Naturkatastrophe in AfrikaAn einem Tag so viel Regen wie sonst in drei Monaten
In Afrika sind Hunderttausende Menschen auf der Flucht vor Überschwemmungen. Sauberes Wasser wird knapp – angesichts von Corona ist das verheerend.
Auf dem afrikanischen Kontinent sind derzeit 1,2 Millionen Menschen von schweren Überschwemmungen infolge aussergewöhnlich starker Regenfälle betroffen. Hunderte Menschen wurden getötet und Tausende vertrieben. Allein im Sudan kamen etwa 100 Menschen ums Leben, in Kenia fast 200. Die Regierung in der sudanesischen Hauptstadt Khartum rief am Wochenende einen dreimonatigen Ausnahmezustand aus. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Suna sind mindestens 100'000 Häuser sowie 34 Schulen und mehr als 2500 Gesundheitszentren beschädigt.
Die Katastrophe hatte sich seit Wochen angebahnt: Starke Regenfälle, vor allem im benachbarten Äthiopien, hatten dazu geführt, dass der Nil Ende August auf mehr als 17 Meter anstieg – Behördenangaben zufolge der höchste Stand seit 100 Jahren. Laut dem UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) werde aufgrund der Überschwemmungen in einigen Gebieten sauberes Wasser knapp. Dies sei inmitten der Pandemie besonders verheerend.
Höchststand am Nil, Höchststand am Viktoriasee
Senegal hat ebenfalls am Wochenende Nothilfen eingeleitet. Wasserminister Serigne Mbaye Thiam sagte, dass am vergangenen Samstag mehr Regen gefallen sei, als normalerweise in drei Monaten der Regenzeit vom Himmel komme. Mehrere Kinder kamen in den Fluten ums Leben. Mindestens ein Mensch wurde als vermisst gemeldet.
Die aussergewöhnlich starken Regenfälle bescherte dem grössten See Afrikas, dem Viktoriasee, den höchsten Wasserstand seit 1964. In den drei Anrainerstaaten Kenia, Uganda und Tansania müssen deshalb viele Menschen vor den Wassermassen fliehen: In Kenia verliessen Behördenangaben mehr als 800'000 Menschen ihre Häuser. Experten zufolge sind die heftigen Niederschläge eine Folge des Klimawandels einerseits und der Erosion der Küsten aufgrund von Urbanisierung und Landwirtschaft andererseits.
In Niger, dem Land mit der höchsten Geburtenrate der Welt, sind mehr als 80 Prozent der Menschen von der Landwirtschaft abhängig. Dort hatten starke Regenfälle seit Juli Sturzfluten im ganzen Land ausgelöst. In der Hauptstadt Niamey brach am Sonntag ein Deich am Ufer des Niger-Flusses, sodass mehrere Stadtteile evakuiert werden mussten.
Auch in Tschad, einem der ärmsten Länder der Welt, mussten seit August wegen der Überschwemmungen etwa 120'000 Menschen ihre Heimatorte verlassen. In Nigeria zerstörten die Überschwemmungen laut der Nachrichtenagentur Bloomberg mindestens zwei Millionen Tonnen Reis – das entspricht einem Viertel der gesamten Ernte.
Die Vereinten Nationen bitten um Hilfe
Die Sahelzone West- und Zentralafrikas leidet besonders unter den Folgen des Klimawandels. Obwohl diese Staaten zusammen weniger als drei Prozent der Treibhausgase verursachen, die allein die USA ausstossen, steigen die Temperaturen dort eineinhalbmal so schnell wie im weltweiten Durchschnitt.
Die Vereinten Nationen konnten auf die verheerenden Überschwemmungen laut eigenen Angaben schnell reagieren und viele Opfer in Notunterkünften mit Hygieneartikeln und Lebensmitteln versorgen. Da die Bestände jedoch «rasch erschöpft» sind, fordern die UN eine breitere Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft.
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