960 von der Weltbank ausgehandelte Indus-Wasservertrag sieht die gemeinsame Nutzung des Flusssystems vor, das für beide Länder, insbesondere für die pakistanische Landwirtschaft, eine Lebensader darstellt. Der Vertrag hat zwei Kriege zwischen Indien und Pakistan 1965 und 1971 sowie ein grösseres Grenzscharmützel im Jahr 1999 überstanden.
Diplomaten ausgeliefert
Misri sagte, das Sicherheitskabinett habe im Zusammenhang mit dem Anschlag vom Dienstag «grenzüberschreitende Verbindungen» nach Pakistan festgestellt. Beweise legte er nicht vor. Eine Reihe pakistanischer Diplomaten in Neu-Delhi sei aufgefordert worden, Indien in den kommenden Tagen zu verlassen, und indische Diplomaten seien aus Pakistan zurückgerufen worden. Der wichtigste Grenzübergang zwischen den beiden Ländern werde geschlossen.

Der pakistanische Verteidigungsminister Khawaja Mohammad warf Indien vor, «einen bedauerlichen terroristischen Vorfall» als Vorwand zu benutzen, um einen Vertrag aufzukündigen, den es seit langem zu umgehen versuche. Aussenminister Ishaq Dar kündigte für Donnerstag ein Treffen hochrangiger Regierungsmitglieder an, die über eine Reaktion auf das indische Vorgehen beraten würden.
Nach Angaben der Polizei handelte es sich bei 24 der 26 Anschlagsopfer vom Dienstag um indische Touristen, die die sogenannte Baisaran-Wiese besuchten, einen malerischen Naturabschnitt etwa fünf Kilometer vom Urlaubsort Pahalgam entfernt, als Bewaffnete das Feuer auf sie eröffneten. Die beiden anderen Getöteten waren ein Tourist aus Nepal sowie ein lokaler Fremdenführer. Mindestens 17 weitere Menschen wurden verletzt.
Terrorgruppe bekennt sich
Der Kaschmir-Widerstand, eine bisher unbekannte Extremistengruppe, bekannte sich in den sozialen Medien zu dem Anschlag. Die Gruppe erklärte, die indischen Behörden hätten mehr als 85.000 Menschen von ausserhalb in der Region angesiedelt, und behauptete, die am Dienstag angegriffenen Personen seien keine gewöhnlichen Touristen gewesen, sondern hätten den indischen Sicherheitsbehörden nahegestanden. Unabhängig konnten die Angaben und die Echtheit der Botschaft nicht bestätigt werden.

Zehntausende Polizisten und Soldaten waren am Mittwoch in der Region unterwegs und errichteten zusätzliche Kontrollposten, um die Täter zu finden. Viele Geschäfte und Unternehmen blieben nach einem entsprechenden Aufruf religiöser und politischer Gruppen aus Protest gegen die Bluttat geschlossen. Die Einsatzkräfte durchsuchten Autos und luden Berichten zufolge frühere Mitglieder bewaffneter Gruppen zu Verhören vor. Die Polizei sprach von einem Terroranschlag und machte Extremisten dafür verantwortlich, die gegen die indische Herrschaft in Kaschmir kämpfen.
Regierungen in aller Welt verurteilten den Angriff. Auch das pakistanische Aussenministerium bekundete sein Beileid. Der indische Premierminister Modi beendete vorzeitig einen zweitägigen Besuch in Saudi-Arabien und kehrte nach Neu-Delhi zurück.
DPA/aeg
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